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Gordon

Gordon

Titel: Gordon
Autoren: Edith Templeton
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ich mich vollkommen hilflos. Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nicht so hilflos gefühlt. Und er machte weiter, ebenso beiläufig, wie er angefangen hatte, ohne mich zu umarmen oder mich unten zu halten und ohne seine aufrecht stehende Position zu verändern. Ich schloss die Augen. Er konnte ohne weiteres die Hände in die Taschen geschoben haben. Dann hoffte ich, er würde weitermachen, und hatte Angst, er könnte aufhören, und fast unmittelbar danach lösten sich meine Hoffnungen und Ängste in nichts auf, und ich hätte vor Erleichterung weinen können, aber es kamen keine Tränen, und ich wurde von trockenen Schluchzern erschüttert. Ich rang noch immer nach Atem, als er von mir abließ.
    Er fasste mich bei den Handgelenken und zog mich in eine sitzende Position hoch. Ich hielt die Augen weiterhin geschlossen.
    Er gab mir einen Klaps auf die Wange und sagte: »Sie sind mein kleines Mädchen«, und dann: »Kommen Sie, stehen Sie jetzt auf.«
    Ich stand auf und warf ihm einen Blick zu. Er sah kalt und ernst aus, genauso wie seine Stimme kalt und ernst geklungen hatte, ohne die geringste Freundlichkeit. Das »Sie sind mein kleines Mädchen« hatte keinerlei Zärtlichkeit enthalten. Es war eine nüchterne Feststellung gewesen.
    Auf dem staubigen Garten lag noch immer dasselbe stumpfe, graue Licht, der Himmel war schmutzig weiß, aber noch deutete nichts darauf hin, dass die Sonne bald untergehen würde.
    Ich war verblüfft, beschämt und ärgerlich über mich selbst, dass ich es diesem wildfremden Menschen gestattet hatte, mir einen Genuss zu verschaffen, der mir zwar durch das, was die Franzosen »les plaisirs solitaires« nennen, vertraut war, den mir aber, soweit ich mich erinnern konnte, kein anderer Mann bislang so zu schenken imstande gewesen war, und ich erinnerte mich an meine Wut, als er beim Whisky gesagt hatte: »Zuerst war es der Whisky, und dann war es etwas anderes.«
    Der Mann, der mich, als ich fünfzehn war, hinter dem Rücken meiner Mutter als Mutprobe meinen ersten Whisky hatte kosten lassen, war einer ihrer Verehrer. Ich wusste nicht, ob er zu der Zeit ihr Liebhaber war, aber ich war davon überzeugt, dass er es irgendwann gewesen war. Ich sah ihn selten. Er war kein enger Freund des Hauses. Er wurde nur zu den großen Diners und Empfängen eingeladen. Er war verheiratet, und sein ältester Sohn war zwei Jahre jünger als ich.
    Fünf Jahre später, als ich anlässlich eines Empfangs mit rund fünfzig Gästen wieder einmal in unseren Salons Dienst tat, fing er an, mir bei meinen Pflichten zur Hand zu gehen, und ging sogar so weit, mir bis in die Küchenräume zu folgen, wohin ich mich begeben hatte, um Nachschub an petits fours zu holen. Und genau da, während der gemietete Chef de Cuisine und unsere eingeschnappte Köchin und zwei unserer Dienstmädchen zwischen und um uns herum kamen und gingen, lud er mich für den folgenden Nachmittag zu einer Spazierfahrt ins Grüne ein.
    Ich hatte kurz zuvor meine Jungfräulichkeit verloren. Deswegen hatte ich das Gefühl, dass es ohnehin keine Rolle spielte, und obwohl ich mir sicher war, dass mir der Ausflug kein Vergnügen bereiten würde, nahm ich an. Ich war schon immer auf die Liebhaber meiner Mutter eifersüchtig gewesen, und die Vorstellung, dass ich ihr einen davon wegnahm und dass er mich ihr vorzog, erfüllte mich mit einer tiefen Genugtuung.
    Ich machte mir nicht sonderlich viel aus ihm. Er war ein gut aussehender Mann von Welt mit einem leeren Gesicht und ausdruckslosen Augen, ohne jede Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit, und ein Freund hohler Konversation, deren Vorzug darin bestand, dass sie dem Gesprächspartner keinerlei geistige Anstrengungen abverlangte.
    Wir fuhren zu einem kleinen Hotel, das in einem groß angelegten Park stand, in dem weit und breit keine anderen Gebäude zu sehen waren. Ich war bis dahin noch nie mit einem Mann in einem Hotel gewesen, und es beeindruckte mich, wie er, als wir hereinkamen, Tee nach oben bestellte, ohne auch nur zu sagen, dass er ein Zimmer wollte.
    Während ich mich auszog, sagte er: »Was immer du tust, verliebe dich nicht in mich«, und ich verachtete ihn für seine Eingebildetheit.
    Er nahm mich von hinten, während wir auf der Seite lagen; das überraschte mich, denn ich hatte bis dahin geglaubt, die einzige Art, genommen zu werden, sei auf dem Rücken liegend. Er schob einen Arm unter mir hindurch und liebkoste meine Brust, und während er in mich eindrang, streichelte er mich mit
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