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Gleichklang der Herzen

Gleichklang der Herzen

Titel: Gleichklang der Herzen
Autoren: Barbara Cartland
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ihn hingelegt hatte, nämlich in einer kleinen Schublade über dem Tintenfass.
    Tastend nahm sie den Schlüssel heraus, fast so, als sei sie hypnotisiert. Dann suchte sie die geheime Feder hinter der Eichentäfelung. Sie fand sie bald und konnte das Sicherheitsfach öffnen. Nachdem sie die beiden Eintausendpfundnoten herausgenommen hatte, faltete sie sie einzeln, versteckte sie an ihrem Busen und tat alles wieder an den alten Platz.
    Erst als sie die Räume des Herzogs verlassen hatte und wieder zu ihrem Zimmer ging, begann sie zu zittern. Die leise Stimme ihres Gewissens stellte ihr eine Frage, aber sie antwortete laut und trotzig darauf.
    „Ich werde es ihm zurückzahlen. Es ist ja nur eine Anleihe.“
    Lizzie erwartete sie im Schlafzimmer. Ravella überlegte einen Augenblick und hatte dann einen Entschluss gefasst.
    „Meinen Schutenhut und meine Handschuhe, Lizzie. Es ist zu warm, um den Umhang zu nehmen. Zieh du dir schnell ein Straßenkleid an und setz eine Haube auf.“
    „Gehen wir aus, Miss?“, fragte Lizzie neugierig.
    „Ja, und zwar sofort. Beeil dich und verlier bitte keine Zeit mit Fragen.“
    Aber auch so schien ihr die Zeit endlos, während sie auf Lizzie warten musste. Schließlich konnten beide das Haus verlassen und eilten über den Berkeley-Platz zur Charles Street.
    „Wo ist Lord Wroxhams Haus?“, fragte Ravella.
    „Das linke, Miss, aber niemand wartet draußen.“
    Das stimmte. Ravella fragte sich, ob man Lizzie falsch unterrichtet hatte.
    „Sehen Sie doch, Miss, die Haustür ist offen! Sie sind eingedrungen. Die Gläubiger werden bei Seiner Lordschaft sein. Ob er wohl gleich herauskommen wird?“
    „Das werden wir nicht erleben“, sagte Ravella bestimmt. Zum größten Erstaunen ihrer Kammerzofe schritt sie die Stufen hinauf und betrat das Haus. Sofort hörte sie laute und zornige Stimmen auf dem oberen Flur.
    Ohne zu zögern, lief sie die Treppe hinauf. Sie musste nicht lange suchen, um die Gläubiger ausfindig zu machen. Im Salon bildeten sie gerade einen Halbkreis um Lord Wroxham. Er stand vor dem Kamin, hatte die Hände lässig in die Hosentaschen gesteckt und zeigte eine verächtliche Miene.
    Einige der Gläubiger hielten lange Rechnungslisten in der Hand, mit denen sie vor der Nase Seiner Lordschaft wedelten. Andere waren der Sache schon müde geworden, betasteten die Möbel und taxierten die Bilder an den Wänden. Als Ravella den Salon betrat, sprach gerade der Lord.
    „Es hat gar keinen Zweck, dass ihr mich belästigt, ihr verdammten Narren. Meine Taschen sind leer, und das wisst ihr genau.“
    „Dann kommen Sie ins Schuldgefängnis, Mylord“, sagte ein Mann.
    Lord Wroxhams Gesicht lief rot an. Schon wollte er den Burschen für seine Unverschämtheit bestrafen, als er Ravella erblickte. Sein Zorn wandelte sich in Verblüffung. Alle folgten seinem Blick, und auf einmal herrschte tiefe Stille.
    Ravella kam langsam näher. Die Gläubiger Seiner Lordschaft machten ihr Platz, sodass sie zwischen ihnen hindurchgehen konnte. Lord Wroxham tat unbekümmert.
    „Ich bedauere sehr, liebe Cousine, dass Sie einen etwas unglücklichen Zeitpunkt gewählt haben, um mich zu besuchen.“
    Ravella hatte im Treppenhaus eine der beiden Eintausendpfundnoten hervorgeholt und hielt sie ihm nun hin.
    „Es ist keine sehr große Summe, Mylord“, sagte sie, „aber vielleicht genügt sie, um die aufdringlichsten dieser Herren hinzuhalten. In Gegenwart aller möchte ich jetzt etwas aussprechen, was ich Ihnen schon kürzlich in Vauxhall sagen wollte, als wir unterbrochen wurden.“
    Sie holte tief Atem. Lord Wroxham starrte abwechselnd auf sie und dann auf die Banknote. Sein Ausdruck war beinahe komisch.
    Ravella sprach nun langsam und so deutlich, dass jeder im großen Salon sie hören konnte.
    „Ich wollte Ihnen schon damals meinen Entschluss mitteilen, Mylord: Sobald ich die Volljährigkeit erreiche und das Vermögen erbe, das Ihr Vater mir hinterlassen hat, werde ich es Ihnen zurückerstatten.“
    Alle schwiegen, teils verständnislos, teils erstaunt.
    „Es ist Ihr Geld, und ich habe kein Recht darauf“, fuhr sie fort. „Zurzeit verbrauche ich die Zinsen, aber das Kapital ist noch nicht angegriffen. Es gehört Ihnen, Mylord, obgleich Sie noch drei Jahre darauf warten müssen.“
    Kaum hatte Ravella ihre kleine Ansprache beendet, da änderte sich das Verhalten der Händler und Gläubiger völlig. Es war so, als ob Circe ihren Zauberstab geschwungen hätte, durch den sie nicht Männer in Schweine,
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