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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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einem Wahrscheinlichkeitsintervall dienen kann.«
    »In welchem Bereich?« Farr spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte.
    »Zwischen 80 und 85 Prozent«, erwiderte Vera und diesmal lächelte sie wirklich. »Es spricht somit einiges dafür, dass wir es hier mit einem durchaus realen Problem zu tun haben, Commander.«
    »Das sehe ich genauso«, stimmte der Kommandant zu. Er fühlte sich plötzlich müde und ausgelaugt. Auch wenn ihm Procturro und Malmari Bay schon seit Längerem suspekt waren, war es doch etwas anderes, Gewissheit zu haben. Fast sehnte er sich nach den klaren Verhältnissen seiner Dienstzeit auf Pendragon Base zurück. Einem Feind konnte man die Stirn bieten, aber wie sollte er sich einem Verbündeten gegenüber verhalten, der vielleicht gar keiner war? Die Leandros-Gruppe hatte die Mission der Hemera finanziert, aber weshalb? Was erwartete man von ihm? Etwa das Gleiche wie die Angels, die selbst außerstande waren, Gewalt auszuüben? Farr wusste es nicht, und wie die KI korrekt angemerkt hatte, gab es auch keine Möglichkeit, es herauszufinden. Spätestens mit dem Eintritt in den N-Raum würde die Verbindung zur Sphere und damit auch zur Föderation abreißen. Was blieb, war der sporadische Austausch von Dirac-Nachrichten und vielleicht die eine oder andere zufällige Begegnung mit Nomadenstädten oder Ordensleuten. Ansonsten waren sie auf sich allein gestellt, aber das war eine Situation, die Raymond Farr vertraut war. Viel mehr beunruhigte ihn die Vorstellung, dass Malmari Bay vielleicht nur die Spitze eines Eisbergs war oder Teil eines Spieles, das er nicht durchschaute …
    »Danke, Vera«, verabschiedete er sich, bevor er das Modul abschaltete. »Ich bin müde.« Natürlich war er sich der Widersinnigkeit seines Verhaltens bewusst. Vera war kein Mensch, und eine KI bedurfte keiner Zuwendung. Dennoch fand er die Vorstellung tröstlich, dass die Frau mit den grünen Augen über seinen Schlaf wachte.
    »Gute Nacht, Sir.«
    Das Gesicht auf dem Monitor verblasste, und Farr empfand wider alle Vernunft ein vages Gefühl des Bedauerns. Vielleicht war er ein noch viel größerer Narr als Johnny …
        
     

Die Fackel des Liktors
     
    Es war still im Zuschauerraum, der mit der Weitläufigkeit der nach hinten ansteigenden Sitzreihen und den hellen, von schmucklosen Säulen gesäumten Wänden einem antiken Amphitheater ähnelte. Schon vor geraumer Zeit hatten sich die Seitentüren wie auf Kommando geschlossen, und seitdem warteten die Gäste. Es waren nicht viele, kaum mehr als zwei Dutzend, und ihre Gestalten verloren sich zwischen den leeren Sitzreihen. Die hölzernen Klappsessel waren ungepolstert und verhießen wie das gesamte Interieur weder Wärme noch Bequemlichkeit. Beige und Rot waren die dominierenden Farben, ergänzt durch sparsame goldfarbene Schmuckelemente, die aber einzig der wie ein Zeltdach gestalteten Decke ein wenig von ihrer Strenge nahmen.
    Trotz der spartanischen Ausstattung war es dennoch ein Ort, der Gediegenheit ausstrahlte und den Blick des Betrachters fast zwanghaft auf die riesige, graubraune Fläche des Bühnenvorhangs lenkte, der sich hinter dem fast unsichtbaren Orchestergraben in schwindelnde Höhen erhob. Die schräg auf die Bühne zulaufenden Säulenwände und das doppelte Proszenium schufen zudem ein Maß von Dominanz, das jede Ablenkung ausschloss. Wider Willen fasziniert starrten die Gäste in Richtung Bühne, wo sich der Vorhang gewiss gleich heben würde für eine Darbietung der besonderen Art.
    Von besonderer Art waren auch die Zuschauer selbst, die in auffälliger Distanz zueinander auf den harten Klappsesseln Platz genommen hatten. Auf den ersten Blick hätte man sie für kostümierte Faschingsgäste halten können; bei genauerer Betrachtung stellte sich aber schnell heraus, dass die vermeintlichen Karnevalsutensilien Teile ihrer selbst und irritierend lebendig waren.
    So bestand der Löwenkopf, den einer der Gäste auf den Schultern trug, nicht etwa aus Pappmaché oder Plastik, sondern unzweifelhaft aus echtem Fleisch und Blut. Die Ohren des Tiermenschen zuckten nervös, während er seine Mähne schüttelte und die lange Zunge behände zwischen beeindruckenden Zahnreihen hin und her gleiten ließ. Ein anderer trug eine lebende Schlange um den Hals, was weniger bizarr gewirkt hätte, wenn da nicht ein drittes Auge auf seiner Stirn gewesen wäre, das dem Betrachter düster und wissend entgegenstarrte. Der schimmernde Harnisch eines Ritters erwies sich
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