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Göttin des Lichts

Titel: Göttin des Lichts
Autoren: P. C. Cast
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ihm zu. Sie liebten ihn abgöttisch. Und jetzt sollte er sein Reich mit den jungen, schönen Lieblingen des Olymps teilen?
    »Wir werden sehen …«, flüsterte er mit zusammengebissenen Zähne, während Zeus’ Donnerstimme durch den Bankettsaal hallte und gespannte Stille einkehrte.
    »Geliebte Kinder!«, rief Zeus und strahlte die Versammelten an. »Es freut mich sehr, dass euch mein Geschenk gefällt.« Er streckte die Arme mit geöffneten Handflächen zu den beiden Säulen im Zentrum des Saals, zwischen denen eine milchig leuchtende Scheibe waberte. »Heute Abend habe ich weitere Neuigkeiten zu verkünden – ich habe beschlossen, dass das Portal auch für unsere hübschen Nymphen und für die jungen Olympier geöffnet ist!« Einige der anwesenden weiblichen Gottheiten und Halbgottheiten stießen spitze Schreie aus, die in Zeus’ Ohren wie süße Musik klangen. »Aber denkt daran, meine Schönen, dass ihr eine Welt betretet, die es nicht gewohnt ist, dass Götter und Göttinnen auf ihr wandeln. Ihr seid nicht dort, um euch in die Angelegenheiten der Sterblichen einzumischen, sondern nur, um diese einzigartige Welt zu beobachten und zu genießen. Damit ihr nicht in Versuchung geratet zu vergessen, dass ihr nur Besucher seid, habe ich entschieden, das Portal nur zu bestimmten Zeiten zu öffnen.«
    Die im Saal Versammelten blickten mit leuchtenden Gesichtern zu ihm empor und lauschten gespannt. Suchend ließ Zeus den Blick über die Menge wandern, bis er Demeter entdeckte, die in hoheitsvoller Haltung neben ihrer Tochter stand. In respektvollem Gruß neigte er den Kopf vor ihr, ehe er fortfuhr.
    »Die Erntegöttin hat mich informiert, dass die modernen Sterblichen die meisten ihrer Festlichkeiten innerhalb einer kurzen Abfolge von Tagen begehen, die sie als Wochenende bezeichnen. Daher wird unser Portal während dieser sogenannten Wochenenden geöffnet sein. Ihr habt also Zeit von der Abenddämmerung am Freitag bis zur Morgendämmerung am Montag, um euch mit den modernen Sterblichen zu vergnügen.«
    Mit einer kleinen Handbewegung brachte er das enthusiastische Wispern zum Verstummen, das seine Worte hervorriefen.
    »Und hiermit schenke ich euch also das Königreich von Las Vegas!« Der Donnergott klatschte in die Hände, die Menge jubelte, und am Himmel grollte der Donner.
    Unten im Bankettsaal lachte Artemis und schüttelte liebe-voll den Kopf über Zeus, ehe sie sich wieder ihrem Bruder zuwandte. »Unser Vater ist offensichtlich sehr zufrieden mit sich!«, sagte sie.
    Apollo zuckte die Achseln. »Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Es ist doch einfach nur die moderne Welt der Sterblichen, kein neuer Olymp.«
    Spöttisch zog Artemis eine ihrer perfekt geschwungenen goldenen Augenbrauen in die Höhe. »Das sagt ausgerechnet der Gott, der monatelang einer modernen Sterblichen in Tulsa nachspioniert hat.«
    »Ich habe nur Demeter einen Gefallen getan«, antwortete Apollo allzu ungezwungen.
    Artemis erwiderte nichts, aber sie beobachtete ihren Zwillingsbruder, während dieser halbherzig mit einer violetthaarigen Nymphe flirtete, die neben ihm stehengeblieben war und ihre Begeisterung darüber kundtat, dass sie jetzt endlich das Königreich Las Vegas kennenlernen würde. Kein Zweifel. Seit dem Debakel mit Persephone benahm Apollo sich seltsam.
    Während Artemis ihren rubinroten Wein schlürfte, dachte sie daran, wie die Überraschung ihres Bruders über Persephones Zurückweisung und ihre seltsame Vernarrtheit in Hades sich in einen regelrechten Schock verwandelt hatte, als sich herausstellte, dass die Seele, die vorübergehend im Körper der Göttin gewohnt hatte, einer sterblichen Frau gehörte, während Persephone selbst sich als Sterbliche maskiert in der modernen Welt herumgetrieben hatte. Eine Sterbliche hatte also Apollo zurückgewiesen und sich in den Gott der Unterwelt verliebt. Artemis’ schöner Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen. Diese Sterblichen. Ihrer Erfahrung nach waren sie entweder mitleiderregend und brauchten ständig Betreuung, oder sie waren dermaßen von lächerlichem Hochmut erfüllt, dass sie sich letztlich selbst zerstörten. Alles in allem waren sie bestenfalls für kleine Vergnügungen oder Spielereien geeignet. Nicht dass sie sich wünschte, sich jemals mit einem von ihnen zu vergnügen, aber ihr Bruder war da anders veranlagt. Schon oft hatte er ihr lachend irgendwelche Geschichten darüber erzählt, wie er wieder einmal eine hoffnungslos naive Jungfrau verführt hatte.
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