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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht
Autoren: Pierre Grimbert
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Besuchern die Tür zu öffnen, wenn sie Einlass begehren.«
    »In Romin, verehrter Herr Abenteurer, pflegt man nur dann Besuche abzustatten, wenn man eingeladen wurde«, entgegnete Sapone tief gekränkt. »So bleibt jeder zu Hause, und allen ist gedient.«
    »Lassen wir das, wenn ich bitten darf«, unterbrach sie Corenn. »Welchen Weg nehmt Ihr für gewöhnlich? Wie kommt Ihr hinein?«
    »Ich? Ich bin noch nie dort gewesen. In diesen Gemäuern spukt es nämlich tatsächlich. Einen Bibliothekar habe ich bereits verloren. Ich werde mich hüten, meinen Kopf zu riskieren. Der Mann, den ich danach eingestellt habe, arbeitet nun schon seit zehn Jahren für mich. Ich wüsste nicht, warum ich mich den Geistern ausliefern sollte.«
    »Wäre es möglich, diesen Mann kennenzulernen?«
    Sapone warf Corenn einen lauernden Blick zu. Die Gier stand ihm ins Gesicht geschrieben, als trüge er ein Brandzeichen auf der Stirn. »Nicht, ehe wir eine Vereinbarung getroffen haben. Ich muss wissen, was Ihr dort vorhabt.«
    »Ein Fischernetz kaufen, was denn sonst«, schnaubte Rey. »Unser Heiler hatte keines mehr.«
    »Wir sind auf der Suche nach Wissen«, sagte Corenn. »Was geht Euch das an?«
    »Nur ein knappes Dutzend Personen haben das königliche Privileg, den Tiefen Turm aufzusuchen. Der Öffentlichkeit ist der Zutritt untersagt, seit die Geister dort ihr Unwesen treiben. Der Turm war über einhundertfünfzig Jahre lang verschlossen - bis zu jenem Tag, an dem unser gütiger Herrscher auf die Idee kam, die Bibliothek zu verkaufen. Das Gold brauchte er dringend, um die Provinzen, die nach Unabhängigkeit strebten, im Königreich zu halten. Natürlich
verkaufte er nicht den ganzen Turm auf einmal, einen so hohen Preis hätte ja niemand bezahlen können. Er verkaufte ihn etagenweise. Allerdings fanden sich nur acht Abnehmer. Ich selbst besitze den gesamten elften Stock, mitsamt seines Inhalts. Dafür habe ich dreimal so viel bezahlt wie für dieses Haus. Ihr müsst mir also versprechen, nichts zu beschädigen.«
    Bei seinem letzten Satz starrte er die Katze Frosch, die mit den Fransen eines Teppichs spielte, wütend an. Léti bemerkte seinen Blick und versuchte das Kätzchen davon abzubringen, woraufhin es in ein anderes Zimmer huschte.
    »Ich verspreche es Euch, Meister Sapone«, sagte Corenn. »Könnten wir nun mit Eurem Bediensteten sprechen?«
    »Erst das Geschäftliche, wenn ich bitten darf.«
    Und so geschah es. Léti verfolgte die zähen Verhandlungen, in die der Rominer die Ratsfrau nun verwickelte. Als Rey das Gespräch übernahm, wurde der Ton lauter. Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Lorelier zwar geborene Händler waren, die Rominer ihnen an Bestechlichkeit aber nicht im Geringsten nachstanden. Als sie sich endlich einig geworden waren, führte Sapone sie in einem Labyrinth aus unzähligen Gängen durch sein Haus, um sie mit seinem persönlichen Bibliothekar bekannt zu machen.
    »Unsere Vereinbarung gilt selbstverständlich nur, wenn er einwilligt, Euch zu begleiten«, stellte ihr Gastgeber freundlicherweise klar.
    »Aber er steht doch in Euren Diensten?«
    »Das schon. Die Sache ist nur, dass er manchmal etwas eigen sein kann … Ich drücke ein Auge zu, weil er ansonsten ein tüchtiger Mann ist.«
    Schließlich blieb Sapone vor einer großen Tür stehen,
in die natürlich das Wappen des Kronenadlers geschnitzt war. »Meister Hulsidor?«, rief er und klopfte vorsichtig an. »Dürfte ich Euch kurz stören?«
    »Was ist denn nun schon wieder?«, polterte jemand und riss ungehalten die Tür auf. »Wer sind diese Leute?«
    Corenn, Léti, Rey und Bowbaq sahen sich verblüfft an. Fast schien es, als sei Hulsidor der Hausherr und Sapone sein Kammerdiener.
    Der Bibliothekar war klein und von krummer Gestalt. Seine schiefen Gesichtszüge verliehen ihm ein grimmiges Aussehen, und seine grauen Haare waren kurz geschoren, im Gegensatz zu dem langen Spitzbart, in dem sich ein vorwitziger Pergamentschnipsel verfangen hatte. Der Mann scheute sich nicht, die Symbole des Gyolendelfins offen zur Schau zu tragen und sich so als Presdanier zu erkennen zu geben, die mit den Uraniern verfeindet waren. Hulsidor musste tatsächlich sehr tüchtig sein, wenn Sapone diese Marotten ertrug.
    »Dürfen wir kurz hereinkommen?«, bat Sapone noch einmal.
    Der Bibliothekar trat zurück und brummte ungehalten, wie er denn bitteschön zum Arbeiten kommen solle, wenn er andauernd gestört werde.
    Die Erben folgten ihrem Gastgeber in seine
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