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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas
Autoren: Dämonenpforte Die
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Geldklemme mehr steckten. Aber bisher war ihm noch nicht eingefallen, wie er ihr von dem Goldschatz erzählen konnte, ohne dabei das Schweigegebot zu brechen.
    Schon vom Hinterhof aus hörten sie, dass der Professor wieder auf der Steinzeitflöte spielte. Sie kämpften sich durch den Garten nach vorne. Hier sah es noch ge nauso wüst wie beim letzten Mal aus – aufgeschüttete Erdhügel wechselten sich mit mindestens zwei Meter tiefen Löchern im Boden ab. Jedes von ihnen länglich und schmal wie die Grube, in der Marthelms Sarg ver senkt worden war.
    Vor knapp drei Wochen oder vielleicht auch vor gut drei Jahrhunderten. So etwas ließ sich an einem Ort wie diesem nie so ganz genau sagen.
    Sie bogen um die Hausecke und traten in den vorderen Hof. Der Professor saß wieder im Schneidersitz am Bo den, im Kreis der aufrechten Moorleichen. Aber heute spielte er eine ganz andere Melodie auf seiner Mammutflöte – schwermütig, schmerzerfüllt.
    Als er Marian und Billa bemerkte, nahm er das Steinzeitinstrument von seinen Lippen. »Gut, dass ihr kommt«, sagte er gedämpft. »Ihr müsst mir helfen – diese neun Brüder hier zur Ruhe zu betten, wenn ich bitten darf.«
    »Sie wollen sie wieder begraben?«, fragte Marian.
    Bußnitz flötete einige todtraurige Takte. »Ihre Gräber warten schon«, sagte er dann. »So, wie ich auf euch bei de gewartet habe, um diese Sache hier zu Ende zu bringen.«
    Unheimlich behände sprang er auf und schnippte sich eine fadendünne Haarsträhne aus der Stirn. »Die Grenze zwischen Gut und Böse, Heil- und Schadenzauber ist haarfein und doch kann man sie eigentlich kaum übersehen«, fuhr er fort. Ging dabei zwischen seinen Baumsärgen auf und ab, dozierend wie im Hörsaal. »Nur weil wir selber Angst vor dem Sterben haben, besitzen wir noch lange nicht das Recht, mit dem Leben, den Seelen und Geistern anderer Kreaturen zu spielen. Das haben wir im Grunde immer gespürt, aber wir wollten es nicht wahrhaben.« Er steckte seinen Kopf zwischen zwei Baumsärgen hindurch und deutete mit seiner Knochenflöte auf Marian. »Warum ich dir das erzähle? Damit nicht auch du diesen Fehler, diesen schrecklichen Frevel begehst.«
    Wahrend Marian noch über seine Worte nachdachte, begann der Professor wieder auf der Flöte zu spielen. Eine ganz simple Melodie, aber so schwermütig, dass einem schon vom Zuhören die Tränen kamen.
    »Mit ›wir‹ meinen Sie Marthelm und sich selbst, oder?«, fragte Marian.
    Hanno Bußnitz nickte. »Wir waren beide besessen von der Idee, den Tod zu überlisten – Marthelm noch mehr als ich. Die Körper sind sterblich, aber was hindert unse re Geister, von einem Leib in den nächsten zu springen, von Leben zu Leben, von Welt zu Welt?«
    »Marthelm jedenfalls hat sich nicht hindern lassen«, warf Billa ein.
    Der Professor zuckte mit keiner Wimper. »So haben wir häufig herumgesponnen«, fuhr er fort, »die Verrücktheit zweier alter Männer, die nicht einsehen wollen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Und dabei haben wir wohl ein wenig aus dem Blick verloren, dass vielleicht gar nicht jedermann unsere Besessenheit teilt. Dass gar nicht jeder für alle Zeit auf dieser Erde leben will – geschwei ge denn, von den Toten wieder auferweckt werden.« Er schwenkte einen Arm im Halbkreis. »Das Moor da draußen ist ein friedloser Ort, voller Dämonen und Gespenster. Wahrscheinlich haben diese Brüder hier nur deshalb so grauenvoll geheult. Jedenfalls werden sie mir dankbar sein, wenn sie in meinem Garten zum guten Schluss doch noch ein ruhiges Plätzchen finden.«
    In einiger Entfernung quäkte eine Hupe.
    »Mann, Marian – das ist deine Mutter«, sagte Billa. »Lass uns hier schnell machen, sonst fängt sie wirklich noch an …«
    »Okay«, fiel ihr Marian ins Wort, ehe Billa aufzählen konnte, was so alles auf Lindas schwarzer Liste stand. »Wie können wir Ihnen hier helfen, Professor?«
    Bußnitz klemmte sich die Flöte unter den Arm und trat händereibend zwischen den Baumsärgen hervor. »Nun, deine Freundin hat uns schon einmal eindrucksvoll ge zeigt, was sie auf dem Gebiet der Teleportation zu leisten ver mag. Ich meinerseits werde ihr mit dieser Flöte nach Kräften assistieren. Und was dich betrifft, Marian – du trägst schließlich den Goldstern deines Onkels um den Hals.«
    »Urgroßonkel«, sagte Marian.
    Hanno Bußnitz sah ihn ausdruckslos an. »Sicher ist dir schon aufgefallen«, fuhr er fort, »dass jede Spitze dieses Fünfzacks eine kleine Öffnung aufweist. Sie
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