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Grappa 09 - Grappa-Baby

Grappa 09 - Grappa-Baby

Titel: Grappa 09 - Grappa-Baby
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Nik. »Warten wir erst mal ab, welche Reaktionen Grappas Artikel hervorruft. Und du, Frank, solltest dich zunächst an das Besuchsverbot halten. Wirst du das?«
    Frank blickte mit verschleierten Augen auf und nickte matt.
    Ich schaute in die Runde. Wie ein professionelles Ermittlungsteam sahen wir nicht gerade aus. Franks Haare waren so blond wie die seiner Schwester und genauso gelockt. Er war eigentlich ein Sonnyboy, doch sein Leben war durch den Unfall völlig aus dem Lot geraten. Nur noch sporadisch ließ er sich in der Gärtnerei sehen, die er in den letzten fünf Jahren aufgebaut hatte. Er hatte seine Frau wirklich geliebt, liebte sie noch – auch wenn der Kontakt zwischen den beiden zurzeit durch den schrecklichen Unfall abgeschnitten war.
    Von Nik wusste ich, dass die Ärzte Kristin so gut wie keine Chance gaben, wieder aufzuwachen. Und falls dieses Wunder wirklich geschehen würde, dann wären Hirnschäden die Folge. Kristin Faber war in Wirklichkeit schon tot, auch wenn ihre biologischen Funktionen noch künstlich am Leben erhalten wurden.
    Und jetzt dieses Kind! Falls die Bewusstlose es austragen sollte und es zur Welt käme ... wer würde ihm später sagen können, welch unglücklichen Umständen es seine Existenz verdankte?
    »Lasst uns Schluss machen«, gähnte ich. »Ich muss morgen früh raus.«
    Gemächlich und schweigend erhoben wir uns. Ich taumelte vor Müdigkeit. Nik ermahnte Liesel, Frank auf keinen Fall mehr ans Steuer zu lassen.
    Als Nik und ich eine halbe Stunde später nebeneinander lagen, fragte ich: »Was war zwischen dir und Liesel?«
    »Willst du's wirklich wissen?«, stellte er die rein rhetorische Frage.
    »Klar«, behauptete ich tapfer.
    »Das kannst du dir doch denken, Grappa-Baby«, nuschelte er in meinem Arm. »Ich war fünfzehn und sie zwanzig. Franks große Schwester, die allen seinen Freunden den Kopf verdrehte. Jeder wollte mal mit ihr ausgehen. Eines Nachmittags wartete ich auf Frank in dessen Zimmer. Wir wollten ins Schwimmbad. Da kam Liesel rein und ging mir gleich an die Hose. Sie hat mich verführt.«
    »Armer Junge«, sagte ich voller Mitleid. »Das war bestimmt ein Schock für dich.«
    »Nicht direkt«, widersprach er. »Ich bekam gleich Geschmack an der Sache. Und der hat mich bis heute nicht verlassen.«
    »Habt ihr es noch öfter gemacht?«
    »Klar. An den unmöglichsten Orten. Am liebsten im Freien und immer auf dem Sprung. Irgendwann hatte sie mich dann satt«, murmelte er. »Sie nahm sich den nächsten. Warum willst du das eigentlich wissen? Immerhin liegt das alles zwanzig Jahre zurück.«
    »Nur so.«
    »Und ich dachte schon, du wärst eifersüchtig.«
    »Eifersucht? Was ist das?«
    Nik lächelte. »Dieses bittersüße Gefühl, das in deinem Magen grummelt und dich rot sehen lässt.«
    »Kenn ich nicht«, meinte ich knapp.
    »Als du ihr geraten hast, ihr Silikon in der Mütze zu behalten, hatte ich einen winzigen Augenblick das Gefühl ...« Er lachte auf.
    »Eifersucht ist mir völlig fremd«, wiederholte ich. »So gut müsstest du mich doch inzwischen kennen.«
    »Du hast recht. Wie konnte ich nur so was denken?«
    »Jetzt lass uns endlich einschlafen, Niki.«
    »Okay«.
    »Nik?«
    »Ja?«
    »Sind ihre Dinger echt?«
    »Keine Ahnung. Deine sind's jedenfalls, oder?«

Der Trend der Zeit
    Auf dem Flur war Ruhe eingekehrt. Er sah sich um, wagte kaum Luft zu holen, versuchte, zwei, drei Sekunden in die Zukunft zu schauen, dann wüsste er, ob ihn jemand beobachten und später würde identifizieren können. Doch niemand war da. Er tat einen energischen Schritt vorwärts zur Tür, drückte sie auf.
    Was geschah hinter der Tür der Intensivstation der Bierstädter Klinik? Diese Frage stellt sich nicht nur der Ehemann der schwerverletzten Frau, die seit fast fünf Monaten im Koma liegt, sondern auch ihre Eltern und die Polizei. Denn: Kristin F. ist im dritten Monat schwanger. Die Kripo ermittelt wegen Vergewaltigung. Ob die 35-jährige Frau das Kind austragen wird, ist noch unklar: Der Ehemann von Kristin F. verlangt einen sofortigen Schwangerschaftsabbruch, während die Eltern der Kranken darauf bestehen, dass ihre Tochter das Kind austrägt. Die Meinung der Ärzte jedenfalls ist eindeutig: Medizinisch hat Kristin F. gute Chancen, die Schwangerschaft zu überstehen und ein gesundes Kind zu gebären. Der Chefarzt der Klinik, Prof. Dr. Frederik Berggrün, erklärte in einer Pressemitteilung, dass Komapatientinnen durch Schwangerschaften aus dem Koma erwachen könnten.
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