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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte
Autoren: Maren Schwarz
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Nachhinein scherzhaft: „Meiner Meinung nach hat sie da nicht nur ein Schutzengel behütet, das muss schon eine ganze Kompanie gewesen sein …“
    Obwohl ihr das durchlebte Grauen noch immer ins Gesicht geschrieben stand, hatte sie schwach gelächelt.
    Sobald sie wieder ansprechbar war und die Ärzte fanden, dass ihr Besuche zugemutet werden konnten, hatte Henning sie aufgesucht. Mit einem großen Strauß bunter Frühlingsblumen, mit denen er sein schlechtes Gewissen zu beruhigen suchte, betrat er das Zimmer. Senta, die bleich und mit eingefallenen Wangen im Bett saß, freute sich ihn zu sehen. Henning hatte den Eindruck, dass die blütenweiße Bettwäsche ihre Blässe noch verstärkte. Doch zu seiner großen Verwunderung machte Senta einen gefassten Eindruck auf ihn.
    Nachdem er sie begrüßt und sich nach ihrem Befinden erkundigt hatte, sagte er: „Ich nehme an, Sie haben schon davon gehört, das Roman tot ist.“
    Senta schloss die Augen und nickte schwach. „Gott sei Dank hat der Spuk nun ein Ende“, entgegnete sie leise. „Ich hätte es nicht ertragen, ihm noch einmal gegenübertreten zu müssen. Er hat mein Leben zerstört. Wenn ich mir überlege, was er mir und meiner Familie alles angetan hat …“
    In der darauf folgenden Stunde erzählte sie Henning, was Roman ihr in der Friedhofskapelle offenbart hatte. Als sie mit ihrem Bericht fertig war, ließ sie sich erschöpft zurücksinken. Man konnte ihr ansehen, dass das Reden sie anstrengte.
    „Einiges davon wusste ich schon aus Coras Tagebuch“, bestätigte ihr Henning. „Mit Ihrer Schilderung haben Sie soeben die noch fehlenden Teile ergänzt. In Ihnen die tragische Hauptperson, mit der alles begann und nun, nach Jahrzehnten endete, zu suchen, wäre mir allerdings nie in den Sinn gekommen. Ich wollte Ihnen noch sagen, wie Leid es mir tut, dass ich nicht gleich die Polizei eingeschaltet habe. Stattdessen bat ich Ralph um Hilfe und brachte auch ihn noch in Gefahr. Das“, er deutete auf den dicken weißen Verband um ihre Brust aus dem mehrere Schläuche hervor sahen, „hätte höchstwahrscheinlich vermieden werden können, wenn ich mich gleich an meine Kollegen gewandt hätte.“
    „Lassen Sie es gut sein. Es ist vorbei. Ich bin Ihnen deswegen nicht böse. Habe ich auf diese Weise doch endlich erfahren, wie sich alles zutrug. Ich wäre doch niemals darauf gekommen, bei mir selbst den Grund für das alles zu suchen.“
    „Er war krank. Nachdem er erst einmal mit dem Töten begonnen hatte, konnte er nicht mehr damit aufhören. Ich hoffe, Sie wissen das. Sie trifft keinerlei Schuld an dem, was geschah.“
    Erneut nickte Senta.
    „Ja, das habe ich mir auch schon gesagt, immer und immer wieder. Ich will auch daran festhalten. Andernfalls würde ich wohl den Verstand verlieren.“
    Henning griff nach ihrer zerbrechlich wirkenden Hand.
    „Sie sind eine tapfere Frau. Ich bewundere Sie.“
    „Dazu besteht nun wirklich kein Grund. Schließlich habe ich bisher alles nur Erdenkliche falsch gemacht. Aber ich habe auch aus meinen Fehlern gelernt, das können Sie mir glauben. Und nun bin ich zuversichtlich, dass es mir endlich gelingt, mein Leben in den Griff zu bekommen!“ Fast schon flüsternd setzte sie hinzu: „Ich hoffe nur, dass es dazu noch nicht zu spät ist. „
    „Für einen Neuanfang ist es nie zu spät“, erwiderte Henning schlicht und drückte ihre Hand, die er noch immer in der seinen hielt. „Ich wünsche es Ihnen!“
    Ihm war mit einem Mal ganz feierlich zumute. Um diese seltsame Stimmung, die so ganz und gar nicht zu ihm passte, abzuschütteln, griff er nach seiner Aktenmappe und entnahm ihr die beiden in Lackleder gebundenen Bücher. Mit den Worten: „Ich denke, die sollten Sie lesen“, reichte er ihr Coras Aufzeichnungen.
    Zögerlich griff Senta danach.
    „Vielleicht wäre es besser damit zu warten, bis Sie wieder ganz gesund sind. Ich denke ich sollte Sie warnen. Denn Cora geht stellenweise nicht nur mit sich selbst, sondern unter anderem auch mit Ihnen sehr hart zu Gericht. Einiges von dem, was sie diesen Seiten anvertraut hat ist alles andere als leicht verdaulich.“
    Nach kurzem Zögern fuhr er fort: „Übrigens habe ich es Herrn Birkner auch schon zu lesen gegeben. Ich hoffe, das war Ihnen recht?“
    „Aber ja doch!“
    „Die Eintragungen zu lesen, war auch für ihn eine schmerzliche Angelegenheit. Er hat erfahren, dass Cora ihn nie wirklich liebte. Sie hat ihn nur als Alibi benutzt, um sich nicht mehr so häufig wie bisher in
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