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Götterdämmerung

Götterdämmerung

Titel: Götterdämmerung
Autoren: Sven Böttcher
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ham angefang, ihre sowieso völlich sinnfreien Predichten in Häusern zu halten, die sie urschprünglich ma ihren Göttern gebaut hatten. Ich mein, mich geht’s ja nicks an, schließlich ham sie die Hütten nich für mich hingestellt, aber … so was macht man doch nich! Man geht doch nicht einfach irgendwo rein und sabbelt die Kacheln vonner Wand, wenn der Hausherr gerade ma nich da iss! Die Griechen, ja, die Griechen, die wussten das! Aber die Griechen sinn auch nich mehr dass, wassiema warn …»
    Stille.
    Niemand sagte etwas. Zeus spürte, dass sich die Weinmengen unaufhaltsam in sein Sprachzentrum durchnagten. Er musste zum Ende kommen, bevor er lallend umfiel.
    «Allllsoo», grölte er, «habbich den Würmern was zum Wunnern gegeben. Denn, wenn die sich wunnern und nicht weiterkomm mit ihrer Ratio und ihrem Senssualissmuss und ihrer Scheissswissenschaft und Logik, wird ihnn ja wohl gaanicks anneres übrigbleim, als wieder an uns zu
glaum
. Nichwahr! Die wern sich nämmich wunnern. Und wie die sich wunnern wern. Die wern sich so oft umgucken, dass ihre Hälse am Ende wie Schiffsss…taue aussehen. Die Zeit iss ausn Fugn, die Sau ist ausm Stall, die Feier … kann beginn. Haha! … Wir … sinn … wieder … wer, wir …
Götter

    Und mit dem letzten Wort schleuderte Zeus einen mächtigen Blitz gegen die Zimmerdecke und fiel mit einem ohrenbetäubenden «Hips!» in eine göttliche Ohnmacht.
    Die Götter standen fassungslos in den herunterrieselnden Putzresten. Athene sah Apollon an. Apollon erwiderte den besorgten Blick der weisesten griechischen Göttin.
    «Na, das kann ja heiter werden», sagte er tonlos.
    «Oder auch nicht», erwiderte Athene – und sollte natürlich recht behalten, jedenfalls, was die von Zeus angesprochenen Würmer betraf.
    Für die sah es nämlich ganz und gar nicht heiter aus.
    Im Gegenteil.

3
    Cameron wanderte um den mattglänzenden, funkelnagelneuen Schreibtisch herum und sah durch die frischgeputzten Scheiben seines Büros hinunter auf den Hollywood Boulevard. Er öffnete das Fenster und stützte sich mit beiden Händen auf die Fensterbank.
    Straßenlärm und Santa-Ana-Wind schlugen ihm unverzüglich ins Gesicht. Er sah nach rechts, wo sich vor der imposanten Fassade von Grauman’s Chinese Theatre altmodisch behoste Touristen aus dem mittleren Westen gegenseitig ablichteten. Unter einem fast klaren Himmel krochen schwarze Limousinen rauchend über die Straßen und versuchten, dem Firmament das Blau auszutreiben. Langbeinige Frauen unter breitkrempigen Hüten stöckelten hüftschwingend in Boutiquen und gaben jenes Geld aus, das ihren Männern später fehlte, um sich eine teure Geliebte zu nehmen.
    Cameron wandte sich ab. Er nahm in seinem Drehstuhl Platz, lockerte die Seidenkrawatte und ergriff den Poststapel. Es waren die üblichen Flyer, jene überflüssigen Werbesendungen, die der Post von L.A. wahrscheinlich bald einen Kollaps bescheren würden, und die wöchentlichen vier Umschläge von den vier Banken, bei denen Cameron seine Depots und Konten unterhielt.
    Cindy klopfte an, bevor sie eintrat. Sie stellte die volle Kaffeetasse auf den Schreibtisch und verschwand geräuschlos wieder ins Vorzimmer. Cameron nahm den ersten Umschlag und den Brieföffner mit dem Jadegriff und schlitzte den Umschlag auf. Midland hatte bezahlt.
    Mit einem dünnen Lächeln legte Cameron den Auszug auf die Schreibunterlage. Erpressung war natürlich strafbar, aber wenn der greise Star-Zahnarzt seine sehr, sehr junge, sehr, sehr blonde Frau plötzlich doch wieder auf den Rücken legen wollte, nachdem der mit ihrer Suche beauftragte Detektiv herausgefunden hatte, dass Blondie in der Zwischenzeit immerhin zwei Chauffeure und einen Gärtner vernascht und anschließend mit ungesunden Löchern zwischen den Augenbrauen ausgestattet hatte, sollte Doc sich das doch wenigstens etwas kosten lassen.
    Oder eben etwas mehr.
    Cameron öffnete den zweiten Umschlag und stellte fest, dass auch Nastings pünktlich bezahlt hatte. Er sah auf und blinzelte in die Sonne. Die Zeit verging schnell. Knapp zehn Jahre war es jetzt her, dass Dave Link auf Nastings’ Yacht
Scarletta
das Zeitliche gesegnet hatte. Damals war er, Cameron, gerade vierundzwanzig und noch ziemlich grün hinter den Ohren gewesen, wenn auch nur im sprichwörtlichen Sinne. Nastings, einer der mächtigsten Studiobosse der Stadt, hatte den jungen Detektiv mit dem «originellen» Namen gebeten, seine Freundin Rita Daniels zu beschatten, und Cameron
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