Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Goldbrokat

Titel: Goldbrokat
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
herumgespielt. Die Tatsache, dass ich überhaupt noch Geld besaß, verdankte ich meinem Gatten selig. Nicht, weil er so großzügig gewesen war, der Taugenichts, sondern weil ich durch ihn einen gewissen Geldverstand erworben hatte. Denn Geld war das Thema gewesen, über das wir uns am leidenschaftlichsten gestritten hatten. Kurzum, ich hatte eine einigermaßen anständige Summe, die für die Ausbildung von Laura und Philipp in soliden Wertpapieren festgelegt war, und das, was mir nach dem Verkauf des Hausrats und der Möbel, die ich aus meiner Mitgift finanziert hatte, übrig geblieben war. Das war das Kapital, von dem ich derzeit zehrte. Es reichte für die Haushaltskosten, Kleider und Bücher für die Kinder, aber große Sprünge waren damit nicht zu machen.Tante Caro indes machte gar keine Sprünge mehr, denn der Schwindel war vor einem Jahr aufgeflogen, und der trottelige Bratvogel hatte einige seiner schäbigen Federn eingebüßt, als er ihr die entsetzliche Nachricht überbringen musste, dass das Vermögen perdu war.
    Eine Lösung für das finanzielle Desaster hatte er nicht.
    Mich hatte mein eigenmächtiges Verhalten in Vermögensdingen mit dem jungen Albert Oppenheim bekannt gemacht, der im väterlichen Bankhaus bereits tatkräftig mitarbeitete und meine Konten betreute. Wir schätzten einander, denn er beriet
mich gut und ohne die bei so vielen Männern übliche Herablassung. Tante Caro deutete das in ihrem Sinne um, aber mir lag nichts ferner, als einen vier Jahre jüngeren Herrn zur Ehe zu verleiten.
    Andererseits wollte ich an diesem Abend die Gelegenheit nutzen, ein weiteres Gespräch mit ihm zu führen. Da weder meine Tante noch ihr vertrottelter Justiziar in der Lage waren, die finanzielle Misere in den Griff zu bekommen, würde ich die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen.
    Die Musiker erhielten ihren verdienten Applaus, und als ich Albert Oppenheim zufällig zu mir blicken sah, öffnete ich meinen Fächer demonstrativ mit der linken Hand. Als wohlerzogener Kavalier verstand er die Botschaft und näherte sich mir.
    Helene von Schnorr zu Schrottenberg stand mit einem missbilligenden Blick auf. Auch sie hatte den kleinen Wink mit dem Fächer verstanden und hätte sich sicher liebend gerne eingemischt, hätte nicht ein weiterer Herr ihre Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, als mich Albert begrüßte.
    »Verehrte Frau Kusan, ich bin entzückt, Sie in unserem Heim willkommen heißen zu dürfen«, sagte der Bankierssohn mit einer höflichen Verbeugung und einem herzlichen Lächeln.
    »Ich bin meinerseits entzückt, an dieser charmanten Veranstaltung teilnehmen zu können. Sehr talentierte Musiker und eine begabte Sängerin.«
    »Meine Schwester.«
    »Richten Sie ihr mein Kompliment aus.«
    »Gerne, Frau Kusan.« Und dann zwinkerte er mir zu. »Aber Sie wollten mich sicher nicht nur wegen unserer Künstler sprechen?«
    »Tatsächlich ging mir etwas anderes durch den Sinn.«
    »Dann wollen wir uns mit einem Getränk versorgen und plaudern.Was darf ich Ihnen bringen lassen?«
    Ich entschied mich für ein kleines Glas Champagner, und wir fanden einen ungestörten Platz in einer Fensternische, wo ich
ihm mein Anliegen in kurzen Worten vortrug. Er hörte geduldig zu, aber seiner Miene sah ich schon an, dass er mir wenig Hoffnung machen konnte.
    »Es tut mir unsagbar leid, liebe Frau Kusan«, erklärte er dann auch, als ich geendet hatte. »Ein Kredit ist nicht die Lösung des Problems Ihrer Tante. Zum einen – gestatten Sie mir, ganz ehrlich zu sein – glaube ich nicht, dass sie das Wesen des Darlehens erfasst. Sie wird das Geld als das ihre ansehen und ausgeben, und wenn der Rückzahlungstermin kommt, entsetzt darüber sein, dass sie den Betrag nebst Zinsen aufzubringen hat. Außerdem hat sie keinerlei Sicherheiten zu bieten, abgesehen von dem Haus, in dem sie wohnt. Das aber könnte sie durch eine solche Transaktion auch noch verlieren.«
    Ich musste ihm in der Beurteilung meiner Tante leider recht geben. Aber meine Idee gab ich noch nicht auf.
    »Würden Sie es eventuell in Erwägung ziehen, mir einen Kredit zu gewähren?«
    »Frau Kusan – verstehen Sie mich nicht falsch; ich kann darüber noch nicht entscheiden. Das Kreditgeschäft liegt in den Händen meines Onkels.«
    »Dann sollte ich die Frage so formulieren: Unter welchen Umständen würde das Bankhaus Oppenheim einer Person wie mir einen Kredit gewähren?«
    »Und ich will es so formulieren, Frau Kusan: Wir gewähren Kredite dann, wenn erkennbar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher