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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust
Autoren: Laura Simon
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mehrmals tief einzuatmen. Aber was er zu sagen hatte, hing ja längst deutlich in der Luft.
    »Die Astrologen sagten, dass die Mondfinsternis vor wenigen Tagen ein Zeichen zu unseren Gunsten war. Alle wollten wir das glauben, aber sie haben sich geirrt, es war ein gutes Zeichen für den Feind. Es ist geschehen, was niemals hätte geschehen dürfen: Die dritte Schlacht wurde verloren. Die Assyrer werden heute noch die Stadt einnehmen.«

2 . K APITEL
    Nefertem legte den Arm um Merits Schultern. »Mach dir keine Sorgen, wir sind ein gutes Stück fort. Und in der Nacht können auch mögliche Verfolger nichts tun. Mich kümmert eher, dass ich … fliehen musste.« Er stockte. Es ging gegen seine Ehre, das wusste Merit. Er hatte mit dem Vater noch gestritten, als sie über die Laufplanke an Deck gegangen waren. Aber selbst der Pharao war gen Theben aufgebrochen. Da unten in Theben, sagte Merit sich, würde er ein neues Heer um sich scharen und wieder zurückkehren. Und dann konnte vielleicht auch Nefertem seinen Mut und seine Kühnheit beweisen.
    Vor der Kajüte stehend sah sie zu, wie die Schiffer den letzten Rest des Tageslichtes nutzten, die Barke dorthin zu lenken, wo ein Maulbeerbaum aus dem Fluss ragte. An einem dicken Ast banden sie das Schiff fest. So konnte es niemand vom Ufer aus überfallen. Und die zehn Medjai – wer sollte die nubischen Krieger überwinden?
    »Geh zu Tani in die Kajüte und versuch zu schlafen.« Nefertem nickte in Richtung des kleinen Aufbaus in der Nähe des Hecks. Offenbar war er entschlossen, ihren Schlaf zu bewachen. Dankbar lächelte sie.

    Es war ein anderes Schiff. Ein anderes Bett, kniehoch, mit vergoldeten Pfosten. Die Kajüte war so groß wiedie Empfangshalle daheim. Solche riesigen Schiffe gab es nur im Traum. Merit träumte, wie sich das Bett unter ihr mit den Wellen des Nils sanft hob und senkte. Eine bronzene Öllampe, an Ketten aufgehängt, schaukelte über ihr. Es war Nacht. Draußen zirpten Grillen. Ruderblätter teilten das Wasser, nur um wenige Augenblicke später laut plätschernd wieder daraus aufzutauchen. In der anderen, der wirklichen Welt herrschte Krieg. Hier war es friedlich und ruhig.
    Wohlig räkelte sie sich auf den zarten Leinenlaken. Ihre Beine hielt sie angewinkelt und weit gespreizt. Ihre Fußgelenke waren mit ledernen Riemen an die Bettpfosten gebunden, doch zunächst kümmerte sie dies nicht. Erst als der Wind durch das geöffnete Fenster blies und ihr über die nackte Scham strich, hob Merit den Kopf und fragte sich, weshalb sie gefesselt war. Und wer es getan hatte.
    Noch war sie nicht beunruhigt. Sie genoss die streichelnde Brise. Es war ein wenig, wie im Dunkeln im Garten zu liegen, jenseits des Lichtkreises einer der in den Boden gesteckten Fackeln, und den Geräuschen der Nacht zu lauschen, dem Lautenspiel einer Musikantin, den Gesprächen des Vaters mit Bediensteten und Besuchern, den innigen Augenblicken, die sich ein Wachtposten mit einer Dienerin stahl. Aber war sie denn allein? Sie versuchte in die düsteren Ecken des Raumes zu spähen. Dort glaubte sie eine Truhe auszumachen, in der anderen Ecke einen Korbstuhl. Und – einen Menschen.
    Das Korbgeflecht knarrte, als er sich erhob. Merit kniff die Augen zusammen, um den Fremden genauer anzuschauen, doch er wollte nicht aus der Dunkelheit hervortreten. Sie erahnte einen Leinenmantel edelsterWebart, unter dem sich ein hochgewachsener, muskulöser Körper abzeichnete. Sie sah kräftige, von Adern und Sehnen bedeckte Hände, doch Schultern und Kopf blieben ihr verborgen.
    Um seinen straffen Bauch lag eine goldene Kette, daran hing der Stab des Gottes Ptah. War dies ihr zukünftiger Gemahl, der Sohn des Hohen Priesters? Hatte er sie auf seine Barke holen lassen, um sie genauer zu begutachten? Gleichwohl, so vor ihm zu liegen, war unwürdig. Sie schützte mit einer Hand ihre Scham und drehte den Kopf zur Seite. Dennoch beobachtete sie ihn weiterhin aus den Augenwinkeln.
    Er bewegte sich langsam auf sie zu. Von seiner Schulter rutschte das Leinen und bauschte sich auf seinem Arm. Eigenartig, das Licht schien vor ihm zurückzuweichen, denn alles oberhalb seiner Brust blieb im Dunkeln. Umso deutlicher war alles andere: seine gebräunte Haut. Der schattige Bauchnabel, über dem der kleine goldene Stab pendelte. Die Hand, die den Stoff vor sein Geschlecht hielt.
    Die andere Hand streckte sich nach ihrer aus. Eine unmissverständliche Geste: Er wollte, dass sie ihre Hand fortnahm. Und sie
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