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Gorian 3

Gorian 3

Titel: Gorian 3
Autoren: Alfred Bekker
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in den Ästen und dem riesigen Stamm. Ein kompliziertes Netz aus Schächten hatte den steinernen Baum durchzogen, durch die man gewichtslos zu jedem Ort innerhalb des Stadtbaums hatte schweben können. Nichts war von all dieser architektonischen Pracht geblieben, ebenso wenig wie von der Burg des Statthalters auf der Hauptastgabelung sowie von dem Turm, auf dem der Hohlspiegel aus Sternenmetall gestanden hatte, mit dessen Hilfe der Schattenbringer aus seiner Position hatte bewegt werden sollen.
    Schließlich erreichte Gorian eine Anhöhe, die sich wohl aus einer vereisten Schneeverwehung gebildet hatte. Er erklomm sie. Oben ragte ein Trümmerstück des Stadtbaums turmähnlich
aus dem Eis, das wohl zum Stamm gehört hatte und vielleicht sogar noch Verbindung zum Wurzelwerk hatte. Dort angelangt, trat Gorian an eines der Fenster, das wie bei den Caladran üblich mit magischem Glas versehen war; in diesem Fall war es gelblich getönt. Auch der Zauber, der dieses magische Glas erschaffen hatte, würde irgendwann vergehen, wenn er nicht erneuert wurde, aber einstweilen hielt es den Schnee- und Eismassen stand, die sonst ins Innere gedrängt hätten.
    Gorian murmelte eine Formel, die es durchlässig machte, und stieg hindurch. Er durchquerte einen Raum und gelangte zu einem Schacht, in dem noch der Zauber der Gewichtslosigkeit wirksam war. Er reichte tief hinab, führte aber auch nach oben. Gorian schwebte ungefähr drei Mastlängen empor und erreichte den höchsten Punkt des Trümmerstücks und somit der ganzen Umgebung.
    Dort oben hatte der feuchte kalte Wind Eis über das magische Glas der Fenster gelegt, sodass Gorian nicht mehr hindurchblicken konnte. Nur ein paar schwach glimmende, in das Mauerwerk hineingewachsene Glühsteine sorgten dafür, dass es nicht ganz dunkel war und er überhaupt etwas sehen konnte.
    Er sammelte die Alte Kraft in sich, und seine Augen wurden vollkommen schwarz. Dann zog er Sternenklinge, konzentrierte die Kräfte auf das Metall des Schwertes und stieß die Spitze so fest er konnte in eines der vereisten Fenster.
    Zischend zuckten Blitze die Klinge entlang, und das Eis wurde mit einem lauten Knall auseinander und nach außen gesprengt. Ein einfacher Wärmezauber hätte Gorian zu lange gedauert.
    Er sah in der Ferne eine ganze Kolonne von Wirbeldämonen gen Süden ziehen. Doch dann teilten sie sich, und mindestens
ein Dutzend von ihnen näherte sich in breiter Front den Ruinen von Pela. Gorian hörte bereits den schauerlichen Chor ihrer Gedanken.
    »Wir kommen zu töten und zu zerreißen … Wir kommen, um das Chaos zu bringen … Wir kommen, um das Reich der Kälte und des Untodes zu verbreiten … Morygor schickt uns … Bleib, wo du bist, Gorian … Bleib, damit wir dich in die Luft emporschleudern und zerreißen können …«
    Der Gedankenchor veränderte sich, wurde immer mehr zu einem höhnischen Gelächter und dann zu einem Schrillen, das wie ein qualvoller Schmerzensschrei klang.

2
Boten des Chaos
    Gorian verließ den Turm, während in seinem Schädel noch immer der Gedankenchor der Wirbeldämonen dröhnte. »Wir kommen, um zu töten … Morygor schickt uns … Wir spüren nichts, wir fühlen nichts außer der Freude an der Zerstörung … Die Schreie der Sterbenden geben uns Kraft, die Schmerzen derer, die wir peinigen, sind unser kaltes Vergnügen …«
    Gorian musste sich dagegen abschirmen, so intensiv waren diese Gedanken, und so heftig strömten sie auf ihn ein, zusammen mit Bildern des schlimmsten Chaos. Bilder, die wohl aus der Vergangenheit stammten, als die Wirbeldämonen durch die endlosen Schlachtreihen ihrer Gegner gefahren waren, sie durch die Luft geworfen hatten, wie es ein Kind mit Spielzeug tat, dessen es überdrüssig geworden war. Es handelte sich wohl um Erinnerungsfetzen aus der Zeit vor der Großen Schlacht am Weltentor, und sie jagten Gorian eisige Schauder über den Rücken. Es brauchte einer willentlichen Anstrengung, um sich davon zu befreien und den Einfluss dieser bedrängenden Gedanken zu bannen.
    Der Chor in seinem Kopf wurde schwächer, verstummte aber nicht.
    Das wollt ihr wohl, dachte er grimmig. Dass man vor euch erstarrt, sodass ihr ungehindert euer Mörderwerk verrichten könnt!

    »Gorian!« , erreichte ihn plötzlich ein Gedanke von Sheera, die offenbar gespürt hatte, was ihn bewegte.
    Bei aller Furcht vor den Wirbeldämonen – dies war ein gutes Zeichen. Zwischen ihnen herrschte wieder jene Verbindung des Geistes, wie sie früher bestanden
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