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Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Titel: Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi
Autoren: Tatjana Kruse
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müssen wir Sie über das Ableben Ihres Onkels, Herrn Matthias Gänswein (von hier an Erblasser genannt), in Kenntnis setzen.
    Der Erblasser, welcher am Freitag vergangener Woche offiziell für tot erklärt wurde, hat Sie als nächsten Anverwandten in seiner letztwilligen Verfügung als Alleinbegünstigten in nicht unerheblichem Umfange bedacht, und wir laden Sie somit zur Testamentsverlesung am 20. September in unsere Kanzlei in der Klosterstraße zu Seefeld in Tirol ein (Anfahrtsplan anbei), wonach Sie uns mitteilen können, ob Sie den Nachlass – also das Vermögen samt aller Rechte und Pflichten – anzunehmen gedenken.
    Wir verbleiben mit vorzüglicher Hochachtung,
    gez. Karl Rinnerthaler
    KANZLEI RESNIK, RINNERTHALER & SUSS
    Ein Erbe! Von seinem Onkel Matze. An dieser Stelle setzte bei Alfie der Unglauben ein.
    „Einmal türkischer Kaffee mit Karamell-Flävor!“, dröhnte da eine Stimme.
    Alfie schreckte aus seinen Überlegungen auf.
    Wer nichts wird, wird Wirt. Oder Barista. Letzteres war seine Berufsbezeichnung. Zumindest hier im Café. Vielleicht einen Tick hoch gegriffen, da er keinerlei zielführende Ausbildung genossen hatte. Er konnte hinter dem Vorhang, im Hinterzimmer des kleinen Cafés, Kapseln in die Maschine drücken und gut. Wenn er in Stimmung war, gab er dabei bisweilen schmatzende, zischende Geräusche von sich, als ob er eine hochkomplexe High-Tech-Edelstahlkaffeemaschine aus Italien bediente, und keinen Mini-Coffeemaker zum Schnäppchenpreis aus dem Kaufhaus gegenüber. Mehr brauchte es aber auch nicht.
    Das Café von Dietmar Schröpp lag in einer norddeutschen Kleinstadt. Es gab insgesamt drei Cafés am Ort: die Touristenfalle am Marktplatz (Spezialität: Café Latte mit Schaumkrone für 6 Euro 50), das angesagte Trend-Café hinter dem Rathaus (Soja-Latte mit Fairtrade-Kaffee für 4 Euro 50) und das alteingesessene Café Schröpp (Tasse Kaffee mit Kondensmilchspritzer für 2 Euro), das man – wenn man ihm wohl gewogen war – nur der Schräggastronomie zuordnen konnte. Das Mobiliar hatte seinerzeit noch der – leider geschmacksverirrte – Vater des jetzigen Schröpp angeschafft, und seit damals war auch weder renoviert noch tapeziert worden.
    Frau Schröpp hatte Alfie eingestellt, obwohl ihm Qualifikationen jedweder Art fehlten. Beim Einstellungsgespräch hatte sie ihm die Hand gestreichelt. Das hätte ihm zu denken geben müssen. Hatte es aber nicht. Alfie war kein großer Denker, er ließ das Leben einfach auf sich zukommen. Es kam ja ohnehin, ob man nun dachte oder nicht.
    „Wir haben nur normalen Kaffee ohne Geschmack“, sagte Alfie jetzt zu dem Mann, dem die dröhnende Stimme gehörte. Eine Nikon hing um seinen Hals. Er trug Cargohosen, ein Netzhemd und eine blonde Minipli-Dauerwelle. Ein wenig sah er aus wie der Camel -Mann aus der Werbung.
    Manchmal verirrten sich auch Abenteuertouristen ins Schröpp, die – abseits gängiger Sightseeingwege – das wahre Kleinstadtdeutschland erkunden wollten.
    „Entschuldigung, der Herr, selbstverständlich haben wir auch türkischen Kaffee mit Karamell-Flavour“, donnerte da Dietmar Schröpp.
    Alfie hatte gar nicht bemerkt, dass sein Chef zur Arbeit gekommen war – besser spät als nie –, so sehr hatte ihn das Anwaltsschreiben beschäftigt.
    Schröpp, ein bulliger, schädelrasierter Zweimetermann, zog den schmächtigen Alfie hinter den dunkelroten Samt-Vorhang, der die Theke vom Hinterzimmer trennte. Die Theke diente im Grunde nur als Dekorationsgrundlage für einen Kerzenleuchter mit brennenden Kerzen und eine altmodische, schwarze Registrierkasse, die Schröpp einst superbillig auf eBay ersteigert hatte, weil sie nicht mehr funktionierte. Alles Wichtige passierte hinter dem Vorhang, wo auch schon mal Instantkaffee verwendet wurde.
    „Der Kunde hat immer recht“, zischte Schröpp.
    „Aber wir haben wirklich keinen türkischen Kaffee. Und auch keinen Karamellgeschmack.“ Alfie war sich in vielen Dingen des Lebens unsicher, aber dass sie ausschließlich handelsübliche Kapseln mit einem Kaffeepulver aus Robusta-Bohnen ohne Geschmackszusätze führten, das wusste er genau. Also, ziemlich genau. Zur Sicherheit ließ er dennoch seine Blicke schweifen, als könnten sich im Café Schröpp wie durch Zauberhand irgendwelche Trend-Kapseln materialisiert haben. Was aber nicht der Fall war.
    „Idiot!“, fauchte Schröpp und drückte eine Kapsel in die Maschine. In die gefüllte Tasse warf er eins der Karamellbonbons aus dem Goldfischglas,
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