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Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)

Titel: Götterdämmerung: Das Todes-Labyrinth (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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auch.
    Bislang hatte die Macht, die diesen Ort beherrschte, nur ihre Entschlossenheit getestet, aber die Einschläge kamen näher. Natürlich hatten sie sich davon nicht aufhalten lassen, dafür waren sie schon zu weit gegangen. Sie würden tun, was getan werden musste, doch die Zeit der leichten Siege war mit dem heutigen Tag vorbei.
    Auf die Unterstützung der Angels konnten sie nicht hoffen, obwohl ihre Mission die Billigung dieser geheimnisvollen Zivilisation hatte, und so blieb ihnen am Ende des Weges vielleicht nur die Hoffnung der Kinder und Todgeweihten: dass jemand über sie wachte …
    »Dann bis bald, LC«, sagte der Kommandant forsch und räusperte sich. »Wir haben eine Menge zu besprechen.«
        
     

Götterdämmerung
     
    Nach dem dritten Klingelzeichen legte sich die Unruhe rasch, und als das Licht im Saal langsam erlosch, war die Anspannung des Publikums fast mit Händen zu greifen.
    Die Ouvertüre begann mit einer getragenen, von Streichinstrumenten dominierten Melodie, die erst allmählich an Kraft gewann. Dennoch drang aus dem Zuschauerraum weiterhin keinerlei Geräusch, fast so, als würde die Menge kollektiv den Atem anhalten.
    Das Festspielhaus war bis zum letzten Platz gefüllt, was bei Vorstellungen an diesem geweihten Ort in der Vergangenheit durchaus die Regel gewesen war, nur war diese Vorstellung – und das wusste jeder der Anwesenden – nicht nur den Musen der Theaterkunst gewidmet, sondern auch und vor allem eine Botschaft.
    Sie alle hatten eine Einladung erhalten, der sie sich nicht hatten entziehen können, selbst jene nicht, die sich längst nicht mehr für die Welt außerhalb ihrer eigenen Sphäre interessierten. Natürlich waren sie nicht körperlich anwesend, auch wenn die dicht besetzten Zuschauerränge etwas anderes suggerierten. Doch selbst die mentale Präsenz an einem Ort, der nicht ihr gewohntes Umfeld war, empfanden die meisten als eine Zumutung, der sie sich nur ausgesprochen widerwillig und aus einem einzigen Grund aussetzten: Furcht.
    Allein der Umstand, dass jemand in der Lage gewesen war, ihren jeweiligen Aufenthaltsort herauszufinden, war ausgesprochen beunruhigend, auch wenn sich die meisten von ihnen nie die Mühe gemacht hatten, ihn zu verschleiern. Noch beunruhigender waren jedoch einige Andeutungen, die die Einladung enthalten hatte, die – obwohl bewusst kryptisch formuliert – durchaus als Drohung interpretiert werden konnten. Deshalb waren sie gekommen – alle.
    Die Musik wurde lauter, Posaunen und Waldhörner fielen ein, begleitet von ersten, zunächst noch verhaltenen Paukenwirbeln, die dennoch den unterschwelligen Eindruck einer dunklen Bedrohung bis in den letzten Winkel des Saales trugen.
    Dann – endlich – hob sich der Vorhang und gab den Blick auf ein ebenso düsteres wie geheimnisvolles Szenario frei. Es gab kein Licht mit Ausnahme des rötlichen Widerscheins eines fernen Brandes auf dem Felsmassiv, das das Bühnenbild wie ein Monolith dominierte. Der Baum im Vordergrund war nur schemenhaft zu erkennen, ebenso wie die am Fuße des Felsens lagernden Gestalten. Erst als ein ebenfalls roter Lichtkegel die Szene erfasste, wurden Einzelheiten deutlich:
    Es waren drei Frauen in dunklen Gewändern mit alterslosen, maskenhaft starren Gesichtern, die stumm an ihren Plätzen verharrten. Sie hielten etwas in den Händen, ein Seil oder einen Strick, dessen Ursprung sich in der Höhe verlor. Als die drei plötzlich – begleitet von jäh einsetzten Fanfarenstößen – aufsprangen und in verschieden Richtungen daran zogen, zerriss das Seil und die Frauen stürzten in die Tiefe.
    Die Musik erstarb, und für Sekunden herrschte tiefe, fast andächtige Stille.
    »Zu Ende ewiges Wissen!«, hallte es plötzlich aus der Tiefe, so dumpf und schmerzerfüllt, dass die Zuschauer innerlich zusammenzuckten. »Der Welt melden Weise nichts mehr …«
    Im nächsten Moment erbebte der Boden unter dröhnenden Paukenschlägen; ein Riss spaltete den Felsen und gab einen Durchgang frei, aus dem – von einem halben Dutzend Scheinwerfer in gleißendes Licht getaucht – eine weiß gekleidete Gestalt nach vorn auf die Bühne trat. Es war ein Junge, etwa zwölf Jahre alt, dessen Auftreten jedoch alles andere als kindlich wirkte.
    Die knappe Verbeugung in Richtung Publikum war kaum mehr als ein Kopfnicken, hart an der Grenze zur Unhöflichkeit, und als der Junge mit heller, klarer Stimme zu sprechen begann, ließen seine Worte jegliche Verbindlichkeit oder gar Wärme
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