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Gößling, Andreas

Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas
Autoren: Tzapalil - Im Bann des Jaguars
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ständig auf allen Kontinenten unterwegs waren. Mal verschwand Georg für Monate im Dschungel, weil er unbedingt mithelfen musste in Brasilien einen Staudamm zu bauen. Dann wieder jagte Maria zu einer archäologischen Konferenz in Costa Rica oder Mexico City, oder sie raste mit einem Jeep durch den mittelamerikanischen Urwald, wo wieder mal eine Ruinenstadt gefunden worden war.
    Ich hasse Ruinenstädte, dachte Carmen, als sie neben Lena in die rappelvolle S-Bahn stieg. Und dann wurde ihr Kopf mit einem Mal ganz leer. Zwei kühle Hände legten sich von hinten über ihre Augen.
    Warmer Atem strich über ihr Ohr und Nico raunte mit samtweicher Stimme: »Wer bin ich?«
    »Keine Ahnung«, sagte Carmen. Wo eben noch ihr Herz geschlagen hatte, flatterte plötzlich ein gefangener Kolibri.
     
    Die vier Jungs kauerten um ein Feuer und machten Musik. Einer spielte auf einer Art Gitarre, zwei hatten Trommeln, der vierte blies auf einer knochenbleichen Flöte.
    »Guck sich einer die Typen an«, höhnte Bertie, das Großmaul und rätselhafterweise Nicos bester Freund. Über den steinigen Isarstrand stapften sie langsam auf das Feuer zu. Nico und Bertie, zwei Schritte dahinter Lena und Carmen, der immer mulmiger wurde. Sie hatte Bertie noch nie leiden können, den Muskelprotz mit dem blonden Stoppelhaar. Und ein Blinder hätte gesehen, dass er mal wieder auf Krach aus war.
    Fünf Schritte neben ihnen gluckste die Isar. In der Luft hing der Geruch von Grillfleisch und Sonnenmilch. Hier und dort flackerten weitere Lagerfeuer in der Abenddämmerung. Langsam versank die Sonne hinter dem Fluss, aber es war immer noch wunderbar warm.
    An einem der Feuer dort hinten war ihre eigene Party bestimmt längst in Gang. Was um Himmels willen wollte Bertie von diesen friedlichen Fremden?
    Die Musiker hatten schwarze, glatte Haare und dunkle Haut, wie Kakao mit wenig Milch. Alle vier trugen Ponchos mit Mustern in leuchtenden Farben, Rot und Orange und Grün. Ihre Musik klang schwermütig und doch leidenschaftlich und wild. Sie ließ an einen großen Vogel denken, der hoch über schroffen Bergen seine Kreise zog.
    »Ist das ’ne Buschkapelle, oder was?«, trompetete Bertie. Zu ihrem Schrecken hörte Carmen, wie Nico leise auflachte. »Oder vielleicht von der Heilsarmee?«
    Jetzt lachten sie beide wie aus einer Kehle. Laut und provozierend, und dazu wiegte sich Bertie in den Hüften wie ein Cowboy vor dem Kampf. Dieser dumme Hirsch!, dachte Carmen. Aber warum hielt Nico seinen Kumpel nicht zurück?
    »Hey, das ist Scheißmusik!« Bertie war mit einem Satz beim Feuer. »Solchen Krach könnt ihr bei euch daheim machen, aber nicht hier, kapiert?« Er beugte sich über den Flötenspieler hinweg und versuchte ihm das Instrument aus der Hand zu reißen.
    »Bertie, übertreib nicht.« Nico wollte ihm offenbar hinterher, aber dann blieb er wie erstarrt stehen und hielt auch die beiden Mädchen zurück. »Bleibt, wo ihr seid!«, zischte er.
    Mit einem dumpfen Trommelschlag verstummte die Musik. Fast gleichzeitig sprangen alle vier Musiker auf. Selbst der Größte von ihnen war einen Kopf kleiner als Bertie, aber ihre stämmigen Körper und grimmigen Gesichter strömten Kraft und Entschlossenheit aus.
    Carmen hatte sich schon öfters gefragt, warum Nico sich mit dem grässlichen Bertie überhaupt abgab. Nico konnte wundervoll mit Tusche und Feder zeichnen und schrieb angeblich sogar Gedichte, auch wenn er das vor ihr abgestritten hatte. Bertie dagegen hatte seine Hände nur zum Boxen und Gewichtestemmen. Er himmelte Nico an und folgte ihm auf Schritt und Tritt wie ein Bodyguard. Und jetzt packte er den Flötenspieler am Kragen und lag im nächsten Moment wie eine Riesenschildkröte am Boden.
    »Hey, was war das?« Bertie rappelte sich auf und grinste unsicher zu Nico herüber. »Da muss ich wohl ausgerutscht sein…«
    Die vier Musiker hatten sich hinter das Feuer zurückgezogen und beobachteten mit ausdruckslosen Gesichtern, wie Bertie aufs Neue die Fäuste ballte.
    »Lass gut sein«, murmelte Nico, aber so leise, dass sein Freund ihn unmöglich hören konnte.
    Bertie sprang mitten durchs Feuer und packte noch im Sprung nach dem Hals des Flötenspielers. Das Feuer zischte und qualmte.
    Funken sprühten empor und regneten langsam zurück zur Erde.
    Carmen hörte einen klatschenden Aufprall und ein Röcheln. Sie hielt Nicos Hand umklammert und konnte sich überhaupt nicht erinnern, wie es dazu gekommen war.
    Als man wieder etwas sehen konnte, lag Bertie
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