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Goettinnensturz

Goettinnensturz

Titel: Goettinnensturz
Autoren: Buerkl Anni
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seine Verhältnisse hörte er sich direkt freundlich an. »Das ist kein schöner Anblick.«
    Die Schwarzgekleidete nickte folgsam, doch ihre wachen Augen beobachteten alles. Der Inspektor beugte sich über die Tote, soweit das sein Bauch zuließ. Auf einmal war Johnny zurück – er hatte sich von der anderen Seite angeschlichen und hielt seine Kamera über den Kopf des Inspektors hinweg auf das Objekt seiner Begierde. »Stop!«, rief Kain. »Ich habe dir gesagt, hier wird nicht gefilmt.«
    »Die Menschen haben ein Recht auf Information«, hielt Johnny dagegen. »Die Pressefreiheit …« Seine Kehrseite zierte der mittlerweile halb getrocknete Schlamm. Sah nicht wirklich gut aus.
    »Hier gibt’s nichts zu informieren, merk dir das!«, zischte Kain streng, während er die Tote von Kopf bis Fuß maß: den schlanken Körper, der an den richtigen Stellen wohlgerundet war, bis zu den Füßen. Die Schuhe fehlten. Was hatte Monika für Schuhwerk getragen? Berenike erinnerte sich nicht.
    »Hier liegt sicher ein, wenn auch bedauerlicher, Unfall vor«, sagte Kain schließlich.
    Ein Unfall? Berenike zwang sich, in Deckung zu bleiben.
    »Ein Unfall?«, rief Johnny, hielt die Kamera auf Kain, bis der nickte. Endlich packte Johnny sein Gerät ein.
    »Sie wissen doch, die Vermisstensache letzte Nacht«, ergänzte Kain brummend.
    »Aha, na schön«, murmelte Johnny und verschwand. Wenige Augenblicke später flüsterte es hinter Berenike. »Gehst du mit mir aus?« Johnny! »Ich wüsste was Interessantes zu bereden.« Der Mann hatte Nerven. Im Gegensatz zu ihr. Ganz im Gegensatz … Aber wenn Ausgehen mit Johnny der Preis war, damit alles unter Verschluss blieb …
    »Ich hab keine Zeit«, zischte Berenike und stieß Johnny leicht, aber bestimmt zur Seite. Der sah sie aus grünen Augen komisch an und blieb einen Schritt weiter stehen.
    Sie wedelte mit der Hand, um ihn zu verscheuchen. »Man sieht sich«, flüsterte er und zwinkerte schon wieder. Endlich war der Journalist weg, in der Menge untergetaucht trotz der roten Jacke.
    Puh! Berenike sah die Tote an. Ein Unfall? Dass sie nicht lachte! Wie konnte sich Kain dessen nach kurzer, oberflächlicher Begutachtung überhaupt sicher sein? Der Inspektor kratzte sich gerade das bartstoppelige Kinn und blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr. Es roch intensiv nach Schweinsbraten. Berenike spürte, wie ihr Magen rumorte. Sie aß seit Jahren kein Fleisch mehr, gleichzeitig spürte sie Hunger aufkommen.
    »Wir müssen dann wohl die Angehörigen informieren.« Etwas entnervt sah Kain seinen Kollegen an. »Du weißt, die haben wir in der Nacht heimgeschickt.« Der zweite Streifenpolizist nickte und rieb sich ebenfalls das Kinn. Ohne Bartstoppel.
    Immer mehr Menschen scharten sich um das Geschehen am Ufer, wogten gegen das Absperrband. Ein Auto hupte. Eine japanische Reisegruppe hielt Fotoapparate hoch, rund 20 Leute knipsten über das rot-weiße Band hinweg.
    »Bitte, geht nach Hause«, forderte Kain. »Es gibt nichts zu sehen. Bitte. Griaß enk.«
    »Aber …«, sagte jemand, während Berenike versuchte, an Kain vorbei auf die Tote zu linsen, auf ihren Hals, die Schürze. Sie sah zu wenig, weil sich Kain davorschob.
    »Nichts aber. Der Amtsarzt ist schon da.« Kain zwinkerte einem Grauhaarigen mit Arzttasche zu, der sich bestimmt, fast hätte man sagen können rüpelhaft, einen Weg durch die schaulustige Menge bahnte. »Alles geht seinen Gang.«
    »Das ist ja mein Zahnarzt!«, stieß Ellen überrascht hervor.
    »Er ist Amtsarzt und kennt sich aus«, murrte Kain. »Er wird nichts anderes sagen als ich. Es war ein Unfall. Was für eine Schnapsidee, im Frühjahr aufs Eis zu gehen.«
    »Waren halt gut drauf«, sagte ein Alter am Ufer. »Meine Güte. Haben wir auch gemacht, als wir jung waren, solche Albernheiten.«
    »Aufs Eis gehen bei Tauwetter?«
    Der Alte wiegte den Kopf. »Wer nicht wagt …«
    »Wird eben Streit gegeben haben«, meinte ein Jüngerer in grauem Loden. »Vor dem Festzelt war ein ziemlicher Wirbel.«
    Berenike verdrehte die Augen.
    »Mei, das wird normal sein bei einem Schützenfest. Da geht’s hoch her.« Der Alte verzog die Lippen zu einem dürren Grinsen. »Wenn ich denk, in meiner Jugend, was es da Prügel gesetzt hat manchmal. Ach, was für ein armes Mensch …«
    Am besten wäre, jetzt zu gehen. Doch die Angelegenheit ließ Berenike keine Ruhe. Kain durfte so etwas nicht als Unfall abtun!
    »Hatte die Monika nicht einen neuen Freund?«
    Der Alte zuckte die Achseln,
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