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Gottesstreiter

Titel: Gottesstreiter
Autoren: dtv
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Gulden, die dem Steuereinnehmer geraubt worden sind.
     Was sagst du dazu, Medicus?«
    »Das, was ich immer sage.« Reynevan gähnte. »Das haben wir doch längst durchgekaut. Deine üblichen, langweiligen Fragen beantworte
     ich wie üblich und genauso langweilig. Nein, Bruder Neplach, ich werde das Geld, das dem Steuereinnehmer geraubt worden ist,
     nicht mit dir teilen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens habe ich dieses Geld nicht, weil ich es nicht geraubt habe. Zweitens   ...«
    »Und wer hat es geraubt?«
    »Meine stinklangweilige Antwort ist: Ich weiß es nicht.«
    Die beiden Teufelchen begannen zu hüpfen und kräftig Kobolz zu schießen.
    »Du lügst!«
    »Na klar. Kann ich gehen?«
    »Ich habe Beweise dafür, dass du lügst.«
    »Oho!«
    »Du gibst an«, Filou durchbohrte ihn mit seinem Blick, »deine mysteriöse Zusammenkunft habe am dreizehnten September stattgefunden,
     und Kaspar Schlick habe daran teilgenommen. Aus erster Quelle weiß ich aber, dass Kaspar Schlick am dreizehnten September
     1425 in Buda war. Er kann daher nicht in Schlesien gewesen sein.«
    »Deine Quellen sind einen Dreck wert, Neplach. Aber was soll’s, das ist eine Provokation. Du versuchst, mich zu überlisten,
     mich festzunageln. Nicht zum ersten Mal. Stimmt’s?«
    »Stimmt.« Filou zuckte nicht mit der Wimper. »Setz dich, Reynevan. Ich bin noch nicht fertig mit dir.«
    »Ich habe das Geld des Steuereinnehmers nicht, und ich weiß auch nicht   ...«
    |34| »Halt die Klappe!«
    Eine Zeit lang schwiegen sie. Die Teufelchen in Filous Augen beruhigten sich, ja, sie waren fast ganz verschwunden. Aber Reynevan
     ließ sich nicht täuschen. Filou kratzte sich an der Nase.
    »Wenn Prokop nicht wäre   ...«, sagte er leise. »Wenn Prokop mir nicht verboten hätte, euch auch nur mit dem kleinen Finger anzurühren, dich und deinen
     Scharley, dann würde ich schon aus dir herauspressen, was notwendig ist. Bei mir haben noch alle gesungen; es hat nicht einen
     gegeben, der geschwiegen hätte. Du kannst gewiss sein, auch du würdest sagen, wo das Geld ist.«
    Reynevan hatte schon so einiges gelernt, er ließ sich nicht erschrecken. Er zuckte mit den Achseln.
    »Jaaa«, sagte Neplach nach einer weiteren Pause und blickte auf den Strick, der vom Balken herabhing. »Auch der hätte geredet,
     auch aus dem hätte ich ein Geständnis herausgepresst. Schade, wirklich schade, dass er es geschafft hat, sich aufzuhängen.
     Weißt du, eine Zeit lang habe ich wirklich gedacht, dass er in dieser Scheune gewesen ist   ... Ich bin sehr enttäuscht, dass du ihn nicht erkannt hast   ...«
    »Dauernd muss ich dich enttäuschen. Das tut mir wirklich leid.«
    Die Teufelchen begannen, sachte zu hüpfen.
    »Wirklich?«
    »Wirklich. Du verdächtigst mich, lässt mich verfolgen, liegst auf der Lauer, provozierst. Du stellst meine Motive in Frage,
     und dabei vergisst du ständig das eine und Wichtigste: Jener Böhme, der bei der Verschwörung in der Scheune dabei war, hat
     meinen Bruder verraten, hat seinen Tod durch die Häscher des Bischofs von Breslau verursacht. Und hat sich dessen auch noch
     vor dem Bischof gerühmt. Wenn der an diesem Balken gehangen hätte, hätte ich mit keinem Groschen für eine Dankesmesse gegeizt.
     Glaub mir, mir tut es auch leid, dass er es nicht war. Und auch keiner von denen, die du mir bei anderer |35| Gelegenheit gezeigt und die zu identifizieren du mir nahe gelegt hast.«
    »Stimmt«, gab Filou nach einigem gewiss nur vorgetäuschten Nachdenken zu. »Früher hatte ich auf Diviš Bořek von Miletínek
     gesetzt. Mein zweiter Kandidat war Hynek von Kolštejn   ... Aber von denen ist es keiner   ...«
    »Fragst du, oder stellst du Behauptungen auf? Denn ich habe dir bereits hundertmal erklärt, dass es keiner von denen ist.«
    »Ja, du hast sie dir ja beide gut angesehen   ... Damals. Als ich dich mitgenommen habe   ...«
    »Nach Aussig. Ich hab’s nicht vergessen.«
     
    Der gesamte sanft geschwungene Hang war mit Leichen übersät, aber ein wahrhaft makaberer Anblick bot sich ihnen erst, als
     sie auf das Flüsschen Zdiřnica hinabblickten, das unten im Tal dahinfloss. Hier türmten sich, teilweise in den vom Blut geröteten
     Schlamm eingegraben, Berge von Toten, Menschenleiber und Pferdekadaver wüst durcheinander. Was hier geschehen war, war klar
     zu erkennen. Die sumpfigen Ufer hatten die vom Schlachtfeld fliehenden Sachsen und Meißner aufgehalten, lange genug, um von
     der taboritischen Reiterei und
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