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Gordon

Gordon

Titel: Gordon
Autoren: Edith Templeton
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der anderen Hand zwischen den Schenkeln. Ich hatte nie gedacht, dass man das tun könnte. Es war himmlisch.
    Als wir später beim Tee saßen, sagte er: »Aber du bist sehr gut mitgegangen. Es muss sehr schön gewesen sein.«
    Ich entgegnete nichts. Ich war fest entschlossen, ihm keinen Grund zur Selbstzufriedenheit zu geben.
    Ich erkannte damals nicht, was für ein ungewöhnlicher und außerordentlich guter Liebhaber er war und dass mein Verhalten ihm gegenüber höchst unfreundlich war. Mir fehlte auch die nötige Erfahrung, um die Ironie der Tatsache zu würdigen, dass dieser gewöhnliche, harmlose, bescheidene Schürzenjäger ein Geschick besaß, von dem die glänzendsten Eroberer nichts ahnen.
    Als er mich fragte, wann wir uns wieder sehen könnten, antwortete ich kurz angebunden, ich wüsste es nicht. Ich hatte das Gefühl, dass das Hauptziel erreicht war und dass ich – auch wenn ich es ihr nie erzählen würde – wenigstens in einem Spiel gepunktet und es meiner Mutter heimgezahlt hatte. Meine Weigerung, ein weiteres Mal mit ihm zu schlafen, bedauerte ich nie, da meine Gefühle nicht beteiligt gewesen waren. Ich hatte jahrelang nicht mehr an ihn gedacht.
    Jetzt auf der Steinbank war es anders gewesen. Und der Gedanke, dass dieser Mann, dessen Namen ich nicht einmal kannte, es geschafft hatte, mir lediglich durch seinen kurzen, gleichgültigen, achtlosen Akt, ohne jede zusätzliche Anstrengung seinerseits, diesen Genuss zu verschaffen, erfüllte mich mit Beschämung.
    »Jetzt kommen Sie. Ich begleite Sie nach Haus«, sagte er und fasste mich am Handgelenk.
    Diese Unart, mich am Handgelenk zu fassen, so wie er es bereits im Shepherds auf dem Weg nach draußen getan hatte, machte mich wütend. Es war eine völlig einseitige Geste, das Sichbemächtigen meiner Person, ohne sich darum zu kümmern, ob ich überhaupt mein Einverständnis dazu gab. Es war so, wie wenn man einen Stuhl bei der Lehne packt und dorthin zieht, wo man ihn gerade haben will. Sie degradierte mich zu einem leblosen Gegenstand und sprach mir den Besitz eines eigenen Willens ab.
    Warum kann er nicht wenigstens meine Hand nehmen, fragte ich mich, während ich neben ihm herging. Andererseits würde ich ihm nie erlauben, meine Hand zu nehmen. Ich würde meine Hand niemals in seine legen, und von Aufsässigkeit erfüllt, verdrehte ich meinen Arm und versuchte, mich seiner Umklammerung zu entwinden. Die Finger, die bis dahin locker und kühl auf meinem Puls gelegen hatten, krampften sich sofort zusammen.
    »Entziehen Sie sich mir nicht«, sagte er mit leiser, unbeteiligter Stimme, als machte er eine nebensächliche Bemerkung wie: »Passen Sie auf, dass Sie nicht stolpern!«
    »Lassen Sie mich los!«, rief ich aus.
    »Nein, ich werde Sie nicht loslassen«, sagte er, immer noch mit dieser Stimme, als warnte er mich vor einer Stufe.
    Er wartete noch ein paar Sekunden, während deren ich versuchte, mich loszureißen, und dann umfasste seine andere Hand meinen Ellbogen, und sein Daumen schob sich langsam in die weiche Armbeuge und betastete und erforschte das Fleisch, die Adern und die Sehnen mit immer stärkerem und immer schmerzhafterem Druck. Es war kein stechender Schmerz, er war dumpf und entnervend und Übelkeit erregend.
    Ich schrie: »Nein, aufhören! Sie tun mir weh«, und sein Daumen bohrte sich noch tiefer hinein, und gleichzeitig verdrehte er mir das Handgelenk.
    Ich hatte meinen Ellbogen noch nie als möglichen Sitz besonderer Empfindungen betrachtet. Für jedermann sichtbar, besitzt er nicht einmal die heimliche erotische Anziehungskraft der Schenkel und der Brüste. Und dennoch hatte ich jetzt das Gefühl, dem Mann noch schamloser und inniger zu gehören als eben auf der Steinbank.
    Ich erschlaffte am ganzen Körper und legte den Kopf an seine Brust. Die dunkelgraue Serge war etwas rau und hart und leblos. Ich spürte kaum, wie er atmete, geschweige denn, dass ich das Schlagen seines Herzens gehört hätte. Er ließ meinen Arm los.
    Ich war über alle Empörung, alle Gekränktheit, allen Trotz hinaus. Ich verspürte nur noch die Wut der Enttäuschung. Da, ich hatte nachgegeben, ich hatte es durch meine Gebärde der Unterwerfung eingestanden. Und er stand da und machte keinerlei Anstalten, es irgendwie anzuerkennen oder mich dafür zu belohnen.
    Glühend vor Demütigung, richtete ich mich wieder auf. Ich dachte: ›Ich hätte ihm an die Kehle gehen und ihm die Blutgefäße durchbeißen sollen.‹
    Er beobachtete mich. »Na los, sprechen Sie
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