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Glaenzend

Glaenzend

Titel: Glaenzend
Autoren: Emma Green
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nicht einmal, ob du es selbst weißt.“
    „Selbst, wenn ich dir sagen würde, was ich fühle, würdest du es mir nicht glauben.“
    „Dann sag es doch! Warum kannst du das nicht? Warum tust du mir das an?“
    „Ich weiß es nicht, ich will es nicht …“
    „Was willst du nicht? Mir ein Versprechen geben, das du nicht halten kannst? Das ist doch deine Spezialität!“
    Gabriel geht auf mich los und packt mich mit eisernem Griff an den Schultern, gleich wird er explodieren – ich weiß nicht, ob aus Wut oder Traurigkeit. Seine Antwort ist ein Schrei, der die Wände erzittern lässt.
    „Ich will dich nicht lieben! Die einzige Frau, der ich diese Worte jemals gesagt habe, hat sie mit ins Grab genommen. Ich will dir nicht mein Herz schenken und dabei riskieren, dass du es mir brichst. Ich will nicht mein restliches Leben mit dir verbringen wollen und dann einfach von dir verlassen werden. Ich will nicht, dass du die Macht hast, mich zu zerstören! Ich will dich nicht lieben, doch das gelingt mir nicht, Amandine!“
    Seine Verzweiflung und seine Ehrlichkeit machen mich sprachlos. Diese erzwungenen Äußerungen sind keine Liebeserklärung, doch mit Sicherheit der beste Liebesbeweis, den er mir geben konnte. Ich befreie mich aus seinem Griff und nehme sein hübsches Gesicht in meine Hände. Ich bringe ihn dazu, sich zu mir auf das große, strahlend weiße Bett zu setzen, und küsse seine Stirn, seine Augen, seine Wangen, seine Nase und schließlich seinen Mund. Seine weichen, vollen Lippen halten mich gefangen. Wir küssen uns unendlich lange, lassen uns auf das Bett fallen und ziehen einander nach und nach aus. Der Kontakt unserer Haut tröstet uns, als könnte dies all den Kummer vergessen machen. Unsere Körper sind auf diese ganz besondere Weise ineinander verschlungen, wir lesen das Verlangen in den Augen des anderen, unsere Hände und Zungen finden zueinander, wir werden eins in purer, intensiver Leidenschaft. Gabriel liebt mich schweigend, er umarmt und küsst mich unentwegt, er hüllt mich in die Liebe ein, deren Namen er nicht aussprechen kann. Als ich komme, weine ich, es ist ein langer, langsamer Orgasmus, intensiv, tief in mir und voller Melancholie.
    „Meine düstere Amande, ich weiß nicht, wie ich dich glücklich machen kann. Sag mir, was ich tun soll.“
    „Meine Mutter wird sterben. Mein Vater will es nicht wahrhaben. Meine Schwester ist dabei, total durchzudrehen. Mein kleiner Bruder ist ganz alleine in Frankreich. Und mein Geliebter will mich nicht lieben und mir nicht einmal erklären, warum …“
    „Doch, das kann ich. Ich werde es dir erklären. Ich hoffe nur, dass ich es nicht bereuen werde.“
    Gabriel blickt nach oben zur Decke und holt tief Luft. Ich weiß, dass dies die Stunde der Wahrheit ist.
    „Eleanor war krank, gepeinigt, depressiv, kaputt. Sie wollte Dutzende Male sterben. Sie hat mich geliebt, nicht aber das Leben. Sie liebte auch Silas, er war ihr Vertrauter, ihr bester Freund. In all den Jahren waren wir ein seltsames, kompliziertes, unzertrennliches Trio. Wenn ich nicht mehr konnte, wenn ich es nicht mehr ertragen konnte, zuzusehen, wie sie sich selbst verletzte, wenn ich es nicht mehr schaffte, ihr Lust aufs Leben zu machen, war Silas für sie da und heiterte sie wieder auf. Er hat ihr mehrere Male das Leben gerettet. Mein Bruder war hoffnungslos in sie verliebt, ich wusste es, und sie wusste es auch. Es ist nie etwas zwischen ihnen gewesen – und wenn es so war, will ich es nicht wissen. Ich dachte, unser Sohn würde alles ändern, sie heilen, ihr ihren Frieden zurückgeben … Eleanor ging es aber nach der Geburt von Virgile schlechter als je zuvor. Er war gerade eine Stunde alt, als sie mich bat, zu gehen, sie sterben zu lassen, um mich zur Ruhe zu kommen zu lassen und um zu verhindern, dass unser Sohn mit einer verrückten Mutter aufwächst. Sie hat mich zurückgewiesen, sie hat unser Kind zurückgewiesen, sie hat all meine Träume zerstört, ich konnte es nicht ertragen. Ich war blind vor Wut und vor Trauer und bin wie ein Feigling weggelaufen. Drei Tage blieb ich verschwunden. Als ich zur Entbindungsstation zurückkam, hatte ich mich entschieden, für sie zu kämpfen, Verantwortung zu übernehmen, ihr alles zu geben. Silas sagte mir, dass sie sich umgebracht hatte. Eine Stunde, nachdem ich gegangen war. Seit 13 Jahren weiß ich, dass nur ich an ihrem Selbstmord Schuld trage. Das werde ich mir nie verzeihen. Ich konnte nicht einmal meinen eigenen Sohn
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