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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition)
Autoren: Guido Knopp
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Plauderton unterhielt er sich mit dem Piloten Bob Foster über die Schönheit der bayerischen Landschaft, über Flugzeuge und darüber, wie die Luftwaffe während des Krieges Autobahnen als Startfläche genutzt hatte. Wieder auf der Erde, mag ihn zum ersten Mal eine böse Ahnung des Kommenden beschlichen haben. Bei der Ankunft wurden ihm Waffen und Orden, die Insignien seiner einstigen Macht, abgenommen, am Nachmittag begann das Verhör. Geführt wurde es vom Befehlshaber der amerikanischen Luftstreitkräfte in Europa, General Carl F. Spaatz, dem bekannten Luftkriegtheoretiker Alexander de Seversky und Generalleutnant Hoyt Vandenberg. Voller Bedauern antwortete der gescheiterte Chef der deutschen Luftwaffe auf eine der Fragen: »Ich war immer für die strategische Verwendung der Luftmacht. Ich habe die Luftwaffe als die beste Bomberflotte aufgebaut und musste mit ansehen, wie sie sich in Stalingrad verzettelte. Meine schöne Bomberflotte wurde zum Munitionstransport und zur Versorgung einer Armee missbraucht. Ich war immer gegen den Russlandfeldzug.«
    Einen Tag später, am 11. Mai, führten die Amerikaner ihren prominentesten Gefangenen der Presse vor. Göring nutzte die Gelegenheit, den anwesenden 50 alliierten Journalisten seine Sicht der Dinge darzustellen: Bormann habe gegen ihn intrigiert, Hitler habe kein einziges schriftliches Wort hinterlassen, dass Dönitz sein Nachfolger werden sollte. Er selbst sei immer gegen den Russlandfeldzug gewesen. Als er nach den Vernichtungslagern gefragt wurde, leugnete er jedes Mitwissen: »Ich war niemals in so engem Kontakt zu Hitler, dass er mit mir über diese Sache gesprochen hätte.« Doch die internationale Öffentlichkeit ließ sich so leicht nicht täuschen: »Hermann Göring ist ein für alle Mal ein böser, grausamer Mörder, der vor Gericht gehört«, war am 12. Mai im Londoner Chronicle zu lesen. »Nur weil er dick ist, ist er noch nicht gutmütig; auch wenn er lacht, kennt er keine Barmherzigkeit; und aufgrund seiner Vergangenheit ist er ein Verbrecher.« Die Presse kritisierte außerdem, Göring werde in Augsburg zu gut behandelt. Als Reaktion hierauf wurde er in die Verhörzentrale der 7. Armee nach Wiesbaden verlegt. Am 20. Mai brachte man ihn von dort nach Luxemburg, in das Grandhotel des kleinen Kurorts Mondorf-les-Bains.

     
    »Böse Ahnung des Kommenden«: Vor dem ersten Verhör in Augsburg muss der Reichsmarschall seine Orden und Ehrenzeichen ablegen

     
    »Großer Schauspieler und ein raffinierter Lügner«: Göring hegte die Hoffnung, von den Alliierten als gleichwertiger Verhandlungspartner akzeptiert zu werden
    In seinem neuen Quartier gab Göring die Hoffnung auf, Eisenhower je zu Gesicht zu bekommen. Sein Zimmer im vierten Stock war nur mit dem Notdürftigsten ausgestattet, an der Tür hatte man innen das Schloss und den Griff abmontiert – er war, das musste er nun einsehen, nichts als ein gewöhnlicher Kriegsgefangener. Wenige Tage später trafen alte Bekannte in Mondorf ein, die wie er gehofft hatten, mit den Siegermächten verhandeln zu können und nun ebenfalls verhaftet waren: die gesammelte Regierung Dönitz, allen voran der Großadmiral persönlich, der für 23 Tage das geworden war, was Göring immer gewünscht hatte: Hitlers Nachfolger. Seit Hitlers Geburtstag in der zerstörten Reichskanzlei, einen Monat zuvor, war so viel braune Prominenz nicht mehr an einem Ort versammelt gewesen. Eifersüchtig machte Göring Dönitz sofort den ersten Rang unter den Gefangenen streitig. »Ich bin immer der zweite Mann im Staat gewesen«, erklärte er Dönitz’ Adjutanten, »und wenn es jetzt ans Hängen geht, so dürfen Sie sicher sein, mein Kopf ist der erste!«
    »... und trotz gegenteiliger Gerüchte ist er alles andere als geistesgestört. Vielmehr dürfte er ein ganz ›gewiefter Kunde‹, ein großer Schauspieler und ein raffinierter Lügner sein, der... glaubt, damit noch einige Trümpfe in der Hand zu haben...«
    Analyse des US-Geheimdiensts nach der Festnahme Görings
     
     
    Unterdessen waren die Amerikaner in Berchtesgaden auf die riesige Kunstsammlung gestoßen, die Göring mit Sonderzügen aus Carinhall hatte evakuieren lassen. Der größere Teil befand sich noch immer verpackt in Waggons, die auf dem Berchtesgadener Bahnhof und einem Tunnel bei Unterstein abgestellt waren. Teile der Ladung waren bereits durch französische Soldaten, die als Erste einmarschiert waren, und die einheimische Bevölkerung geplündert worden – bis heute
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