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Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden

Titel: Grappa 13 - Grappa und die acht Todsuenden
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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auf und las die fetten Lettern der Überschrift, die ich am Abend zuvor gefertigt hatte:
    »LÜGENLIPPEN« UND »FALSCHE ZUNGE«: MÖRDER SCHLÄGT SIEBEN AUF EINEN STREICH
    Darunter prangte das Foto von Big Mäc aus der Nacht: fast eine Abendmahlszene, die sieben Leichen am Tisch, mehr oder weniger aufrecht, aber alle sichtlich leblos.
    Ich las weiter: Ein Exklusiv-Bericht von Maria Grappa
    Wie oft hatte ich die eigene Autorenzeile schon gelesen? Einige tausend Male bestimmt und ich musste zugeben, dass ich sie noch immer mit Gefallen sah. Weniger aus Eitelkeit, sondern eher mit Stolz, denn ich hatte ein kreatives Produkt vor mir, etwas, was ich ganz allein geschaffen hatte, das in meinem Kopf entstanden war – Emotionalität und Professionalität, verbunden mit hoher Intelligenz.
    Ergriffen von der eigenen Genialität wurde ich für eine Weile sentimental und unaufmerksam. Nur so konnte mir entgangen sein, dass Eberhard auf die Küchenplatte gesprungen war und das Spiegelei aus der Pfanne geholt hatte. Danach hatte er es ein paar Meter über den Küchenboden gezogen, wie mir die Fettspur verriet. Jetzt saß der Kater in einer Ecke und schleckte begeistert das Eigelb, von dem ein Teil bereits sein Gesicht bedeckte.
    »Darüber reden wir noch!«, drohte ich.
    Er schaute mich an, irgendwie verblüfft, dass ich seinen Raub überhaupt bemerkt hatte.
    Ich musste lachen. Jetzt begann sich der Kater mit den Pfoten zu putzen, langsam und gründlich. Er sah aus wie ein kleiner schwarzer Preisboxer beim Schattenkampf.
    »Wenn du noch die Schleifspuren von den Fliesen aufleckst, verzeihe ich dir«, meinte ich gönnerhaft.
    Er dachte natürlich nicht daran.
    Ich seufzte und wandte mich wieder der Zeitung zu:
    Ein mysteriöser Massenmord erschüttert Bierstadt: In einer Villa im Süden entdeckte die Polizei aufgrund eines anonymen Anrufes sieben Leichen, alle schwarz gekleidet, alle eingeladen zu einem mehrgängigen Abendessen, das niemand von ihnen überlebte.
    Polizei und Staatsanwaltschaft hüllen sich in Schweigen, doch unsere Zeitung erfuhr: Die sieben Personen waren von einer Bierstädter Agentur zu einem so genannten ›Event-Wochenende‹ eingeladen worden. Hat der unbekannte Mörder die sieben arglosen Opfer in die Villa gelockt, um sie zu töten?
    Die Identität der Opfer steht noch nicht in allen Fällen fest. Wie wir aus sicherer Quelle wissen, handelt es sich bei einem der Toten um den ehemaligen freien Journalisten Johannes Schadewald, der früher als Polizeireporter tätig war.
    Unserer Zeitung wurde ein Foto von Schadewald zugesandt, das offenbar der Mörder selbst gemacht hat: Es zeigt den Kopf des Mannes (siehe rechts unten) und die Art seiner vermutlichen Verfehlung: GULA – die ›Maßlosigkeit‹ – ist eine der sieben Todsünden in der christlichen Glaubenslehre; auf der Rückseite des Bildes zitiert der Mörder einige Sätze aus dem 120. Psalm. Dem Toten wird vorgeworfen, »Lügenlippen« zu haben und mit einer »falschen Zunge« zu sprechen.
    Handelt es sich bei dem Täter um einen religiös gestörten Menschen?
    Leider sind die Bierstädter Ermittlungsbehörden mit Informationen über die Ereignisse noch zurückhaltend. Wer war Johannes Schadewald? Zu seinem Leben und seiner Arbeit – siehe dritte Lokalseite.
    Auf der Drei hatte ich, ausgerüstet mit Blondies Rechercheergebnissen aus dem Archivkeller, die Arbeit von Schadewald geschildert. Na ja, die ganz dicken Sachen hatte ich verschwiegen, über Tote soll man ja nur Gutes sagen beziehungsweise schreiben.
    Schadewald hatte überall da gnadenlos draufgehalten, wo es um Sex, Blut und Tod gegangen war. Seine Storys waren reißerisch geschrieben, er benannte gierig jedes schmutzige Detail, um anschließend die Schlechtigkeit der Welt und der darin lebenden Voyeure zu beklagen. Der Mann hatte ausführlich über Vergewaltigungen berichtet, und zwar mit einer Wortwahl, für die ihn jedes Frauen-Femegericht zum Tode verurteilt hätte. Er hatte sich an Leichenteilen aufgegeilt, die nach schrecklichen Massenunfällen verstreut auf der Autobahn herumlagen, hatte Fotos von verbrannten Menschen genauso geschossen wie von zerschmetterten Körpern nach dem Einsturz eines Einkaufszentrums.
    Das alles erwähnte ich natürlich nicht in dieser Schärfe, machte aber auch keinen Helden aus dem Mann, sondern beschrieb ihn als engagierten Reporter, dem kein Thema zu heikel gewesen war, als jemanden, der den Hals nicht voll kriegen konnte von Sensation und ihrer
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