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GK099 - Das Bildnis des Samurai

GK099 - Das Bildnis des Samurai

Titel: GK099 - Das Bildnis des Samurai
Autoren: A.F.Morland
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wollte, redete er mir die Ohren voll, mitkommen zu dürfen.
    Jacobs bewohnte ein uraltes Haus, in dem er nur ungern Gäste empfing.
    Mey hatte aber gehört, dass dieses Haus in einem der schönsten Gärten Japans lag.
    Er wollte diesen Garten zeichnen.
    »Bitte, Mr. Ballard!«, flehte mich der Maler an. »Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß. Tun Sie es für die Kunst. Es ist so verdammt schwer, an solche Motive heranzukommen.«
    Ich schaute den Amerikaner nachdenklich an.
    »Woher kennen Sie Jacobs, Mr. Mey?«
    Der Maler hob beide Hände, als wollte er etwas von sich abwehren.
    »Ich kenne ihn nicht. Ich hab' nur mal gehört, dass er in diesem prachtvollen Haus wohnt, zu dem dieser prachtvolle Garten gehört.«
    »Wer hat Ihnen davon erzählt?«, fragte ich.
    »Vielleicht Michiko. Ich weiß es nicht. Wirklich nicht. Ist das denn wichtig?«
    Ich schüttelte den Kopf, wandte mich unschlüssig an Mr. Silver.
    »Was soll ich bloß tun?«, fragte ich ihn.
    »Zu entscheiden hast du, Tony«, sagte er, womit er sich aus der Affäre zog.
    Ich seufzte.
    »Tut mir furchtbar leid, Mr. Mey. Ich kann Sie einfach nicht mitnehmen.«
    »Aber warum denn nicht?«, fragte mich Mey ganz unglücklich.
    »Ich kann doch bei Jacobs nicht mit einer ganzen Horde aufkreuzen. Ich kenne den Mann überhaupt nicht. Sie selbst haben gesagt, dass Jacobs nur höchst ungern Gäste empfängt.«
    »Sie sagten doch vorhin, dass Ihnen Mr. Peckinpah bei ihm Eingang verschaffen würde.«
    »Das stimmt. Für Mr. Silver und für mich.«
    »Was macht es da schon aus, wenn ein Dritter dabei ist?«
    »Wie ich schon sagte, ich kenne den Mann nicht. Ich will ihn erst kennen lernen. Da ist es nicht ratsam, ihn gleich vor den Kopf zu stoßen.«
    Mey klatschte sich grinsend in die Hände.
    »Gut. Dann bleibt eben Mr. Silver hier!«, entschied er.
    Und so passierte es tatsächlich.
    Im Nachhinein weiß ich natürlich, dass es ein ganz großer Fehler war, auf James Mey zu hören.
    Leider weiß man erst im Nachhinein immer mit Sicherheit, was besser gewesen wäre…
    ***
    Tucker Peckinpah arrangierte für uns wirklich alles bestens.
    Wir wurden an Mr. Jacobs Tor nicht abgewiesen, sondern eingelassen. Ein freundlicher Diener machte unaufhörlich Verneigungen vor uns.
    Wir traten in eine Märchenwelt.
    Eine Blütenpracht, die mir den Atem stocken ließ, umgab uns.
    Mey hatte nicht zu viel gesagt. Dies hier war einer der schönsten Gärten Japans.
    Eine friedliche Stille herrschte hier.
    Auf der Terrasse empfing uns der Mann, der hier wohnte.
    Abraham Jacobs war so groß wie ich, nur vielleicht zehn Pfund schwerer, aber nach meiner Schätzung ohne ein Gramm Fett. Sein dichtes blondes Haar glänzte so seidig wie die Mähne eines Löwen. Die eisigblauen Augen in dem tiefgebräunten Gesicht standen weit auseinander. Ihr Funkeln verriet eine Art angeborener Grausamkeit.
    Unter dem starren Grinsen zeigte sich ein kräftiges Raubtiergebiss.
    Der Anzug hatte genau den richtigen Schnitt lässiger Eleganz.
    »Sie sind Mr. Ballard, nicht wahr?«, sprach er mich an.
    Er streckte mir die Hand entgegen.
    Ich nickte und ergriff sie.
    »Und das ist Mr. James Mey«, sagte ich, auf meinen Begleiter weisend. »Ihr Garten hat es ihm angetan. Würden Sie ihm gestatten, hier ein paar Skizzen anzufertigen? Er ist Künstler und ganz versessen auf solche Motive.«
    Jacobs nickte flüchtig.
    »Aber natürlich, Mr. Mey. Fühlen Sie sich auf diesem Grundstück wie zu Hause.«
    »Er ist Amerikaner wie Sie«, sagte ich nebenbei.
    »Ach, tatsächlich?«, staunte Jacobs.
    Hinterher trank ich mit Jacobs grünen Tee, während Mey glücklich durch den von einer hohen Mauer eingefriedeten Garten streifte und unzählige Motive skizzierte, die er dann zu Hause ausarbeiten würde. Wir redeten eine Weile über Japan im allgemeinen. Dann sprachen wir über Tucker Peckinpah, den Jacobs im Büro eines japanischen Ingenieurs kennen gelernt hatte.
    Und schließlich nannte ich den eigentlichen Grund meines Hierseins.
    »Michiko Yamato, Tucker Peckinpah - beide waren in Ihrem Haus zu Gast, ehe sie zum Harakiri-Dolch griffen, Mr. Jacobs«, sagte ich. »Das muss natürlich noch lange nichts zu bedeuten haben, aber irgendwo muss ein Detektiv schließlich mit seinen Recherchen anfangen.«
    »Verstehe ich selbstverständlich«, sagte Jacobs mit einem wohlwollenden Nicken, und er vergaß nicht, darauf hinzuweisen, dass bereits Kommissar Nobunaga bei ihm gewesen wäre.
    Ich erwiderte, dass ich davon wusste, mir aber gern
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