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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel
Autoren: Alexandra Beverfjord
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dachte, schien ein Sturzbach aus Vorwürfen auf ihn einzustürmen, ein Gefühl, bei dem sich sein Magen umdrehte. Schuld. Unsere Schuld. Hätte ich Ibens Tod verhindern können, wenn ich nur ein besserer Bruder gewesen wäre? Wenn ich nur begriffen hätte, wie schlecht es ihr ging?
    Â»Sag mal, Joakim, was ist los?«
    Joakim sah auf. Über ihm stand Rasmus und starrte ihn ungläubig an. Joakim hatte sein ganzes Frühstück erbrochen.
    Â»Ist es vorbei?« Joakim stand auf. Er versuchte, so unberührt wie möglich zu wirken.
    Â»Du kannst dich später sauber machen. Ich habe Taschentücher im Auto.«
    Â»Ist es vorbei?«, wiederholte Joakim und wischte sich den Mund mit dem Jackenärmel ab.
    Â»Hast du überhaupt nichts mitbekommen? Østby hat einen der Polizisten in die Schulter geschossen. Sie haben reagiert, indem sie ihn in den Fuß geschossen haben. Ich habe alles , Joakim, absolut alles. Hier haben wir die Nase vorn.«
    Joakim spürte, wie eine warme Welle durch seinen Körper ging. Terje Østby lebte. Er hatte sich nicht umgebracht.
    Â»VG und Dagbladet sind nicht durch die Polizeiabsperrung gekommen«, fuhr Rasmus fort. Im Moment war er von seinem Job wie berauscht.
    Die Polizei war auf dem Weg zu ihren Autos. In den beiden Krankenwagen lagen Terje Østby und der angeschossene Polizist.
    Joakim wurde davon geweckt, dass ihn jemand an der Schulter rüttelte. Er musste in Rasmus’ Auto eingenickt sein. Ein schneller Blick auf das Armaturenbrett verriet ihm, dass es neun Uhr abends war. Das Drama vor Terje Østbys Hütte hatte sich über eine gute Stunde erstreckt. Sie hatten an einer Tankstelle gehalten, um etwas zu essen und den Artikel und die Bilder an die Redaktion zu schicken. Nach vier Stunden Fahrzeit näherten sie sich jetzt Oslo.
    Es regnete, heftig und dicht. Joakim sah, wie der nasse Asphalt der Straße sich durch die dunklen Äcker wand. Die Scheibenwischer schafften es gerade, die Scheiben vor dem nächsten Schwall freizubekommen.
    Rasmus sah ihn gereizt an. »Wenn du schläfst, schlafe ich auch ein. Du musst reden, damit ich wach bleibe.«
    Joakim nickte und lehnte den Kopf gegen die feuchte Fensterscheibe. Er wusste nicht, worüber er mit Rasmus reden sollte, und es war ihm peinlich, dass ihm schlecht geworden war. Er, der Kriminalreporter, der zu jedem Mord geschickt wurde, über den Nyhetsavisen berichtete, hatte sich übergeben. Einen Virus konnte er sich nicht eingefangen haben, denn jetzt merkte er nichts mehr. Er war erleichtert, als sein Handy klingelte. Überraschenderweise war es Kikki – es kam fast nie vor, dass sie ihn anrief.
    Â»Jetzt haben wir ihn, dank eurer Hilfe. Ich habe gerade mit dem Rechtsmedizinischen Institut gesprochen. Wir haben Helle Isaksens Mörder.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Er wird in diesem Moment festgenommen. Wir haben sein Haus im Skarvavei in Lommedalen umstellt.«
    Â»Wer ist es?«
    Â»Tor Vaksdal.«
    Joakim zitterte, als er die Nummer des Ressortleiters wählte. »Du musst in der morgigen Zeitung genug Platz freihalten.«
    Â»Klar, für das Drama in Evje haben wir mehrere Seiten reserviert«, antwortete Fredrik Telle.
    Â»Nein, es geht um die Titelseite mit der Hauptschlagzeile: ›Neue Theorie der Polizei: TV-Promi ermordete Helle Isaksen. Moderator und langjähriger Nachrichtensprecher Tor Vaksdal festgenommen‹.«

Kapitel 62
    Veronica Eple hatte sich in einem Anfall von blinder Panik ins Auto gesetzt und war einfach losgefahren.
    An dem Tag, an dem Helle Isaksen ermordet aufgefunden worden war, hatte Tor Vaksdal sie angerufen. Er war total hysterisch gewesen. Zuerst hatte sie kein Wort verstanden von dem, was er gesagt hatte. Sie hatte ihn unterbrochen und ihm vorgeschlagen, dass er sie am Nationaltheater abholte. Zehn Minuten später stieg sie in seinen silbernen Audi.
    Es war ein halbes Jahr her, dass der TV-Star zum ersten Mal mit dem »Kreis« in Kontakt gekommen war. »Sie können mir bieten, was immer ich will?«, hatte er sich damals vergewissert. »Was wollen Sie denn?«, hatte Veronica geantwortet. »Nun ja, etwas nicht ganz Legales.«
    Veronica hatte Bedenken gehabt. Sie hatten keine so jungen Mädchen und wollten das auch nicht, denn so würde sich das Risiko erhöhen, dass das ganze Unternehmen aufflog. Aber dann war ihr Helle eingefallen. Ungeschminkt und anders angezogen, konnte
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