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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas
Autoren: Dämonenpforte Die
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vollends hinüberreißen in die tosende, tödlich kalte Dämonenwelt.
    Warum nur hatten ihn die alten Männer ins Glas gedrückt, bevor er den Zettel hervorgeholt hatte? Doch es war sinnlos, ihnen jetzt noch ihren Fehler vorzuhalten. »Versuchen Sie’s«, sagte er zu Godobert, »es ist unsere letzte Chance!«
    Aber die beiden standen nur wie gelähmt da und starrten abwechselnd auf Marian und das Fenster um ihn herum. Hinter ihm begann der Famulus einen Zwingspruch zu rufen, doch Marian verstand nicht, was er schrie. Er hörte nur das Dröhnen seiner Stimme und brüllte mit letzter Kraft dagegen an: »Die Formel, Godobert – sonst ist alles vorbei!«
    Der Meister schüttelte den Kopf. »Es ist sowieso zu spät. Dann lieber auf dieser Seite sterben. Warum bist du nicht früher gekommen? Jeder Mann, der dich oder die Pforte jetzt berührt, wird für immer in die Hölle dort drüben entrückt.«
    »Dann muss da wohl eine Frau ran.«
    Torgas und Godobert schnellten regelrecht herum. »Eine Frau?«, wiederholten sie wie aus einem Mund.
    Billa kam hereingerannt, auf der Schulter den Papagei. »Was muss ich machen?«, rief sie Marian zu.
    »Der Zettel … linke Jeanstasche!« Er schrie gegen das Tosen hinter ihm an. »Lies vor!«
    Im nächsten Moment war sie bei ihm, ihre kleine Hand glitt in seine Tasche, tauchte mit dem Zettel wieder hervor. Marian sah es nur in den Augenwinkeln, sein Kopf steckte schon zu zwei Dritteln im Pfortenglas. Das in diesem Moment zu zerplatzen begann – eisige Kälte fiel ihn von hinten an wie ein Rudel Wölfe.
    Billa stellte sich ganz dicht vor ihn. Sie hob sich auf die Zehenspitzen, brachte ihren Mund so nah wie überhaupt noch möglich an sein Ohr . »Sykoristei«, schrie sie. »Modahiranem! Elohestomai! Schnell, Sweetheart – die Golems latschen schon los!«
    Sie löste sich von ihm und machte mehrere schnelle Schritte rückwärts. Der Papagei saß noch immer auf ihrer Schulter – er war so wenig wie sie selbst entrückt wor den.
    »Sykoristei«, brüllte Marian. »Modahiranem! Elohestomai!« Oder hoffte zumindest, dass er es geschrien hatte, denn im Donnern der Dämonen und Stampfen der Golems konnte er sein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Jemand hämmerte ihm seine Fäuste auf Rücken und Schultern – der Famulus oder vielleicht sogar eines seiner Ungeheuer. Marian kam beinahe um vor Angst und Schmerzen, aber er schrie noch mal die einzige Formel, die sie jetzt noch retten konnte. »Sykoristei! Modahiranem! Elohestomai!«
    Vielleicht hatte Godobert auch den falschen Spruch herausgesucht. Höchstwahrscheinlich sogar, dachte Ma rian. Das Tosen hinter ihm wurde immer lauter. Die Schläge auf seinen Rücken taten so weh, als ob ihm jeder einzelne Knochen zertrümmert würde. Dazu die tödliche Kälte. Und mit jeder Sekunde saugte ihn die Pforte wei ter in die Schattenwelt hinüber.
    Doch dann rief er den Spruch zum dritten Mal.
    Und im selben Moment hörte alles auf.
    Das Tosen. Die Schläge. Der Sog.

79

    Marian machte einen Schritt nach vorn und seine Beine gaben unter ihm nach. Er wäre ganz einfach hingefallen, zwischen Stühlen und Armbrüsten auf den Boden ge kracht, doch mit einem Satz war Billa bei ihm. Warf sich auf die Knie, fing ihn in ihren Armen auf.
    Für einen langen Moment schaute er nur in ihr lä chelndes Gesicht hoch, wollte nie mehr irgendwas ande res ansehen. Nur Billas Lächeln, ihr Augenblau, den regenbogenbunten Vogel auf ihrer Schulter.
    »Schau doch, Sweetheart.« Mit dem Kopf deutete sie zur Stirnwand. Marian setzte sich auf. Wo eben noch das Pfortenglas gewesen war, mit dem Famulus dahinter, den Golems, den Unmengen von Dämonen, befand sich jetzt nur noch roh behauener Fels. Glitzernd feucht, hier und dort mit Schimmel überzogen – es sah nicht viel anders aus als die restlichen Wände in diesem Kellerraum.
    Außer dass da ins Gestein ganz deutlich die Umrisse eines Menschen eingedrückt waren. Zum V gespreizte Arme, die Beine leicht auseinandergestellt. Der Kopf so aufrecht wie überhaupt möglich.
    »Sieht aus, als ob da jemand mit dem Kopf durch die Wand wollte«, sagte Billa.
    Marian rappelte sich auf. Seine Knie fühlten sich noch ziemlich weich an. Er trat vor die Wand, befühlte die Dellen, die er mit seinem Kopf, mit Händen und Hacken allem Anschein nach in den Fels gedrückt hatte. »Mannomann«, sagte er.
    Und dann vergaß er seine weichen Knie genauso wie die Dellen im Stein. Ungefähr drei Handbreit über der Stelle, wo sein Kopf in der
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