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Gott sacker Kriminalroman

Titel: Gott sacker Kriminalroman
Autoren: Michael Boenke
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Schwester auf.«
    Auch seine Haushälterin war aus der Dunkelheit eines Zimmers
wie eine Spinne im Netz auf ihn zugestürzt und hatte ihn zur Tür
hinausgeschoben und fluchte ihn an. Das Luder solle sich um sich selbst
kümmern. Der Herr Pfarrer müsse sich vor Weihnachten um andere Dinge kümmern
als um einen Bastard, ein Hurenkind.

     
    Josef rannte verschüchtert zur Schwester zurück.
In der Kirchenwerkstatt neben der Garage hatte er ihr ein bescheidenes Lager
hergerichtet, als sie meinte, dass es wohl bald losginge.
    In der Werkstatt durfte er seit dem Sommer immer wieder
arbeiten. Der Pfarrer, der in letzter Zeit sehr freundlich zu ihm war, gab ihm
dafür sogar gelegentlich ein Taschengeld. Gern räumte er dafür die alten Gräber
ab, hielt die Werkstatt sauber und ging dem gebrechlichen Mesner zur Hand.
    Den Ofen hatte er kräftig eingeheizt, als seine Schwester ihn
drängte loszugehen. Im Raum war es jedoch im Laufe der Stunden noch ein
bisschen kälter geworden.
    »Kommt er?«, rief sie ihm vom Lager aus zu.
    »Vielleicht. Er war noch beschäftigt.«
    Die Schwester schimpfte und fluchte. Sie weinte und schrie.
Josef lief verzweifelt auf und ab.
    Aus dem VW -Käfer des jungen Pfarrers, der in der Werkstatt seine
Garage hatte, holte er eine karierte Wolldecke und legte sie zusätzlich über
seine Schwester. Als die Wehen nach einer kurzen Pause sich steigernd wieder
einsetzten, sprang er auf und rief: »Ich halt das nicht mehr aus, wie lange
geht das denn noch?«
    »Es wird schon kommen«, jammerte seine Schwester und presste.
    In den Kanonenofen legte er noch geschwind ein paar
Buchenholzscheite nach.
    Es ging lange, bis es kam, viel zu lange. Es blieb Zeit, und
Josef erfragte, die Wehen seiner Schwester ausnutzend, das, was er schon lange
ahnte: »Sag doch endlich, wer der Vater ist! Warum hast du mich ausgerechnet
zum Pfarrer geschickt und nicht zur Hebamme?«, schrie er sie an.
    »Das geht dich nichts an!«
    »Mir ist es doch egal, wer der Vater ist, ich freu mich doch
so, Onkel zu werden. Dann hab ich endlich mal was Sinnvolles zu tun. Onkel
Josef, das hört sich gut an. Ich mach auch den Götte, wenn du mir sagst, wer
der Vater ist.«
    Er setzte sich zu ihr und nahm ihre Hand.
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Warum denn nicht?«
    »Der Vater leugnet es.«
    »Warum?«
    »Das kann ich nicht erzählen.«
    »Ich bin doch dein Bruder.«
    Sie fing an zu weinen und schlug die Hände vors Gesicht. Die
Wehen wurden stärker.
    »Und immer, wenn wir mit seinem Auto unterwegs zum Wäldchen
waren, hat er mir die ewige Liebe geschworen und gesagt, dass er den falschen
Beruf ergriffen hätte.«
    »Es gibt nur drei Autos im Dorf. Gib doch endlich zu, dass es
der Pfarrer ist, das Schwein!«
    »Lass mich in Ruhe, es wird auch nicht besser, wenn du weißt,
wer der Vater ist.«
    »Besser wird es nicht, aber ich werde ihn mir vorknöpfen. Den
Spaß, den hat er gehabt, aber das Kind will er nicht.«
    »Er sagt, es sei nicht von ihm. Wem glaubt man mehr, einem
Pfarrer oder der Tochter eines Bäckers?«
    Nun war es heraus. Josef hielt seiner Schwester fest die
Hand. Er hatte es geahnt. Der Pfarrer, das Schwein.
    Die Wehenintervalle wurden immer kürzer.

     
    Als der Kopf des Kindes kam, erschrak Josef. Er
hatte noch nie bei einer Geburt assistiert, er wusste jedoch, dass so ein Kinderkopf nicht aussehen durfte. Das Neugeborene bewegte sich schwach,
nachdem es Josef mit seinem scharfen Taschenmesser abgenabelt hatte. Er
wickelte es in die karierte Decke aus dem VW des Pfarrers.
    »Ich will mein Butzele sehen«, forderte die Schwester
schwach.
    »Lieber nicht.«
    Der unförmige Kopf des Kindes war blau-schwarz verfärbt, nach
wenigen Minuten ließen die schwachen Bewegungen der Ärmchen und Beinchen nach
und dann war es einfach gestorben.
    Josef war aufgewühlt wie nie in seinem Leben. Die Schwester
wimmerte und lag bleich auf dem primitiven Lager, sie hatte ihr Kind kurz
angeschaut und gesehen, dass der Tod die gnädigste Lösung für das Kleine
gewesen war.
    Josef packte seine Schwester an den Schultern und schüttelte
sie: »Wir müssen es sofort beerdigen, dann erfährt auch niemand davon.«
    »Man soll es aber erfahren, es ist mein Kind, ich will, dass
man es tauft. Ich will nicht, dass es in die Hölle kommt.«
    »Es ist tot, man kann es nicht taufen!«, schrie Josef
verzweifelt.
    »Ich will, dass es anständig beerdigt wird. Es braucht ein
Sakrament, sonst holt es der
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