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Gößling, Andreas

Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas
Autoren: Tzapalil - Im Bann des Jaguars
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Lumpenpüppchen, die mit einem Knistern in Flammen aufgingen und gleich schon nur noch Asche waren.
    Beneidenswert, wollte Carmen denken und brachte das Wort nicht mal in Gedanken heraus. Sie verdrehte sich den Kopf nach Pedro, der fünf Schritte rechts von ihr saß, hinter Blumen und Mais-bergen und Weihrauchdämpfen kaum zu sehen. Der Kopf war ihm auf die Brust gesunken. Auch Maria und Xavier hockten zusammengesackt zwischen den Bergen von Opferzeug und schienen kaum mehr bei Bewusstsein.
    Die Sonne stand schon fast senkrecht. Am Mittag, hatte der Lahkin doch gesagt, sollten sie dem Maisgott geopfert werden – wenn sie die vier verschwundenen Sachen dann nicht vorweisen könnten.
    Aber für die schien sich sowieso niemand zu interessieren. Genau wie Ixkasaj es vorausgesagt hatte. Die oberste Mondgottpriesterin war auch unter den Tänzern. Mit ernstem Gesichtsausdruck und feierlichen Gesten bewegte sie sich mit den anderen Priestern um die Opferstätte herum. Carmen hatte ein paar Mal ihren Blick gesucht.
    Aber Ixkasaj hatte immer nur durch sie hindurchgesehen, wie das hier ja alle so meisterhaft konnten. Schließlich hatte Carmen es aufgegeben. Wir sind verloren, dachte sie. Verloren, verloren, verloren. Von diesem Wort ging eine seltsam beruhigende Wirkung aus. Lähmend, versteinernd, sodass sie überhaupt nichts mehr fühlte. Weder Hoffnung noch Angst. Wenn sie aber an Ixkulam dachte, fing ihr Herz sofort an wie blödsinnig zu schlagen. Ihr Magen zog sich zusammen.
    Hinter ihren Augen spürte sie dann ein Brennen und musste die Zäh-ne zusammenbeißen, damit sie nicht einfach losschrie. Nein, Ixkulam würde nicht rechtzeitig zurückkommen, um sie zu retten. Dabei wusste Carmen inzwischen sogar, dass die drei verdammten Dinger wirklich genau an der Stelle lagen, die sie im Traum gesehen hatte.
    Auf der Lichtung in der kleinen Schlucht südlich von Oxamac. Unter dem Ramónbaum, zwischen all den zermatschten orangegelben Früchten. Verrückt, völlig verrückt! Sie hatte im Traum alles ganz genau so gesehen, wie es sich wirklich abgespielt hatte. Vorhin hatte sie Maria gefragt und die hatte ihr mit einem müden Nicken alles bestätigt. Und trotzdem würde Ixkulam nicht kommen, um sie vor den tausend durchbohrenden Dornen dieser Maissäule zu retten.
    Denn die junge Mondpriesterin spielte ein falsches Spiel, das spürte Carmen ganz genau.
    Leider hatte sie das viel zu spät gemerkt, aber jetzt fühlte sie es umso deutlicher. Und wenn sie irgendwas gelernt hatte bei dieser verrückten Geschichte, dann doch wohl, dass sie sich auf ihr Gefühl verlassen sollte. Auf die Stimmen in ihrem Innern, auf ihr Ahnungs-vermögen, auf die tiefsten Schichten ihrer Erinnerung. Das grenzte doch wirklich schon fast ans Wunderbare, was sie sich da mit Hilfe ihres Unterbewusstseins so alles zusammengereimt hatte. Oder was die Götter ihr im Traum mitgeteilt hatten? Jedenfalls hatte sich wirklich alles genau so abgespielt.
    Aber das würde ihnen trotzdem nicht mehr helfen. Denn Ixkulam gehörte zu Paolo Cingalez.
    Die Priester tanzten um sie herum, immer mehr Opfergaben gingen in Flammen auf. Bald würden nur noch sie vier übrig sein, die größten und kostbarsten Opfer. Verloren, verloren, dachte Carmen wieder. Und dann sah sie plötzlich wieder Pedros Gesicht vor sich und spürte seinen Mund auf ihren Lippen und seine Arme, die sich um sie schlangen, und alles in ihr bäumte sich wütend auf. Sie durften nicht aufgeben! Vielleicht würde Ixkulam ja doch noch hierher zurückeilen, um sie buchstäblich im letzten Moment vor diesem scheußlichen Maismarterpfahl zu retten? Auch wenn alles, wirklich alles gegen diese kindische Hoffnung sprach.
    Denn natürlich hatten Cingalez und seine Komplizin Ines-Ixkulam überhaupt kein Interesse daran, dass Maria und Xavier Gómez oder Pedro und sie selbst am Leben blieben. Im Gegenteil, dachte Carmen. Paolo Cingalez hatte wahrscheinlich sogar dafür gesorgt, dass Maria und Pedros Vater hierher verschleppt worden waren. Durch seine Komplizin konnte er den Leuten hier in Tzapalil ja mühelos einen solchen Tipp zuspielen. Auf jeden Fall hatte die Entführung von Maria und Xavier so hundertprozentig in seine Pläne gepasst, dass er ja verrückt sein müsste, wenn er jetzt auch nur einen Finger für sie rühren würde. Schließlich wusste außer ihnen weit und breit niemand, was für ein gigantisches Verbrechen Cingalez begangen hatte.
    Als Mitarbeiter des archäologischen Instituts von Flores hatte
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