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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte
Autoren: Maren Schwarz
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unterschätzen. Natürlich habe ich mich auch darum gekümmert. Herr und Frau Siblitz waren zu der Zeit zur Kur in Bad Steben. Und das Arztehepaar zur Linken, die Richters, hatten Sprechstunde in ihrer Gemeinschaftspraxis. Ich musste demnach nicht befürchten, entdeckt zu werden. Ich kannte sogar deine Pläne. Als ich erfuhr, dass du um die Mittagszeit beim Friseur bestellt warst, wusste ich, dass der Zeitpunkt nicht besser gewählt sein konnte. Mit einem Dietrich verschaffte ich mir über den Hintereingang Zutritt zum Haus. In Coras Zimmer angekommen warf ich all ihre Manuskripte und auch alles andere, was ihre Arbeit betraf, in einen mitgebrachten Jute-sack. Als der Schreibtisch leer und die Fächer ausgeräumt waren, widmete ich mich ihrem Laptop. Zunächst löschte ich die Festplatte, dann schrieb ich Coras Abschiedsbrief. Unbemerkt wie ich gekommen war, entfernte ich mich. Den mit dem belastenden Material randvoll gefüllten Sack deponierte ich im Kofferraum. Dann fuhr ich zum Bahnhof. Das Auto parkte ich in einer Seitenstraße. Wenig später saß ich bereits wieder im Zug Richtung Karlsbad. Vor Einbruch der Nacht, gerade noch rechtzeitig für ein verspätetes Abendessen, meldete ich mich zurück. Der Rest dürfte dir bekannt sein. Am fünften März, zwei Tage danach, fuhr ich ganz offiziell mit dem Reisebus zurück. Ich nehme an, du weißt noch, wie bestürzt ich die Nachricht über Coras Selbstmord aufgenommen habe …“
    „Du Teufel, du Bastard! Hast du denn überhaupt kein Herz im Leib? Wie konntest du mir das antun?“, stieß Senta hervor.
    „Das musst gerade du sagen“, erwiderte Roman: „Apropos Herz“, fügte er hinzu, „ich finde, die Zeit ist reif um mir deines zu holen.“
    Noch während er sprach, bewegte er sich auf das Rednerpult zu. Ohne den Blick von Senta zu lassen, beugte er sich zu der in den Boden eingelassenen Vertiefung hinab. Als er sich aufrichtete, befand sich ein Stilett in seiner Hand. Kaum sah Senta die fünfzehn Zentimeter lange Klinge aufblitzen, begann sie zu schreien.
    „Schrei nur schrei!“ ermunterte sie Roman, „das ändert auch nichts mehr daran, dass du jetzt gleich sterben wirst!“
    Mit erhobener Hand, das Messer auf sein Opfer gerichtet, kam er langsam näher, dabei weidete er sich an ihrem Entsetzen. Kurz bevor er Senta erreicht hatte, donnerte von draußen jemand mit seinen Fäusten gegen die Tür.
    „Senta, bist du da drin? Ich bin’s Ralph.“
    „Ralph!“ Ihre Stimme überschlug sich. „Oh, bitte hilf mir! Roman ist bei mir, er will mich töten,
er …“
    „Schweig!“, brüllte Roman. Sein Gesicht war wutverzerrt. Er war nur noch wenige Schritte von ihr entfernt. Voller Panik versuchte Senta ihm zu entkommen. Doch die Stühle versperrten ihr den Weg. Bei dem Versuch ihnen auszuweichen stolperte sie. Da war Roman auch schon über ihr. Das letzte was sie hörte, war das Splittern von Glas, dann nahm der Schmerz, den sie plötzlich unterhalb der Rippen verspürte, ihr die Besinnung.
    Roman hatte auf ihr Herz gezielt. An der Stelle, wo sich das Stilett in ihren Leib gebohrt hatte, begann sich ein schnell größer werdender Blutfleck zu bilden. Roman sah es mit Genugtuung.
    Als er hinter sich eine Bewegung wahrnahm, ging er in Deckung. Ralph war gerade dabei, durch das Fenster, deren Scheibe er zerschlagen hatte, um es öffnen zu können, zu klettern. Roman handelte blitzartig. Kaltblütig zog er die blutgetränkte Klinge aus Sentas Brust. Wie er vermutet hatte, besaß Ralph weder eine Waffe noch sonst irgendetwas, um sich wehren zu können. Mit dem Messer würde Roman ihn mühelos überwältigen können. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, wie Ralph nach einem der Stühle griff, um sich damit verteidigen zu können. Wie ein Pfeil schoss Roman auf ihn zu, dabei übersah er die Steinplatte, die er selbst erst vor kurzem aus ihrer Verankerung gelöst hatte. Er stolperte. Das Messer verfing sich in seiner Brust. Noch bevor er auf dem Boden aufkam, hatte die Klinge seines Stiletts bereits seine Herzscheidewand durchstoßen und war ihm tief ins Herz gedrungen. Er war auf der Stelle tot.

Epilog
    Eine mehrstündige Notoperation im nahe gelegenen Klinikum Obergöltzsch hatte Sentas Leben retten können. Die Klinge des Stiletts hatte ihr Herz nur um wenige Zentimeter verfehlt. Zwar verlor sie auf Grund ihrer Verletzung eine beträchtliche Menge Blut, dennoch hatte sie Glück im Unglück gehabt. Einer der Chirurgen, der bei dem Eingriff zugegen war, bemerkte im
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