Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei
Autoren: Carlene Thompson
Vom Netzwerk:
eingeschrieben hatte. Eigentlich hatte sie nie mehr zurückkommen wollen.
    Ihr Magen krampfte sich zusammen, als sie den Stadtrand von Sinclair erreichte. Rechts von ihr befand sich die mächtige Baptistenkirche aus Backstein, die 1870 erbaut worden war. Molly hatte ihr erzählt, dass ein paar ehrgeizige Mitglieder der Kirchengemeinde für einen Anbau plädiert hätten, der jedoch von den Denkmalschützern abgeschmettert worden sei. Unmittelbar vor ihr lag der Leland Park, von wo aus man den Ohio überblicken konnte. Rebekka hatte den Park mit seinen Tennisplätzen, Rosengärten, gepflasterten Spazierwegen und dem zweistöckigen River Museum immer sehr gemocht. Das dreieinhalb Hektar große Grundstück mit seinen Bänken und Futterspendern für Vögel und den altmodischen, makellos weiß gestrichenen Springbrunnen wirkte wie immer tadellos gepflegt. Sogar der Musikpavillon, der um 1900 für Sommerabendkonzerte erbaut worden war, sah aus wie neu. Vor langer Zeit hatte ihre Mutter sie und Jonnie zu einem Konzert mitgenommen, und Jonnie hatte sich versteckt. Suzanne war außer sich gewesen vor Angst, Jonnie könnte in den Fluss gefallen und ertrunken sein. Rebekka hatte ihn unter der Orchestertribüne gefunden und war zutiefst enttäuscht gewesen, dass er der verdienten Abreibung entgangen war, die ihr, hätte sie sich einen solchen Streich einfallen lassen, gewiss nicht erspart geblieben wäre.
    Als Rebekka durch die Innenstadt fuhr, sah sie, dass sich an der Hauptstraße nichts verändert hatte, seit sie die Stadt verlassen hatte. Ungefähr vor zehn Jahren hatten sich mehrere wütende Kaufleute gegen das riesige neue Einkaufszentrum verbündet, das fast über Nacht am Stadtrand aus dem Boden gestampft worden war und ihnen die Kunden nahm. Ihre Strategie war es gewesen, ihre Läden möglichst idyllisch zu gestalten, als Kontrast zu den nüchternen Verkaufsräumen des modernen Einkaufszentrums, und auf diese Weise Kunden anzulocken. Das Ergebnis waren drei Häuserblocks, die stark an die Romanwelt von Charles Dickgins erinnerten. Rebekka fand sie unerträglich künstlich. Und so weit sie wusste, hatte sich der Umsatz nur so lange verbessert, bis die Neugierde der Leute abgeflaut war. Der erlahmende Enthusiasmus der Eigentümer für ihre Prunkbauten ließ sich an ausgebleichten Fensterläden und rostigen schmiedeeisernen Zierleisten erkennen.
    Rebekka fuhr langsamer, als sie an der früheren Vinson's Drogerie vorbeikam. Da sie ihren Koffer in höchster Eile gepackt hatte, hatte sie im Flugzeug eine Liste der Toilettenartikel erstellt, die sie vergessen hatte. Der Laden war noch offen, und sie beschloss, kurz anzuhalten und Besorgungen zu machen. Sie fuhr also an den Straßenrand, parkte und öffnete die Fenster einen Spalt, damit Sean frische Luft bekam.
    Als sie aus dem Wagen stieg, sah sie schwarze Gewitterwolken, die sich am schiefergrauen Himmel bedrohlich zusammenbauschten. Im Inneren des Ladens hatte man dem viktorianischen Flair mit Drucken von Currier & Ives Nachdruck verliehen. Einige kleine schmiedeeiserne Tische und Stühle standen vor einem winzigen Sodabrunnen, hinter dem ein gelangweiltes junges Mädchen Kaugummi kauend in einer Zeitschrift blätterte. Auf dem Ladentisch standen große, dekorative Flaschen, gefüllt mit »Heilwassern«, die in Wirklichkeit aber nur eingefärbtes Wasser waren. Sie wusste, dass hier Matilda Vinson, die Drogistin, ihre Phantasie hatte spielen lassen. Rebekka ärgerte sich insgeheim über die unbeschrifteten Regale, die sie zwangen, sämtliche Reihen zu durchstöbern, bis sie alles Nötige, Körperlotion, Rasierklingen, Zahncreme und eine Flasche Reinigungslösung für ihre Kontaktlinsen beisammen hatte. Mit dem Vorsatz, gleich morgen früh etwas Besseres zu. Besorgen, griff sie sich noch eine überteuerte Packung Trockenfutter für Sean und begab sich an die Kasse.
    Ohne auf die Kassiererin zu achten, legte sie ihre Waren auf das Förderband. Die Frau reagierte nicht. Rebekka hob den Kopf und blickte in silbergraue Augen, die sie kühl musterten. Die junge Frau hatte kurzes, platinblondes Haar, gerade dunkle Brauen und dünne, scharlachrote Lippen .Rebekka fühlte sich erröten, denn sie starrte in das Gesicht einer Frau, mit der sie einmal gut befreundet gewesen war.
    »Hallo, Lynn.«, sagte sie ohne falsche Freundlichkeit.
    »Rebekka.« Lynn Cochran Hardison ließ ihre hellen Augen über Rebekkas schlanke Erscheinung wandern. »Du siehst gut aus. Das Leben weitab von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher