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Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)

Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)

Titel: Gorgon (Horror Stories 1) (German Edition)
Autoren: Edgar Keiser
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Hand den Telefonhörer zu fassen bekam, vernahm sie jenes Klicken, welches anzeigte, dass ihre Mutter, diese sagenhafte Quasselstrippe, aufgelegt hatte und das nach noch nicht einmal dreißig Sekunden Text auf den Anrufbeantworter. Normalerweise war das Vierfache davon eher wenig.
    Lara fiel gegen das Telefonschränkchen, das daraufhin mitsamt Telefon umkippte. Polternd fiel der Apparat zu Boden, während der Hörer noch in ihrer verkrampften Hand blieb. Sie schlug sich die Stirn an der Sockelleiste am Boden auf, und dann kam der Schmerz mit einiger Verstärkung wieder zurück, was sie für Sekunden ihr Bewusstsein verlieren ließ.
    Als sie zu sich kam und wieder hinreichend klar denken konnte, stellte sie zweierlei fest.
    Erstens, es war kein Freizeichen zu hören, obwohl die Hand mit dem Telefonhörer direkt an ihrem Ohr lag. Folglich hatte der Apparat bei der kleinen Einlage seinen Geist aufgegeben.
    Zweitens, die Spinne, die sie zwischenzeitlich völlig vergessen hatte, saß nun auf der Türschwelle zum Wohnzimmer, keine drei Meter von ihr selbst entfernt.
    Offensichtlich hatte die Spinne Lara keineswegs vergessen.
    Oh bitte lieber Gott , dachte Lara, lass' meine Mutter vergessen haben, mir etwas Wichtiges mitzuteilen, und lass' sie deswegen noch einmal anrufen. Dann wird sie merken, dass der Apparat gestört ist, und dann wird sie hierher kommen, Arthrose hin oder her.
    Und dann sah sie, warum das Telefon nicht funktionierte. Als das Schränkchen umgefallen war, musste das Telefonkabel aus der Wand gerissen worden sein. Das Kabelende mit dem Stecker lag jedenfalls auf dem Boden und brauchte nur wieder in die Dose gesteckt werden.
    Die Spinne verließ die Türschwelle und bewegte sich zehn Zentimeter auf Lara zu.
    Lara schrie erschrocken auf und streckte den Arm nach dem Telefonkabel aus. Als sie es endlich in der Hand hatte, ertönte ein grässliches Knirschen aus der Mitte ihres Körpers, gewissermaßen die Begleitmusik zu den Schmerzen. Irgendwie schaffte sie es trotzdem, den Stecker wieder in der Wand zu platzieren, und augenblicklich erklang das Freizeichen.
    Sie schluchzte vor Erleichterung.
    Jetzt würde doch noch alles gut werden.
    Es gab jedoch nur noch ein kleines, aber nicht unlösbares Problem.
    Der altmodische Telefonapparat mit seinen Wähltasten war gut einen Meter von ihr weggerollt, und wenn sie telefonieren wollte, dann musste sie diesen Meter noch irgendwie überbrücken.
    Hinzukriechen würde mit solchen Schmerzen verbunden sein, die sie wohl kaum mehr aushalten konnte. Folglich musste sie den Apparat an dem Kabel zu sich heranziehen.
    Sie zog, und diesmal kroch der Apparat auf Lara zu. Nur noch wenige Zentimeter fehlten, bis ihre Finger verschiedene Nummern eintippen konnten. Beispielsweise wäre ein Krankenwagen in ihrer Lage eine gute Idee.
    Vielleicht auch noch ein kleines Gespräch mit Arnold oder ein Schwätzchen mit Geraldine. Oder mit ihrer Mutter. Sie hatte jetzt viel zu erzählen.
    Mit einem Blick zur Wohnzimmertür erkannte sie, dass sie keine Zeit verlieren durfte, denn die Spinne war über Laras Pläne scheinbar im Bilde. Sie kam näher. Immer noch langsam, aber sie kam.
    Oh, mein Gott!
    Bis Hilfe da war, würde die Spinne sie schon längst erreicht haben, und dann ...
    Verzweifelt wählte sie die Nummer von Geraldine, die nur zwei Häuser weiter wohnte. Sie musste einfach zu Hause sein, es konnte sich doch nicht alles heute gegen sie verschworen haben.
    Sie hörte drei Klingelzeichen, und dann fing Geraldines Anrufbeantworter zu sprechen an:
    HI, SCHÖN DASS SIE ANRUFEN, ABER LEIDER BIN ICH NICHT ZU HAUSE. WO ICH GERADE BIN, VERRATE ICH NICHT, ABER SIE KÖNNEN MIR NACH DEM PIEPSER GERNE EINE BOTSCHAFT HINTERLASSEN … WENN SIE MIR DANN AUCH NOCH IHRE TELEFONNUMMER SAGEN, RUF' ICH NATÜRLICH ZURÜCK. BIS DANN.
    Der Piepser piepste fröhlich und dann war Leere.
    Lara schrie fast in die Muschel hinein:
    „Verdammt, Geraldine, bist du zuhause? Hier ist Lara. Bitte nimm ab, wenn du zu Hause bist, es ist sehr wichtig. Mir ist ...“
    Dann hielt sie inne. Eben war ihr eingefallen, dass heute ja Dienstag war, und dienstags ging Geraldine regelmäßig zum Squashspielen. Lara wusste sehr wohl, dass es Geraldine dabei nicht um den Sport ging, jedenfalls nicht um diesen Sport. Es ging ihr vielmehr um gut gebaute, braun gebrannte Einzelpartner, die sie anschließend noch in eine Bar und später sonst wohin ausführten. In dieser Hinsicht war Geraldine Laras Ansicht nach nicht sehr ordentlich
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