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Glücksgriff

Glücksgriff

Titel: Glücksgriff
Autoren: Jill Mansell
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ernsthaft damit üben, damit ich meinen Neffen mit meinen Fähigkeiten beeindrucken kann. Und ich brauche jemanden, der mich wieder entwirrt, wenn alles schief geht.« Er zögerte. »Hast du Lust auf eine Fahrt zum Parliament Hill?«
    »Ihn mit deinen Fähigkeiten beeindrucken?«, sagte Miranda. »Dann lass uns lieber ein Zelt mitnehmen. Es könnte Jahre dauern.«
    Dannys Mund begann zu zucken.
    »Ist das deine charmante Art, ja zu sagen?«
    Entschlossen, ihm nicht zu zeigen, wie hocherfreut sie war, erwiderte Miranda: »Tatsächlich ist es meine charmante Art zu sagen: Ach zum Teufel, ich könnte etwas Lachen vertragen.«
     
    Wann war sie das letzte Mal mit Florence hier heraufgekommen? Es musste im letzten April gewesen sein, überlegte Miranda. Und jetzt war es November, doch die Drachen waren immer noch voll da.
    Auch die Sonne war da und strahlte von einem wolkenlosen hyazinthblauen Himmel, doch es war kälter als damals, ein eisiger Wind aus Nordosten fuhr durch Mirandas Haar und betäubte ihre nackten Ohrläppchen.
    Überall auf dem Hügel rannten Kinder herum, die gegen die Kälte eingepackt waren. Sie kämpften darum, die Kontrolle über wild herumflatternde Drachen und über Meilen von entrollter Nylonschnur zu erlangen. Die Erwachsenen, die ihre Kinder zu gymnastischen Leistungen olympischer Reife beschwatzten, harrten aus und rührten sich kaum vom Fleck.
    Wie verrückt herumzurennen und von der eigenen Drachenschnur erwürgt zu werden, war eindeutig etwas sehr Unreifes.
    Um seinen Neffen zu beeindrucken, hatte Danny einen Monsterdrachen gekauft, knallrot und mit zwei Flügeln und so unkontrollierbar wie ein Nashorn in Rage. Jedes Mal, wenn Miranda ihn in die Luft warf, hüpfte er für ein paar Sekunden himmelwärts, lullte sie beide in ein falsches Sicherheitsgefühl ein, bevor er mit voller Kraft wieder auf die Erde stürzte. Zweimal hatte er ihren Kopf nur um Zentimeter verfehlt, und sie hatte lernen müssen, sich aus seiner Bahn zu ducken. Als sie dran war mit ihrem Flugversuch, trudelte er prompt in den nächsten Baum.
    Danny kletterte auf den hohen Ast, um den sich die Schnur gewickelt hatte.
    Fitter Körper. Sehr fit, musste Miranda einfach bemerken. Ungefähr zum hundertsten Mal in der letzten Stunde.
    »Ich weiß nicht, warum du dich noch bemühst«, schrie sie hinauf zu ihm. »Dieser Drachen ist ein Psychopath. Er verdient es nicht, gerettet zu werden. Du solltest ihm eine Lektion erteilen und ihn dort verrecken lassen.«
    Der Drachen wurde endlich inmitten einer Flut von fallendem Laub befreit. Danny schwang sich von dem Ast herunter und landete neben Miranda. Nachdem er sie kurz angeschaut hatte, machte er sich daran, sich etwas Rinde von seinen Jeans zu wischen.
    »Die Sache ist die: Mit manchen Drachen ist es leicht, man kommt sofort mit ihnen zurecht. Andere brauchen etwas Arbeit. Entweder kann man aufgeben, oder man bleibt hartnäckig. Aber wenn du es am Ende schaffst … nun, dann war es das auch wert.«
    Mirandas Nase und Wangen waren rosa vor Kälte. Sie hatte die Ärmel ihrer wärmsten Jacke über ihre Finger gezerrt, und ihre Arme waren um ihre Taille geschlungen, doch sie zitterte immer noch. Sie sah zu, wie der Drachen über das Gras glitt, nach oben hüpfte und dabei an seiner Leine zerrte wie ein verrückt gewordener Rottweiler.
    »Bring ihn zum Tierarzt. Lass ihn einschläfern. Wenn du wirklich deinen Neffen beeindrucken willst, fang besser mit Rollerblades an.«
    »Du frierst ja. Hier, zieh meine Jacke an.« Danny zog sie aus und legte sie ihr um die Schultern.
    »Ich dachte nicht, dass es so k-kalt sein würde.« Heimlich schnüffelte Miranda am Kragen der Jacke und atmete eine Lunge von dem ach so vertrauten Rasierwasser ein. »Ich nehme an, du hast versucht, deine Freundin dazu zu überreden, mit dir herzukommen, aber sie hatte mehr Verstand.«
    Da, endlich geschafft! Sie hatte das Thema ins Gespräch gebracht, doch auf so geschickte und beiläufige Art, dass er nicht erraten würde, wie lange sie schon danach dürstete, es anzusprechen.
    »Freundin«, meinte Danny nachdenklich und holte den Drachen wieder zu sich heran.
    »Du erinnerst dich. Blond. Schick aussehend. Winkt dir so zu.« Miranda wedelte auf pseudofreundliche Art mit den Fingern und ahmte das Mädchen nach, das sie in seinem Auto gesehen hatte.
    Sie bemühte sich, nicht zickig zu klingen. Das würde gar nichts bringen.
    »Ich glaube, du sprichst über meine Schwester«, sagte Danny. »Caroline. Eddies Mutter.«
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