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Gleichklang der Herzen

Gleichklang der Herzen

Titel: Gleichklang der Herzen
Autoren: Barbara Cartland
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erreicht hatte, holte er tief Atem. Er hatte Angst vor einer neuen Enttäuschung. Er klopfte mit der Reitpeitsche an, und ein alter Mann erschien. Da er kurzsichtig war, brauchte er einen Augenblick, um den Mann von Rang zu erkennen. Dann verfiel er sofort in die aufmerksame und beflissene Haltung eines wohlerzogenen Dieners.
    „Ist Miss Shane hier?“, fragte der Herzog. Es machte ihm Mühe, den Namen auszusprechen.
    „Darf ich um Ihren Namen bitten, Sir?“
    „Ich bin der Herzog von Melcombe.“
    Der alte Mann hielt ihm die Tür auf.
    „Treten Sie bitte ein. Soll ich das Pferd Euer Gnaden an das Gitter binden?“
    „Nein danke. Es ist zu müde, um wegzulaufen.“
    Er zog seinen Kopf ein, als er das kleine Haus betrat. Der mit Fliesen belegte Boden war gescheuert, und ein Blumenstrauß stand auf dem Tisch in der Mitte des Zimmers.
    „Miss Shane ist hier?“, fragte der Herzog noch einmal.
    „Ja, sie ist hier, Euer Gnaden. Verzeihen Sie mir eine Frage. Sie sind doch hoffentlich nicht gekommen, um sie noch mehr zu beunruhigen? Gestern Morgen kam sie hier völlig erschöpft an, das arme, kleine Ding. Ich war der Diener ihres Vaters, Euer Gnaden, und ich kenne Miss Ravella, seit sie ein Baby war.“
    Vorsichtig seine Worte wählend, fuhr der alte Mann fort: „Ich würde die letzten Jahre meines Lebens dafür geben, sie glücklich zu sehen. Aber als sie hier ankam, sah sie nicht glücklich aus. Ihr Gesicht war so weiß wie das Tischtuch dort, Euer Gnaden. Mit Tränen in den Augen bat sie mich, ich möge sie aufnehmen.“
    „Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte der Herzog. „Ich habe nur eine einzige Absicht, nämlich die, Miss Shane glücklich zu machen.“
    Der alte Adam sah dem Herzog in die Augen. Es war der prüfende Blick eines Mannes zum anderen, und darin lag kein Mangel an Respekt. Er schien befriedigt von dem, was er sah.
    „Wenn Euer Gnaden aus der Hintertür hinausgehen, werden Sie ein kleines Wäldchen sehen. Folgen Sie dem Pfad, der hindurchführt. Am anderen Ende werden Sie Miss Ravella antreffen. Es ist ihr Lieblingsplatz. Schon als Kind hat sie ihn aufgesucht, wenn es Schwierigkeiten gab.“
    „Danke.“
    Der Herzog ging durch die kleine Waschküche zur Rückseite des Häuschens. Als er draußen war, sah er oben am Hügel das bescheidene Herrenhaus aus grauem Stein, wo Ravella mit ihrem Vater gelebt hatte. Jetzt waren die Fenster geschlossen, und alles sah vollkommen verlassen aus.
    Nach wenigen Minuten war der Herzog am Ende des Wäldchens angelangt. Von oben sickerte Tageslicht durch das dichte Geäst der Tannen. Auf einem gestürzten Baumstamm saß eine kleine Gestalt und starrte auf den gewundenen Fluss im Tal. Es war Ravella.
    Sie trug ein weißes Kleid. Sie hatte sich nach vorne gebeugt und das Kinn in die Hände gestützt. Ihre Haltung verriet dem Herzog, dass sie tief bekümmert war.
    Leise trat er heran und stand wenige Sekunden lang neben ihr, bis sie plötzlich den Kopf hob. Als sich ihre Blicke kreuzten, sah sie ihn so ungläubig an, als traue sie ihren Augen nicht. Dann sprang sie mit einem Schrei auf, und die Röte kehrte in ihre Wangen zurück.
    „Bist du es wirklich?“
    „Ja, Ravella, ich bin gekommen, um dich nach Hause zu holen.“
    „Aber …“ Sie machte eine kleine, hilflose Bewegung. „Hast du mir also vergeben?“
    „Du hast nichts getan, was Vergebung brauchte. Ich bin es, der dich um Verzeihung bitten muss, Ravella.“
    Wieder sah sie ihn prüfend an, als ob sie nicht recht gehört hätte. Dann wagte sie die erste Frage.
    „Du hast die Sache mit dem Geld erfahren, dass ich nämlich keines mehr habe?“
    „Ja, das habe ich gehört. Es spielt keine Rolle.“
    „Aber wie soll ich dir all das zurückzahlen, was ich ausgegeben habe? Ich habe meine Garderobe und alles, was ich besaß, bei dir zurückgelassen. Vielleicht kannst du die Sachen verkaufen. Allerdings fürchte ich, es bringt nur ein paar Schillinge, während es Hunderte von Pfund gekostet hat.“
    Der Herzog betrachtete ihr Gesicht, sah das Zittern ihrer empfindsamen Lippen, das Flattern ihrer langen Wimpern.
    „Ravella …“ fing er an, aber sie unterbrach ihn.
    „Mr. Hawthorn schlug mir vor, dass ich mir einen Ehemann suchen sollte, der großzügig meine Schulden übernehmen würde. Aber das konnte ich wirklich nicht!“
    „Es tut mir leid, Ravella, aber gerade darüber wollte ich mit dir reden.“
    „Über meine Heirat?“
    Ravella war plötzlich totenblass geworden.
    „Ja, ich wollte dich
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