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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist
Autoren: Lindsey Davis
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die Vorstellung, mich den goldenen Ring der Equites, der Ritter, tragen und wie einen gewichtigen Mann auftreten zu sehen, stets unangenehm gewesen. Meistens schuldete er mir Geld für meine geheimen Aufträge und würde sich liebend gern vorm Bezahlen drücken wollen. Außerdem hegte einer seiner Söhne zärtliche Gefühle für eine gewisse junge Dame, die es vorzog, mit mir zusammenzuleben; gleichzeitig war ich mit dem anderen seit langem verfeindet. Beide, sowohl Titus als auch Domitian, konnten ihren Papi gebeten haben, mich abzuservieren. Und wer mag schon einen Mietling, der alle Aufträge prompt erledigt, dann mit fröhlichem Lächeln zurückkommt und eine Riesenbelohnung erwartet, aber bitte in bar?
    »Ich weiß nicht, warum du immer noch für ihn arbeitest«, grummelte Petronius wütend.
    »Ich arbeite für mich«, behauptete ich.
    »Das ist ja ganz neu!«
    »Es ist die Wahrheit. Selbst wenn das verdammte Sekretariat mir eine unkomplizierte Aufgabe anbietet, mit festem Honorar und großzügigen Spesen, würde ich nicht annehmen. Von jetzt an übernehme ich nur noch private Aufträge – was ich ja schließlich auch tun mußte, nachdem mich der dämliche Anacrites mit seinen hintertückischen Spielen in Arabien in die Scheiße geritten hatte.«
    »Du bist ein Dummkopf«, erwiderte Petronius ungläubig. »Du kannst der Herausforderung doch nie widerstehen. Ein Nicken des Mannes in Purpur, und du kommst zurückgekrochen.«
    Ich griff nach dem Krug und goß uns beiden Wein nach. Er schmeckte immer noch wie eine Arznei gegen die Schweinepest. »Petro, der Mann in Purpur hat nicht versucht, mich an einen Kamelhändler zu verschachern.«
    Egal, was ich von der Kaiserwürde hielt, Vespasian war ein völlig gradliniger Mann. Sogar Petronius mußte das widerstrebend zugeben. »Na gut, dann war es eben der Spion, Falco. Wo liegt da der Unterschied?«
    »Wer weiß? Aber Anacrites denkt, ich verrotte in irgendeiner Wüstenzitadelle; das könnte der Hebel sein, den ich brauche, um ihn fertigzumachen. Ich werde Vespasian meine Reiseaufzeichnungen geben, bevor der Spion mitkriegt, daß ich noch am Leben und wieder in Rom bin.«
    Es tat gut, meine Wut loszuwerden, aber da waren bessere Gesprächsthemen. »Komm zum Essen, wenn wir uns wieder eingerichtet haben – bring Silvia und die Mädchen mit. Wir feiern Wiedersehen und erzählen unsere aufregenden Reisegeschichten.«
    »Wie geht’s Helena?« fiel Petro ein, nachdem ich seine Frau und die Kinder erwähnt hatte.
    »Gut. Und nein, wir sind weder verheiratet noch haben wir es vor; kein Streit und keine Trennungspläne.«
    »Irgendwelche Anzeichen bevorstehender Vaterschaft?«
    »Wo denkst du hin!« schnaubte ich wie ein Mann, der sein Privatleben im Griff hat. Hoffentlich merkte Petro nicht, daß ich nur bluffte. »Wenn mir diese Ehre zuteil wird, bist du der erste, der es erfährt … Olympus! Mit dir zu reden ist ja schlimmer als mit meiner Mutter.«
    »Wunderbare Frau«, bemerkte er in seiner aufreizenden Art.
    Ich fuhr mit einem Gefühl falscher Zuversicht fort. »Oh, ja, Mama ist eine Zierde der Gesellschaft. Wenn alle auf dem Aventin so wären wie meine Mutter, hättest du nichts mehr zu tun. Leider gibt es da aber noch Leute wie Balbinus Pius – über den du mir immer noch die eine oder andere Erklärung schuldest.«
    Diesmal klappte die Ablenkung. Mit zufriedenem Grinsen warf Petronius den Kopf zurück und streckte seine langen Beine unter dem Tisch aus. Stolz legte er los und brachte mich auf den neuesten Stand.
     
    »Dir ist ja wohl klar«, begann Petro mit gespielt heroischer Großartigkeit, »daß wir über den bösartigsten, staatsgefährdendsten Gangsterboss reden, der je seine Klauen in den Aventin geschlagen hat?«
    »Und du hast ihn dingfest gemacht!« Ich grinste bewundernd.
    Er überhörte meinen spöttischen Unterton. »So ist es, Falco!«
    Ich hatte meinen Spaß. Petronius Longus war ein sturer, geduldiger Arbeiter. Ich konnte mich nicht erinnern, ihn je prahlen gehört zu haben; gut, daß er sich wenigstens einmal über seinen Erfolg freute.
    Einige Zentimeter größer als ich, schien er sogar noch gewachsen zu sein. Sein ruhiges Auftreten verbarg im allgemeinen, wie kräftig er gebaut war. Mit seinen langsamen Bewegungen und seiner zögernden Sprechweise brachte er Missetäter zur Räson, bevor sie begriffen, was los war, und sobald Petro ein wenig mehr Druck ausübte, brach jeder Widerstand rasch zusammen. Er führte seine Mannschaft ohne
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