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Gleichklang der Herzen

Gleichklang der Herzen

Titel: Gleichklang der Herzen
Autoren: Barbara Cartland
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langsam, dann immer heftiger, rannen ihr die Tränen über das Gesicht.
    Sie hörte, wie die Haustür hinter dem Herzog zuschlug. Dann brach sie zusammen. Vor dem großen, mit Samt bezogenen Sessel neben dem Kamin sank sie in die Knie und verbarg ihr Gesicht im Sitzpolster.
    Ravella weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte. Schließlich stand sie mit schmerzendem Kopf auf und suchte nach einem Taschentuch. Sie hörte, wie jemand ins Zimmer kam. Nettleford sprach sie an.
    „Mr. Hawthorn ist hier, Miss. Er wollte Seine Gnaden in einer höchst dringlichen Angelegenheit sprechen. Als ich ihm sagte, dass Seine Gnaden nach Newmarket gefahren sind, fragte er, ob er sich wohl an Sie wenden dürfe.“
    „Bitten Sie ihn herein“, erwiderte Ravella.
    Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und trocknete sich die Augen. Sicher sah sie nach einem solchen Ausbruch schlimm aus, aber das war ihr gleichgültig. Wieso kam es in diesem Augenblick überhaupt noch auf irgendetwas an?
    Der Rechtsberater war da. Sie wollte ihn beauftragen, die für sie bestimmten gesamten Zuwendungen aus dem Kapital dem Herzog zu überweisen. Irgendwie würde es ihr gelingen, ohne das Geld zu leben, wie und wo, wusste sie allerdings noch nicht. Die Zukunft lag im Dunkel von Verzweiflung und Elend vor ihr.
    „Mr. Hawthorn, Miss.“
    Der adrett gekleidete, kleine Rechtsberater kam herein und verbeugte sich.
    „Ihr Diener, Miss Shane.“ Er betrachtete verdutzt Ravellas verstörtes Gesicht und fragte: „Sie haben vielleicht schon die Neuigkeit erfahren?“
    „Welche Neuigkeit?“
    Mr. Hawthorn hustete verlegen.
    „Verzeihen Sie meinen Irrtum, Miss Shane. Ich konnte mir allerdings auch kaum vorstellen, dass ein Überbringer schlechter Nachrichten vor mir hier eintreffen könnte.“
    „Was stimmt nicht?“, fragte sie.
    „Ein großer Teil stimmt nicht mehr, Miss Shane, was Sie betrifft. Ich weiß tatsächlich nicht, wie ich es in Worte fassen soll. Eine Katastrophe dieses Umfangs, ein Ereignis, für das ich in meiner ganzen Laufbahn als Jurist keinen Vergleich finde!“
    „Was ist denn passiert?“, wiederholte Ravella ihre Frage.
    Mr. Hawthorns ausschweifende Redegabe irritierte sie stets, aber heute konnte sie sie kaum ertragen.
    „Machen Sie sich auf einen Schock gefasst, Miss Shane.“
    „Nun sagen Sie schon, was Sie mir mitzuteilen haben!“
    Der Rechtsberater setzte seine Tasche auf der Schreibtischplatte ab.
    „Vor ungefähr einer Stunde kamen die Anwälte Ihres Onkels, des verstorbenen Lord Wroxham, mit schlimmen Nachrichten in mein Büro. Ein anderes Testament ist entdeckt worden. Ihr Onkel hat es wenige Tage vor seinem Tod aufgesetzt. Nachdem es rechtmäßig und in Anwesenheit von Zeugen unterzeichnet worden war, hat er es offenbar in seiner Bibel neben seinem Bett versteckt.“
    Ravella stand ruhig da und hörte schweigend zu.
    „Seit dem Tod des Lords hatte niemand das Heilige Buch geöffnet. Gestern hat eine Magd es beim Entstauben aus Versehen auf die Erde fallen lassen. Dabei wurde das Testament entdeckt. Mit tiefstem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, Miss Shane, dass Ihr Onkel seine Meinung geändert hatte. Das Vermögen erbt sein einziger Sohn. Eine größere Summe geht an das Heim für Findelkinder bei Epsom, kleinere Beträge sind für die Dienstboten bestimmt.“
    „Für mich bleibt also nichts übrig?“, fragte Ravella.
    „Ihr Name ist nicht erwähnt“, sagte Mr. Hawthorn.
    Ravella war sehr blass geworden, aber ihre Stimme klang ruhig und fest.
    „Wie steht es um das Geld, das ich schon ausgegeben habe? Es handelt sich um eine beträchtliche Summe, Mr. Hawthorn.“
    „Das ist eine Frage, die diskutiert werden muss. Hoffen wir, dass der junge Lord Wroxham großzügig ist oder vielleicht Seine Gnaden …“
    „Nein, nein!“, unterbrach ihn Ravella. „Seine Gnaden darf auf keinen Fall damit belästigt werden.“
    Der Rechtsberater hob erstaunt die Augenbrauen, sagte aber nur: „Ich schlage vor, die ganze Angelegenheit bleibt bis zur Rückkehr Seiner Gnaden in meinen Händen. Dann werde ich ihm die Lage schildern. Darf ich Ihnen noch einmal mein tiefes Bedauern über den Vorfall aussprechen, Miss Shane.“
    Ravella beugte den Kopf. „Danke, Mr. Hawthorn.“
    „Sie werden mich jetzt wohl entschuldigen, wenn ich mich in mein Büro zurückziehe? Ich habe viel Arbeit vor mir, der ich mich gründlich widmen muss.“
    „Natürlich. Guten Tag, Mr. Hawthorn.“
    Der Rechtsberater sah ihr blasses Gesicht und machte sich
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