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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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ruft auf dem Handy an und fragt, ob
wir heute alle einen Drombuschvögelabend machen wollen. Damit meint er, dass wir bis spät in die Nacht die aufgezeichneten Folgen von »Diese Drombuschs« und »Die Dornenvögel« schauen. Eine gute Idee. Bob und ich lieben diese Serien. Allein der bloße Gedanke an Meggie Cleary aus den »Dornenvögeln«, wie sie auf der Insel der Hochzeitsreisenden allein am Strand herumtapert, und dann kommt der Mann mit dem weißen Anzug und entpuppt sich als Pater Ralph de Bricassart. Und beide haben hemmungslosen und dennoch zärtlichen Sex im Sand und überall sonst. Dann diese Musik! Ich muss IMMER weinen.
     
    Da kommt Marius in die Küche. Ich bekomme auch nach drei Monaten immer noch Herzklopfen, wenn ich ihn sehe.
    Er gibt mir einen Kuss und fragt, wie denn unser Termin gewesen sei. Das ist das Gute an Marius: Ihm kann man alles, wirklich alles sagen, und er beurteilt Leute auch nie nach ihrem Äußeren oder ihrem Beruf oder nach was sonst auch immer.
    Schon dafür liebe ich ihn. Marius findet es zum Beispiel auch überhaupt nicht schlimm, dass ich mit meinem Freund Pitbull Panther zusammen einen Swingerclub betreibe. Natürlich nicht hauptberuflich, sondern nebenbei. Hauptberuflich bin ich beim Radio.
    Wir haben unseren Swingerclub am 19 .Mai eröffnet, und ich muss wirklich sagen, dass er ein voller Erfolg ist. Am 20 .Mai war der erste reguläre Tag, und die Leute kamen in Strömen.
    Nur ich nicht, ich stand heulend im Badezimmer und habe mir mein Resthaar angeschaut. Resthaar deswegen, weil ich mir statt Gel Enthaarungscreme auf den Kopf geschmiert hatte. Ich dachte, ich sterbe. Richard kam sofort und wollte helfen und die Creme entfernen, was zur Folge hatte, dass er meinen Pony in der Hand hielt. Letztendlich sind wir zu sechst in Marius’ kleinem Badezimmer herumgesprungen. Pitbull hat mich kurzerhand
in voller Montur unter die Brause gezerrt, nur leider war das Wasser ein wenig zu heiß. Ich hatte eine riesige Brandblase am rechten Unterarm, was bei einer Wassertemperatur von ungefähr fünftausend Grad auch kein Wunder ist. Mausi, die bei uns nebenbei jobbt, hat mir sofort eine entzündungshemmende Lotion auf die verbrannten Stellen aufgetragen. Leider hat sie vorher nicht auf die Flasche geschaut. Ich hatte dann zusätzlich zu den Brandblasen noch dunkelbraune Flecken überall, weil sie meinen Selbstbräuner genommen hatte.
     
    Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mir passieren immer die unmöglichsten Dinge. Marius meint immer, mich könnte man keine drei Minuten aus den Augen lassen, weil ich in dieser Zeit drei Sinti-Kinder adoptieren, mich so verlaufen, dass ich in einem Löwenkäfig landen oder ihn verzweifelt aus einem Harem in Dubai anrufen würde, obwohl ich nur die Watzelborner Molkerei besuchen wollte, um mir mal anzuschauen, wie Milch haltbar gemacht wird.
    Wenn irgendwo auf der Welt ein Unglück geschieht, ruft mich Marius grundsätzlich an, um zu wissen, wo ich mich gerade aufhalte. Einmal, er hat mich nicht erreicht, hat er sogar RTL II ein Interview gegeben. Eine Frau in München ist in einem Biergarten so unglücklich gestrauchelt, dass durch das Herunterziehen der blauweiß karierten Tischdecken viele Biergartenbesucher erschreckt aufgesprungen und mit ihren Bänken umgefallen sind. Dann schlug noch ein Blitz in einen Baum ein, acht Leute tranken vor Schreck einen Wein, der mit Diäthylenglykol verseucht war, die Rettungssanitäter sind mit einer Bahre auf Leberknödeln ausgerutscht, die Kabel mit den elektrischen Lämpchen sind heruntergefallen, es gab Stromschläge, und dann liefen noch zwei Exhibitionisten mit offenen Mänteln durch die Gartenwirtschaft und schrien: »Huuuh!«
    Marius war außer sich vor Verzweiflung und hat überall versucht, mich zu erreichen. Dann hat er bei allen Fernsehsendern angerufen, um zu erfahren, wo ich denn bin. Die sensationsgeilen Reporter von RTL II hatten nichts Besseres zu tun, als ihn zu einer Stellungnahme zu überreden. Ich stand damals gerade bei Karstadt in der Elektroabteilung, um nach einem DVD -Player Ausschau zu halten, und sah mich plötzlich in Großaufnahme (fürchterliches Foto, wo hat er das denn her?) auf ungefähr fünfhundert Fernsehgeräten, davor mein verzweifelter Freund, der lauthals bekundete, dass »ihr immer solche Sachen passieren«. Zum Glück hat mich damals bei Karstadt keiner erkannt.
    Gäbe es einen Oscar für Dappigkeit, ich hätte ihn schon zehnmal gewonnen. Wenn nicht jedes Mal.
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