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Goettin in Gummistiefeln

Goettin in Gummistiefeln

Titel: Goettin in Gummistiefeln
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ernst.
    »Wir sind alle durcheinander, Samantha. Wir brauchen alle mehr Zeit zum Nachdenken. So ist das Leben.« Sie schüttelt mich. »Reißen Sie sich zusammen!« Sie stößt den Atem aus und streicht ihren Hosenanzug glatt. »Okay! Ich werde Sie jetzt ankündigen.«
    Sie marschiert auf den Rasen hinaus. Ich blicke zitternd hinter ihr her.
    Noch dreißig Sekunden. Dreißig Sekunden, um zu entscheiden, was ich mit meinem Leben anfangen will.
    »Meine Damen und Herren von der Presse!« Hilarys Stimme dröhnt durch das Mikro. »Ich freue mich sehr, Sie alle heute bei uns begrüßen zu dürfen.«
    Auf einmal erblicke ich Guy, der sich ein Mineralwasser einschenkt. »Guy!«, rufe ich drängend. »Guy! Wo ist Nathaniel?«
    »Keine Ahnung.« Er zuckt unbekümmert mit den Schultern.
    »Was hast du zu ihm gesagt? Vorhin, als ihr miteinander geredet habt?«
    »War nicht viel nötig. Er konnte selbst sehen, woher der Wind weht.«
    »Was meinst du?« Ich starre ihn an. »Der Wind? Was für ein Wind?«
    »Samantha, jetzt sei nicht so naiv.« Guy nimmt einen Schluck Wasser. »Er ist ein erwachsener Mann. Er versteht das.«
    ».... unsere neue Seniorpartnerin, Samantha Sweeting!« Hilarys Stimme und der darauf folgende Applaus dringen kaum zu mir durch.
    »Was verstehen?«, stoße ich entsetzt hervor. »Was hast du gesagt?«
    »Samantha!« Hilary unterbricht mich mit einem geradezu mörderischen Lächeln. »Wir warten! Alles viel beschäftigte Leute!« Sie packt mich bei der Hand und zerrt mich mit überraschender Kraft auf den Rasen. »Und los geht‘s! Viel Spaß!« Sie gibt mir einen heftigen Schubs und zieht sich zurück.
    Okay. Dreißig Sekunden waren zu wenig. Ich stehe vor der versammelten englischen Presse und weiß nicht, was ich will. Weiß nicht, was ich tun soll.
    Ich war noch nie so durcheinander.
    »Los, machen Sie!«, zischt mir Hilary in den Nacken, und ich zucke erschrocken zusammen. Ich komme mir vor, als würde ich auf einem Förderband stehen. Der einzige Weg ist vorwärts.
    Mit zitternden Knien gehe ich zur Mitte des Rasens, wo ein kleines Rednerpult und ein Mikrofon bereitstehen. Die Sonne spiegelt sich in all den auf mich gerichteten Kameras und Fotoapparaten und macht mich fast blind. Ich blicke suchend in die Menge, ob Nathaniel nicht irgendwo steht, aber ich kann ihn nirgends entdecken. Trish steht irgendwo rechts von mir in einem fuchsiaroten Kostüm und winkt mir begeistert zu. Eddie steht neben ihr und filmt alles mit einem Camcorder.
    Zögernd entfalte ich meine Rede und streiche sie glatt.
    »Guten Morgen«, sage ich mit gestelzter Stimme in die Mikrofone. »Ich freue mich sehr, meine wundervollen Neuigkeiten mit Ihnen teilen zu können. Carter Spink hat mir ein fantastisches Angebot gemacht, und ich werde heute als Partnerin in die Firma zurückkehren. Sie können sich vorstellen, wie ... überglücklich ich bin.«
    Aber ich bin alles andere als glücklich, geschweige denn überglücklich. Was leider nicht zu überhören war.
    »Die Wärme und Großherzigkeit, mit der ich bei Carter Spink willkommen geheißen wurde, waren einfach überwältigend«, fahre ich zögernd fort, »und ich fühle mich zutiefst geehrt, einer derart renommierten Sozietät anzugehören, die bekannt ist für ihre ...«
    Meine Augen suchen immer noch nach Nathaniel. Ich kann mich kaum auf das konzentrieren, was ich sage.
    »Brillanz und ihre herausragenden Leistungen!«, faucht Hilary aus dem Hintergrund.
    »Ahm ... ja.« Endlich habe ich die Stelle auf dem Blatt wiedergefunden. »Brillanz. Und Leistung.«
    Ein Kichern geht durch die Reihe der Journalisten. Ich fürchte, ich mache meine Sache nicht besonders gut.
    »Carter Spink bietet eine Qualität der Beratung, die ... ahm ... so noch nie da gewesen ist«, fahre ich, möglichst überzeugend, fort.
    »Besser als die Toiletten, die Sie geputzt haben?«, ruft ein rotbackiger Journalist.
    »Wir nehmen zu diesem Zeitpunkt noch keine Fragen entgegen!« Hilary kommt zornig auf den Rasen gestapft. »Und wir beantworten überhaupt keine Fragen zum Thema Toiletten, Badezimmer oder sonstigen sanitären Einrichtungen. Samantha, machen Sie weiter.«
    »Waren wohl so unaussprechlich, was?«, ruft der rotbackige Typ zum allgemeinen Gelächter.
    »Samantha, jetzt machen Sie schon weiter«, zischt Hilary mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Ganz gewiss nicht!« Trish kommt herbeigewackelt. Ihre Pfennigabsätze versinken dabei im Rasen. »Ich werde nicht zulassen, dass man meine Toiletten in
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