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Glückliche Ehe

Glückliche Ehe

Titel: Glückliche Ehe
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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auch etwas Gutes.
    Er ging nach unten, informierte Rebecca über Margarets Zustand und bedankte sich bei ihr, dass sie sich bereit erklärt hatte, in Gregs Zimmer zu übernachten, für den Fall, dass er sie brauchte. Er erreichte Max auf dem Handy. Er war mit Lisa aus und erklärte Enrique, dass er diese Nacht nicht nach Hause kommen werde, aber mittags wieder da sei, falls sein Vater ihn brauche. Enrique rief Greg an, der morgen wiederkommen würde, um bei seiner Mutter zu wachen, und gab ihm ebenfalls ein kurzes Bulletin durch. »Jetzt geht es ihr ganz gut«, sagte er, was stimmte, aber andererseits auch gelogen war. Diese seltsame Aussage wiederholte er Leonard gegenüber, als er Margarets in Great Neck versammelter Familie den täglichen Bericht erstattete. Leonard sagte, sie würden am nächsten Mittag kommen, nachdem sie ja jetzt zwei Tage nicht da gewesen seien. Enrique brachte einfach nicht den Mut auf, sie zu bitten, nicht zu kommen. Wenn Margaret nun gerade zu Bewusstsein kam, währendsie an ihrem Bett saßen? Er beschloss, Rebecca oder sonst jemanden, der gerade da war, zu bitten, Dorothy und Leonard unten mit irgendetwas zu beschäftigen.
    Er pumpte eine Luftmatratze auf, weil er Angst hatte, sich in Margarets Magensonde oder den Tropfschläuchen zu verfangen. Er schob die Luftmatratze ganz ans Fußende des Betts, damit er sie im Schlaf auf jeden Fall hören würde. Nachdem er ein paar Minuten zu lesen versucht hatte, fiel ihm der Kopf aufs Buch. Um halb zehn machte er alle Lichter aus, lag im Dunkeln und horchte auf Margarets Atemgeräusche.
    Er schrak mit hämmerndem Herzen hoch. Aus Margarets Bett kam ein Wimmern. Es waren seltsame, unglückliche Laute. Er machte Licht an. Er begriff nicht, was er sah. Eine dicke grün-weiße Schlange schlängelte sich seitwärts über die Matratze. Sie schien ihre Beute mitzuschleifen. Er stand einen Moment da und rieb sich die Augen. Schaute dann wieder hin. Margaret hatte sich im Laken und einer grünen Decke verheddert, er konnte sich nicht erinnern, diese Decke über sie gebreitet zu haben. Margaret wand sich unbehaglich, zog den dicken Schlauch und den PEG-Beutel mit.
    Er hatte Mühe, ihren Kopf auszumachen. Ihre Beine waren entblößt, ihr Rumpf in ein Chaos aus Laken und Decke verwickelt. Während er sie vorsichtig auswickelte, hatte er Angst, sie könnte sich strangulieren. Sie schien nicht zu wissen, was sie tat oder wo sie war. Sie bewegte sich blind, die Augen fest geschlossen, schien aber irgendetwas im Bett zu suchen, denn sie kroch auf der ganzen Matratze herum. Er konnte sich nicht denken, was sie, selbst im Delirium, zwischen den Laken zu finden hoffte. Er fragte: »Margaret, was möchtest du?«, bekam aber keine Antwort. Er versuchte, sie zuzudecken, aber sie kroch weg, zum Fußende. »Möchtest du auf die Toilette?«, fragte er und wusste selbst nicht, wie er auf eine so unwahrscheinliche Idee kam, bis ihm bewusstwurde, dass er Exkremente roch. Er zog das Decklaken weg, und das Rätsel war gelöst.
    Sie hatte ins Bett gemacht – breiiger Durchfall. Durch die Bewegungen hatte sie ihren Slip, die Rückseite ihres T-Shirts und den mittleren Teil des Spannlakens gründlich verschmiert. Sie versuchte wahrscheinlich, dem unangenehmen Gefühl und dem Geruch zu entkommen, wollte aber dabei weiterschlafen. »Margaret, ich bin gleich wieder da. Bleib ruhig«, sagte er, besorgt, dass sie aus dem Bett fallen könnte. Weil sie halb delirierte, war diese Ermahnung wahrscheinlich vergeblich, aber vielleicht drang ja doch etwas davon in ihr Unterbewusstsein. Er musste sie kurz allein lassen und holen, was er brauchte, um die Bescherung zu beseitigen. »Margaret, ich bin gleich wieder da, okay? Ich mache das schon. Keine Sorge.«
    Er rannte hinunter, ohne daran zu denken, dass er barfuß war und die Treppe rutschig. In der scharfen Biegung der Treppe glitt sein rechter Fuß weg. Schon im Fall krachte er mit der linken Schulter gegen die Wand. Das war zwar schmerzhaft, so gelang es ihm aber, das Geländer zu packen und zu verhindern, dass er kopfüber die letzten fünf Stufen hinabstürzte. Er landete auf dem Hintern, und die Erschütterung ging ihm bis in den Schädel. Aber offensichtlich war nichts gebrochen. Von dem Schreck raste und hämmerte sein Herz so heftig, dass er es durch die Rippen fühlen konnte. Er schnauzte sich selbst an: »Krieg jetzt bloß keinen Herzinfarkt. Warte gefälligst bis nächste Woche.« Dann rief er: »Rebecca?«, für den Fall, dass
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