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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht
Autoren: Pierre Grimbert
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Schmetterling, die Rose von Manive, der Gyolendelfin, der Kronenadler oder das Kreuz von Jerus abgebildet waren.
    »Das sind die Wappenzeichen der Provinzen«, erklärte Grigán. »Der Kronenadler steht für die Stadt Romin und
die Provinz Uranien. Es ist schon ein lustiger Anblick, wie die Rominer einander ignorieren.«
    »Was hat es mit den Farben auf sich?«
    »Nichts, soweit ich weiß.«
    »Früher zeigten sie die Zugehörigkeit zu bestimmten militärischen Rängen an«, erklärte Lana. »Ich nehme an, dass manche Familien diese Tradition weitergeführt und andere sie nachgeahmt haben.«
    Die Maz hatte im Zusammenhang mit der Geschichte Iths auch viel über die Vergangenheit des Alten Landes gelernt: Die beiden Völker hatten sich lange feindlich gegenübergestanden. Jetzt wurde ihr klar, wie unterschiedlich ihre Kulturen tatsächlich waren.
    Als sie die verächtlichen Blicke bemerkte, die sich auf ihr Priesterinnengewand hefteten, war sie froh, auf Grigán gehört und ihre Maske abgelegt zu haben.
    »Welche Götter werden hier verehrt?«, fragte Léti, der die Blicke ebenfalls nicht entgangen waren. »Eurydis offenbar nicht.«
    »Nein, leider. Die meisten Anhänger hat Odrel, glaube ich.«
    »Das wundert mich nicht«, sagte Rey, ohne seine Bemerkung weiter zu erklären.
    Sie hielten auf das Viertel zu, das von den Einheimischen die »Kaiserstadt« genannt wurde, denn dort wohnte Zarbones Bekannter, der ihnen Zugang zum Tiefen Turm verschaffen sollte. In dieser Gegend waren sogar die Häuser bunt angestrichen, und keines kam ohne einen Kronenadler auf der Fassade aus.
    Mit kindlicher Neugier sahen sich Yan und Bowbaq auf der Straße um. Lana war indessen unsicher, welche Haltung sie einnehmen sollte: Entweder sie versteckte die Tatsache,
dass sie eine eurydische Priesterin war, so gut es eben ging, oder sie trug sie im Gegenteil stolz zur Schau. Die Moral ließ keines von beidem zu. Rey, dem ihr Zwiespalt nicht entgangen war, neckte sie, indem er das Ganze wichtiger machte, als es eigentlich war. Léti, Corenn und Grigán marschierten voraus, immer der Karte nach, die ihnen Zarbone mitgegeben hatte.
    Der Krieger bemühte sich vergeblich, seine Erschöpfung zu verbergen. Der Weg, den sie seit der Schleuse zurückgelegt hatten, war nicht sehr lang gewesen, aber er atmete schwer, und ihm war ein wenig schwindelig. Schließlich blieb er vor einem gewaltigen vierstöckigen Gebäude stehen. Es lag in einem ausgedehnten Park, der von einer Mauer umschlossen war.
    »Hier ist es«, sagte er. »Die Beschreibung stimmt genau.«
    Rey pfiff anerkennend und brachte damit zum Ausdruck, was alle dachten. Von Zarbone wussten sie, dass sein Bekannter noch reicher war als er selbst. Es war nicht zu übersehen. Allein die Pflege des Parks musste drei Gärtner rund ums Jahr auf Trab halten. Alles war tadellos zurechtgestutzt, keine Blume wich von der akkuraten Reihe ab, in die sie gepflanzt worden war. Kein Unkraut verschandelte das säuberlich angepflanzte Mondgras, das aus den Fürstentümern eingeführt worden war. Kein aufmüpfiger Zweig ragte aus den perfekt geformten Zierbüschen hervor, die natürlich in der Form des Wappenadlers der Provinz geschnitten waren.
    »Gehen wir rein«, schlug Rey vor. »Ich habe es satt, von diesen komischen Käuzen angestiert zu werden.«
    »Wir können doch nicht einfach so hineinspazieren!«, protestierte Bowbaq. »Das wäre sehr unhöflich.«
    Für einen Arkarier hatte dieses Wort sehr viel mehr Gewicht
als für irgendjemanden sonst auf der Welt, erinnerte sich Yan belustigt. Und für Bowbaq noch mehr als für jeden anderen Arkarier.
    »Es gibt keine Glocke«, sagte Corenn.
    »Na los«, drängte Rey und schritt kurzerhand zur Tat. »Wir haben uns schon in Lorelien, in Junin und im Schönen Land unbeliebt gemacht. Mir persönlich sind die Rominer ziemlich egal.«
    Die anderen folgten ihm zögernd. Doch als sie an der Eingangstür des herrschaftlichen Hauses angelangt waren, standen sie vor dem gleichen Problem.
    »Wenn das Tor schon nicht verriegelt war, lässt sich die Tür vielleicht auch öffnen«, erklärte Rey mit einem vielsagenden Grinsen.
    »Es wäre wohl besser …«, stieß Grigán keuchend hervor.
    Er brachte den Satz nicht zu Ende. Seine Augen verdrehten sich, und er sackte zu Boden. Hätte Bowbaq nicht blitzschnell reagiert, wäre er mit dem Kopf aufgeschlagen. Corenn stürzte zu dem Kranken hin. Zum Glück schlug sein Herz noch.
    Rey stieß die Tür auf und schlug vor, Grigán ins
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