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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas
Autoren: Dämonenpforte Die
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Pfortenglas hinaus.
    Unterdessen rannte Marian den dunklen Kellergang entlang, auf das Loch in der Mauer zu. Stolperte keuchend die Treppe zum zweiten Keller runter, hörte schon von Weitem den Sprechgesang der Logenbrüder : »Haaa – wooo – huuummm! Haaa – wooo – huuummm!«
    Hinter dem Famulus schoben sich die Golems einer nach dem anderen aus dem Tunnel im Schattenfels her aus. Marian hätte sich am liebsten die goldene Kette vom Hals gerissen, nur um die grässlichen Ungeheuer nicht länger zu sehen. Wie sie sich im Halbkreis um den Famulus aufstellten. Wie die anderen Dämonen vor ihnen zurückwichen, den Platz vor dem Sphärenfenster räum ten. Selbst den mächtigsten und boshaftesten dieser Geister schien es vor den Golems zu grauen.
    Aber statt sich das Pentagramm runterzureißen, rannte Marian weiter, den unteren Kellerflur entlang – und blieb wie zu Stein erstarrt hinter der Biegung stehen.
    Der kleine Raum vor dem Sphärenfenster war mit Logenbrüdern überfüllt. Sie saßen auf den Reihen schwarzer Stühle, standen entlang der Wände, hockten oder kauerten auf dem Boden. Alle intonierten unablässig den immergleichen Sprechgesang. Dazu hoben die Brüder in der vordersten Reihe immer wieder den Kristallkelch, die Silberschale und die goldene Krone empor. Einige der alten Männer, die an den Wänden lehnten, hielten eiserne Armbrüste in den Händen. Die silbernen Spitzen ihrer Pfeile, bemalt mit ma gischen Zeichen, zielten allesamt auf das Pfortenglas.
    »Zur Seite, schnell«, sagte Marian. Sein Atem ging immer noch keuchend, der Schweiß spritzte ihm nur so aus den Haaren. »Weg von der Pforte!«
    Schon bei seinen ersten Worten waren die Logenbrüder verstummt. Die Armbrustschützen ließen ihre Waffen sinken, die Rufer sprangen von den Stühlen und vom Boden auf. Unter ihnen war auch Meister Godobert. Er machte seinen Brüdern ein Zeichen und sie alle schoben sich im Nu an Marian vorbei und hinaus in den Flur. Nur der Meister selbst und der Bruder Türsteher blieben vor dem Pfortenglas zurück.
    »Bist du nun so weit, Marian?«, fragte Godobert mit einem matten Lächeln. »Aber es ist wohl zu spät.«
    »Ist es nicht«, sagte Marian. Mit raschen Schritten ging er zu den beiden Männern.
    Da drüben, hinter dem dunklen Glas, stand Julian. Seine Haare, sein Wams flatterten in dem starken Wind, der in der Dämonenwelt anscheinend ständig wehte. Die Golems umringten ihn, schauten in dumpfer Ergebung zu ihm herab. Und gerade in diesem Moment hob Julian eine Hand und öffnete seinen Mund – zweifellos, um eine Formel zu schreien, damit ihm die Ungeheuer durch die Pforte folgten.
    Auch Marian hob nun seine beiden Arme empor. Eigentlich hatte er dem Famulus ein Zeichen geben, ihn durch energisches Armwedeln zur Umkehr bewegen wollen. Doch Godobert und Torgas schienen seine Bewegung anders zu verstehen – oder sie hatten sich entschlossen, nicht länger zu warten. Jedenfalls packten sie Marian blitzschnell bei den Armen, drehten ihn mit dem Rücken zum Pfortenglas und drückten ihn dagegen.
    »Die Hände oben behalten«, sagte Godobert, »die Beine leicht gespreizt.« Er wich zur Seite hin zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    »Und Kopf und Hals aufrecht«, ergänzte Torgas, während er dem Beispiel seines Meisters folgte.
    Marian wollte einen Arm herunternehmen, den Zettel mit der magischen Formel aus der Tasche ziehen, doch es war zu spät. Das Pfortenglas saugte ihn in sich hinein. Wölbte sich um seinen Hinterkopf. Floss ihm über Hän de, Schläfen, Schultern. Legte sich wie Spangen um seine Arme.
    »Die Formel«, sagte er. »Schnell, Godobert, wie geht die?«
    Der Meister riss die Augen auf. »Ich weiß sie nicht auswendig – wo ist der Zettel, auf dem ich sie dir aufgeschrieben habe?«
    »In meiner linken Hosentasche. Na los, geben Sie ihn mir.«
    Godobert und Torgas wechselten angstvolle Blicke. Der alte Türsteher schüttelte den Kopf wie im Krampf. Meister Godobert machte einen Schritt auf Marian zu und blieb wieder stehen. »Ich bin nicht dazu berufen«, sagte er in kläglichem Tonfall. »Wenn ich dich oder das Glas jetzt berühre …«
    Marian konnte ihn nur noch mit Mühe verstehen. Tie fer und tiefer saugte ihn das Sphärenfenster in sich hinein. Schon umschloss es seine Arme und Beine, kroch über seine Flanken, begann seine Ohren zu verschließen. Schon begann es vor innerer Spannung zu knistern und zu knirschen – nur noch wenige Augenblicke, dann wür de es zerplatzen, ihn
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