Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girl

Girl

Titel: Girl
Autoren: David Thomas
Vom Netzwerk:
eingetroffen. Er betreut ausschliesslich die Stars – wenn etwa eine Schauspielerin einen Minister flachlegt, geht sie zu ihm und verhökert die Story –, und er meint, ich könnte mindestens einhunderttausend, wenn nicht gar eine Viertelmillion wegstecken, wenn ich die Sache richtig anpackte.
    Wir haben im Beisein von Mum and Dad ein Treffen mit ihm gehabt, bei dem alle drei bei mir im Zimmer sassen und meine Weintrauben verputzt haben. Der Agent heisst Clive Horrocks. Er hing lässig mit seinem schicken italienischen Anzug, seiner goldenen Uhr und seinen Krokodillederschuhen auf seinem Stuhl und erklärte, wie der Deal aussehen würde.
    »Grundsätzlich«, sagte er, »bestehen für Sie drei Möglichkeiten. Erstens: Alles bleibt wie gehabt, und Sie haben von früh bis spät die Medien am Hals, verlieren jede Privatsphäre und machen dabei nicht auch nur einen Penny. Zweitens: Sie verkaufen Ihre Story an ›Hello‹! Oder, drittens: Sie gehen damit zur Fleet Street.
    ›Hello‹, das kann ich Ihnen versichern, ist die sicherste Option. Die machen ein paar Aufnahmen im Krankenhaus, später ein zweites Set bei Ihnen zu Hause, und man bittet Sie um ein freundliches, harmloses Interview, ganz ohne Probleme. Aber da Sie nicht zur Königlichen Familie gehören, dürften Sie sich mit dreissig Mille glücklich schätzen. Wenn ich dagegen auf der Fleet Street eine kleinere Versteigerung in Gang bringe, dürfte mehr für Sie herausspringen. Nur müssten Sie sich dann auf eine etwas verzwicktere Prozedur einlassen.
    Die Zeitungen im mittleren Marktspektrum, im Wesentlichen also die ›Daily Mail‹ oder die ›Sunday Times‹, werden die Exklusivrechte für sämtliche Interviews, Fototermine etc. fordern. Wenn Sie sich für die ›Sunday Times‹ entscheiden, werden die Material für mindestens drei Wochen ins Auge fassen, entweder für ihr Magazin oder für die Rubrik Modernes Leben‹, ich denke mal alles auf hochintellektuellem Niveau mit jeder Menge Analysen von ihren Redaktionsexperten.
    Nun, bei der ›Mail‹ sieht die Sache etwas anders aus. Die haben einen grossen Frauenanteil in der Leserschaft, also wollen sie ein weibliches Appeal. Sie wissen schon, rührselige Interviews, gebrochene Herzen, Dinge in der Art. Wir im Geschäft nennen das eine Unterleibsmassage.
    Und wenn Sie dann gesund werden oder sich gar verlieben, umso besser. Das ist darin ein M. S. S. – Mein Sieg über das Schicksal. Das lesen alle gern. Ist ne hübsche Stange Geld wert – entschuldigen Sie meine saloppe Ausdrucksweise, Mrs. B.«
    »Nichts für ungut, Mr. Horrocks«, sagte meine Mutter. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das mit der Unterleibsmassage richtig mitbekommen habe …«
    »Aber bitte, Mrs. Barrett, sagen Sie ruhig Clive zu mir. Ich bestehe darauf«, säuselte Horrocks. Dann wurde er geschäftsmässig, wie ein ausgebuffter Marktschreier, der einem Rentner seine frischen Äpfel aufschwätzt.
    »Nehmen wir John McCarthy und Jill Morrell – was für eine fantastische Story. Allererste Sahne. Also, zum Auftakt der übliche Knaller auf der Titelseite: TV-Mitarbeiter von arabischen Terroristen gekidnappt. Nicht schlecht für den Anfang, nur steckt der Kerl in irgendeinem Keller in Beirut, so dass keiner an ihn rankommt, und zudem ist es auch noch eine politische Geschichte. Das dämpft das allgemeine Publikumsinteresse ganz erheblich.
    Aber wen haben wir denn hier? Könnte es sich zufällig um eine attraktive Blondine handeln, die treu auf ihren Geliebten wartet, mag sie ihn auch noch so lange nicht in ihre Arme schliessen können? So was treibt jedem die Tränen in die Augen, eine Unterleibsmassage wie aus dem Lehrbuch.
    Und so vergehen die Jahre, die Story kommt und geht – übrigens erstklassige PR-Arbeit der kleinen Morrell – und plötzlich, das Wunder! John wird freigelassen. Kehrt nach Hause zurück. Die erste Begegnung auf dem Rollfeld. Sie küssen sich. Das Paar ist wieder vereint. Die Kasse klingelt. Ein perfekter Sieg über das Schicksal.«
    »Und wie funktioniert das bei unserem Bradley?« fragte Dad.
    »Nun, Mr. Barrett, ich stelle mir das folgendermassen vor«, begann Horrocks, indem er einen Arm vorstreckte und seinen Blick in weite Ferne schweifen liess. Inzwischen glich er eher einem Immobilienmakler, der ein paar einfältige Pinsel von den unglaublichen Vorzügen einer alten Bruchbude überzeugt, man muss nur die Augen schliessen und sich ganz seiner Fantasie hingeben.
    »Im Moment«, sagte er, »ist Bradley
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher