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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst
Autoren: Edith Kneifl
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zu kommen, das ich nun einmal brauche, um dieses verdammte Leben halbwegs zu ertragen. Heinz war ein idealer Lieferant, nicht nur für mich. Da er selber abhängig war, wuchs ihm das Geschäft bald über den Kopf. Ich nehme an, er war schwer verschuldet und hat sich nicht mehr anders zu helfen gewusst als durch Erpressung. Aber keiner war bereit zu zahlen. Meine Mutter hat ihn mit ein paar läppischen Euros abgefertigt, und der Roither-Bauer hat erst gar nicht daran gedacht, ihm was von seinem Vermögen abzugeben. Auch ich habe ihm nicht geholfen, obwohl er mich mehrmals um größere Summen gebeten hat. Größenwahnsinnig, wie er war, hatte er eine Lieferung Kokain bestellt, die er nicht bezahlen konnte. Die Hälfte davon hat er selbst konsumiert. Seine Lieferanten saßen ihm im Nacken und das sind keine Kleinkriminellen. Er war total verzweifelt, hatte Angst um sein Leben. Nur deshalb hat er versucht, uns zu erpressen.“
    „Von Erpressung ist es kein weiter Weg mehr zu Mord“, sagte ich leise. „Aber diese sadistische Zerstückelung der Leiche lässt sich wohl nicht durch seinen Größenwahn und seine soziale Benachteiligung erklären. Er ist ein gefährlicher Psychopath, Albert.“
    „Der Heinz fühlte sich hundeelend, glaub mir. Er ist kein psychopathischer Sexualmörder. Er hat die Leiche nur zerstückelt, weil er sie so leichter wegschaffen konnte.“
    „Du meinst also, er hat aus rein praktischen Überlegungen den Kopf und die Extremitäten vom Körper getrennt? Um sie leichter in Müllsäcke stopfen zu können?“
    „Bitte hör auf, Joe. Mir wird … schlecht“, stammelte Albert.
    Mein Mitleid mit ihm hielt sich in Grenzen. „Erklär mir bitte, wie es zu so einer grausamen Tat kommen konnte.“
    „Ich könnte mir vorstellen, dass er den Roither-Bauern im Drogenrausch umgebracht hat. Er hat mir gegenüber so etwas angedeutet. Die Leiche hat er am selben Abend zersägt und dabei ist ihm der Kopf ins Wasser gefallen. Er hat ihn im Finstern nicht mehr gefunden. Wir haben im Bootshaus kein Licht.“
    „Und dann ist er mitten in der Nacht hinausgerudert, um die Säcke mit den Leichenteilen zu versenken?“
    „Er war nicht bei Sinnen, als er …, er wusste nicht, was er tat, glaub mir …“ Albert sprach noch leiser als ich.
    „Mario behauptete, der Heinz würde nur kiffen.“
    „Mario ist naiv. Der Heinz war ein Kokser und auf Ecstasy, und das schon seit Jahren.“
    „Das ist keine Entschuldigung.“
    „Ich will ihn nicht entschuldigen, ich will dir nur erklären, dass er ein zurückhaltender, schüchterner Mensch ist, fast devot. Auf jeden Fall sehr höflich und hilfsbereit.“
    „Hinter dieser Maske verbergen sich immer die Aggressiven“, warf ich ein.
    „Das mag ja sein, aber er ist nicht das Monster, das er zu sein scheint. Nur wenn er eingekokst oder betrunken war, wurde er manchmal aggressiv. Da ich die Ursache kannte, verzieh ich ihm jedes Mal seine großspurigen Anwandlungen und auch seine Wutanfälle.“
    „Wieso hast du ihm geholfen? Ihn sogar in deinem Haus versteckt? Ich begreife das nicht“, unterbrach ich ihn. „Du, der nicht nur den abgeschnittenen Kopf, sondern auch andere Leichenteile gesehen hat. Wie konntest du nur, Albert?“
    „Er war so verzweifelt, er wusste nicht, wohin. Natürlich habe ich ihm geraten, sich der Polizei zu stellen, habe ihm angeboten, ihn zur nächsten Wachstube zu begleiten. Er hat gedroht, sich umzubringen. Du wirst verstehen, dass ich den Gedanken, Schuld an seinem Tod zu haben, nicht hätte ertragen können.“
    „Momentan verstehe ich gar nichts und will auch nichts verstehen. Lass uns zu den anderen gehen. Ich bin kaputt, ich brauche dringend Schlaf.“
    Als wir die steile Treppe hinaufgingen, nahm ich Alberts Arm. Ich war etwas wackelig auf den Beinen.
    „Bist du doch verletzt?“, fragte er besorgt.
    „Nicht ernsthaft. Außer einer Beule und ein paar Abschürfungen dürfte alles heil sein“, sagte ich. „Eines interessiert mich noch: Hast du mit dem Heinz nach seinem Überfall auf mich gesprochen?“
    Albert schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn seit gestern Abend nicht mehr gesehen. Ich nehme an, er ist abgehauen, nachdem er dich …“ Er seufzte. „Er hatte bestimmt nicht vor, dir weh zu tun. Er verehrt dich sehr, Joe.“
    „Das habe ich gemerkt“, murmelte ich.
    „Wie kam es überhaupt zu eurem Zusammenstoß? Hast du ihn in seinem Versteck überrascht?“
    „Ich sah Licht hier im linken Trakt und ging nachsehen. Er erwischte mich,
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