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Gluecklich, wer vergisst

Gluecklich, wer vergisst

Titel: Gluecklich, wer vergisst
Autoren: Edith Kneifl
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als ich gerade die Eingangstür aufbrechen wollte.“
    „Wahrscheinlich fühlte er sich von dir durchschaut und verfolgt, sonst hätte er dich sicher nicht überfallen.“
    Sommer 1979
    Der Sommer hat sich nur kurz verabschiedet. Ein heißer Augusttag neigt sich dem Ende zu.
    Joe und Gisela spielen in der glühenden Nachmittagshitze ein Match am Tennisplatz. Beide wirken ziemlich erschöpft. Gisela wischt sich mit dem Zipfel ihres T-Shirts den Schweiß von der Stirn. „Den Aufschlag habe ich dir schon im zarten Alter von neun Jahren beigebracht“, spottet sie über ihre Tochter, die den Ball gerade ins Aus geschlagen hat. Fluchend holt Joe zum zweiten Aufschlag aus.
    Gisela scheint ernsthaft Schwierigkeiten zu haben, gegen Joe zu gewinnen. Mit knapper Not erwischt sie den Ball. Befördert ihn jedoch ins Netz. Joe jubelt, als hätte sie bereits gewonnen. „Dritter Satz. Tie-Break. 5:5. Aufschlag Gisela“, sagt Philip, der den Schiedsrichter spielt.
    Victor, der sich gerade als einziger Zuschauer zu ihnen gesellt hat, klatscht, ohne zu wissen, wer den Punkt gemacht hat.
    Joe, an Giselas weiche Aufschläge gewöhnt, retourniert mit voller Wucht. Der Ball landet ihrer Meinung nach auf der Linie. Philip entscheidet auf Aus. Trotz ihres heftigen Protests lässt er sich nicht dazu überreden, seine Entscheidung zu revidieren.
    Als Gisela den Aufschlag ihrer Tochter mit Müh und Not erwischt und der Ball für eine halbe Sekunde am Netz halt macht, bevor er auf Joes Seite hinunterholpert, kreischt Joe hysterisch: „Du hast immer nur Schwein!“
    „7:5. Satz und Spiel für Gisela“, sagt Philip, umarmt die Siegerin und gibt ihr ein Küsschen.
    „Du lässt die Kleine wohl nie gewinnen“, flüstert er ihr ins Ohr.
    „Sie muss lernen, mit Anstand zu verlieren, bevor sie gegen andere Leute spielt. Als sie klein war, hat sie nach einem verlorenen Spiel regelmäßig einen Heulkrampf gekriegt.“
    „Vielleicht hättest du ihr lieber beibringen sollen zu gewinnen. Verlieren lernen Kinder ganz von allein. Ein guter Verlierer ist immer ein Verlierer“, mischt sich Victor ein.
    Inzwischen scheint Joe es ohne Weinkrampf zu schaffen, knappe Niederlagen gegen ihre Mutter einzustecken. Trotzdem ist sie nicht gerade bester Laune, als sie am späten Nachmittag ins Schloss zurückkehren. Sie redet kein Wort mit Gisela und Philip. Beklagt sich jedoch bei Victor, der den Nachmittag im Clubhaus verbracht hat und nun mit ihr im Fond des Wagens sitzt, über ihr Pech.
    „Ich habe dauernd geführt. Und den ersten Matchball nur um Haaresbreite ins Aus geschlagen. Er war gar nicht out. Aber Philip und Gisela haben es steif und fest behauptet. Dann hat Mama mit einem Netzball gewonnen. Sie hat nur Glück gehabt.“
    „Mein armer Schatz, ich weiß, ich hab’s gesehen“, sagt Victor und tätschelt ihre Schulter.
    Joe stößt seine Hand weg und zischt ihre Mutter an: „Du bist wie Björn Borg. Der hat auch immer Schwein.“
    „Das Glück gehört den Tüchtigen, nicht wahr, Philip?“, scherzt Gisela. „Immerhin hat Björn Borg heuer zum vierten Mal in Wimbledon gewonnen. Übrigens spielst du ähnlich wie Martina Navratilova. Kämpfst zumindest genauso verbissen wie sie. Außerdem kann sie auch nicht verlieren.“
    „Wozu auch? Sie gewinnt ja sowieso alles“, sagt Joe.
    Als Joe unter der Dusche steht, kommt Franzi ins Bad.
    „Ich hab gehört, du hast wieder gegen deine Mama verloren. Ist sie echt so gut?“
    „Lass mich in Ruhe! Ich bin genug bedient“, seufzt Joe. „Und jetzt noch dieser Grillabend! Mir graut, das sage ich dir.“
    „Aber wir grillen heute zum ersten Mal in diesem Sommer.“
    „Na und? Ich hasse diese Grillerei. Ich kann es nicht mitansehen, wenn Tiere getötet werden. Der Fischer-Hans und der Heinz schlagen die Köpfe der Fische so lange auf einen Stein, bis die armen Tiere zu zappeln aufhören. Ich finde das unerhört. Eine echte Tierquälerei“, sagt Joe.
    „Ich glaub, der Heinzi steht auf dich. Er hat mich gefragt, ob du eh beim Grillen dabei sein wirst.“
    „Schreck lass nach! Der fehlt mir heute noch zu meinem Glück.“
    Das Spektakel beginnt pünktlich um neunzehn Uhr. Sie fahren mit zwei Autos hinunter zum See. Die Kofferräume voll bepackt mit Grillkohle, Kartoffeln, Würsten und vielen Getränken.
    „Feuer machen ist Männersache“, behauptet Walpurga.
    Gisela widerspricht. Erklärt, dass Frauen seit jeher für das Feuer zuständig sind und es viel besser anfachen können, weil sie mehr Geduld
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