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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie
Autoren: Steffi Wolff
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will mich bedrohen«, sagt Gero sarkastisch. Er hat sich dermaßen in seine Wut reingesteigert, dass er nicht mehr zu halten ist. Jetzt zieht er auch noch sein Jackett aus. Was soll das? Hält er sich plötzlich für Dariusz Michalczewski und Roland für Axel Schulz? »Ich fordere Genugtuung!«, Geros Stimme kippt fast. Jetzt hätte ich doch gern eine Ritterrüstung.
    »Nur zu, nur zu!« Roland stellt sich dem Feind und steht eine halbe Sekunde später im Hemd vor Gero.
    »Nicht!«, rufe ich, »bitte nicht!«
     
    Obwohl das alles sehr schlimm ist, finde ich es gar nicht so schlecht, dass sich zwei Männer wegen mir schlagen wollen. Das hatte ich noch nie! Das macht den Wert einer Frau aus. Dabei ist es mir auch ganz egal, ob der eine Mann schwul ist und das ganze Drama im 21 . Jahrhundert vor der Hochzeit meines Exfreundes stattfindet. Ob die beiden gleich ihre Silberbüchsen mit Pulver füllen? Und wo sind die Adjutanten? Ach, ist das schön!
    Ich sehe mich schon nach Rolands Sieg in meinem hellblauen Seidentaftkleid von ihm vor sich auf seinen Rappen gehoben und in die untergehende Sonne reiten, eskortiert von zwei Jagdhunden, die fröhlich bellen. Vertrauensvoll halte ich mich vorn am Sattelknauf fest und lehne mich gegen Rolands breite Brust. Ich sitze natürlich im Damensitz, der Rappe hat eine weinrote Satteldecke aus Samt, hinten ist Rolands Familienwappen golden aufgestickt. Die Nüstern des Rappen blähen sich, und er galoppiert stetig auf die Familienburg zu, die trutzig auf einem Hügel ragt, ringsherum sind Wälder. Natürlich alles Familienbesitz.
Ein Adler beäugt uns im Flug, und kurz bevor wir die Burg erreichen, wird die Zugbrücke hinuntergelassen. Mägde und Knechte laufen geschäftig hin und her, und der Stallmeister kommt, um den Rappen abzusatteln. Natürlich werde ich vorher sanft aus dem Sattel gehoben und von meiner Kammerzofe, die gleich herbeieilt, gefragt, ob ich Wünsche hätte. Ich, Rolands Fürstin. Oder Gräfin. Jedenfalls bin ich ein Burgfräulein.
    Später dann, nachdem ich von den Bediensteten ein heißes Bad eingelassen bekommen habe, ziehe ich eins der anderen tausend Kleider an, die ich besitze, weil ich ja ein Burgfräulein bin, und wandele durch die Zimmerfluchten, um zu Roland zu gehen, der im Speisesaal vor dem offenen Kamin steht, in dem Holzscheite knistern. Er hat mir bereits einen vollmundigen Rotwein in einen Zinnbecher gegossen, der zwar so schwer ist, dass ich ihn kaum mit zwei Händen halten kann, aber egal, und wir reden über die Ernte und die Getreidepreise. Muss das Leben im Mittelalter schön gewesen sein!!! Die Fürsten und Grafen hatten keine finanziellen Probleme, und die Luft war frisch und nicht von Autoabgasen belastet, die Wangen der Menschen waren rosig, und alle waren glücklich.
    (Dass es Ratten gab, die die Pest verursachten, dass es keine Klos gab und die Leute ihr Geschäft einfach unter sich oder in den Burggraben machten, was im Sommer bestimmt nicht witzig war, verdränge ich natürlich. Auch Worte wie Cholera oder Skorbut. Dass den Frauen mit den rosigen Wangen Keuschheitsgürtel angelegt wurden, die sie über mehrere Jahre anbehalten mussten, während die Männer auf Kreuzzug waren, verdränge ich natürlich auch. Dass unschuldige Menschen auf Lebzeiten in Verliese eingesperrt wurden mit lichtscheuen Nagetieren als einziger Gesellschaft, möchte ich genauso wenig wahrhaben. Und außerdem, wenn ich im Mittelalter gelebt hätte, wäre ich schon tot, denn die Lebenserwartung betrug damals ca. 30  Jahre!)
    » … dann fangen Sie doch an!«
    »Nein, fangen Sie an!«
    Roland und Gero drehen sich mit erhobenen Fäusten im Kreis. Niemanden interessiert mehr, dass wir uns auf einer Hochzeit befinden. Und Marius und Uschi sind noch gar nicht da. Das Brautpaar schiebt wohl noch ein Nümmerchen, bevor es sich bequemt, endlich mal aufzutauchen. Mit einem Kondom aus Schafsdarm. Damit Uschi keine Gummiallergie bekommt. Sie ist ja so empfindlich.
    Jedenfalls umkreisen sich die beiden Kampfhähne ununterbrochen, aber keiner tut den ersten Schritt. Lediglich die Fäuste gehen mal ein Stück vor und dann wieder zurück. Da! Roland haut Gero leicht auf die Schulter. » AUUUUU !!!«, macht Gero, obwohl Roland wirklich nicht fest gehauen hat. Sie erinnern mich an den Spielfilm »Ziemlich sensible Ninja-Kämpfer greifen an«, in dem zwei schwarz gekleidete Fernost-Kämpfer sich sachte touchieren, um sich gleich darauf zu entschuldigen.
    Das Ganze findet auf einem
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