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Gildenhaus Thendara

Gildenhaus Thendara

Titel: Gildenhaus Thendara
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gewesen, nachdem sie heute morgen ohne Frühstück weggegangen war, hätte sie überhaupt nichts hinunterbekommen. Alles hatte zu wenig Biß, es war zu süß oder zu salzig, und einmal geriet ihr ein Geschmack von so feuriger Bitterkeit auf die Zunge, daß sie spucken mußte. Wenigstens versuchte Bethany, freundlich zu sein.
Im Geist alle Ereignisse noch einmal durchgehend, stellte Jaelle fest, daß sie immer noch zornig über die Zumutung war, nackt zwischen zwei Reihen von Maschinen hindurchzugehen. Keiner der Männer war beleidigend gewesen, sie hatten keine Notiz davon genommen, daß sie eine Frau war. Aber sie hätten Notiz davon neh
men sollen - nicht etwa, indem sie sie unverschämt ansahen, sondern indem sie anerkannten, daß es ihr peinlich war, sich vor fremden Männern zur Schau stellen zu müssen. Vielleicht hätte man ausschließlich Frauen damit beauftragen können, die Maschinen zu bedienen, nur um zu zeigen, daß man Verständnis für ihre natürlichen Gefühle hatte. Jaelle verabscheute den Gedanken, daß man sie als Nichts betrachte, als eine weitere Maschine, die zufällig lebte und atmete, eine Maschine, die niemand beachtet hätte, wäre da nicht die Tatsache gewesen, daß sie die vorgeschriebene Uniform nicht trug! Eine Ansammlung von Knochen und Organen, hatte Bethany gesagt. Jaelle fühlte sich entpersönlicht, als hätten diese Leute sie, als sie sie wie eine Maschine behandelten, zur Maschine gemacht.
„Zwinge dich nicht, das Zeug zu essen, wenn es dir nicht schmeckt” Bethany hatte Jaelles Kampf mit den Speisen bemerkt. „Früher oder später wirst du herausfinden, was du magst und was nicht, und in deiner Wohnung kannst du Eingeborenen-Essen - oh, Verzeihung, ich meine natürlich gekochtes Essen - bekommen, Dinge, an die du gewöhnt bist. Manche Leute ziehen eben synthetische Nahrungsmittel vor - die Alphas, zum Beispiel, weigern sich aus religiösen Gründen, irgend etwas zu essen, das einmal lebendig gewesen ist, weshalb wir für sie eine vollständige synthetische Diät zusammenstellen müssen, und es ist einfacher und billiger, damit das gesamte Personal hier oben zu versorgen. Es schmeckt gar nicht so schlecht, wenn man sich daran gewöhnt hat”, plapperte sie weiter. Jaelle versuchte, sich eine Welt auszumalen, auf der alle Menschen dieses Zeug aßen, nicht weil es bequem oder billig war, sondern weil sie religiöse Skrupel hatten, etwas hinunterzuschlucken, das einmal mit Leben erfüllt gewesen war. Im Grunde zeugte das von einer sehr hoch entwickelten Ethik. Aber sie hatte im Augenblick andere Probleme. Mittlerweile immun gegen Schocks geworden, warf Jaelle ihren halbgeleerten Teller in einen der überall herumstehenden Abfallbehälter und beobachtete, wie der Schleim abfloß. Kein großer Verlust, dachte sie. Wieder in einem der oberen Stockwerke angelangt, überkam sie in einem der großen, fensterlosen Büroräume das Unbehagen einer beginnenden Klaustrophobie. Es störte sie, nicht zu wissen, ob sie sich im vierten oder im vierundzwanzigsten Stock befand. Sie sagte sich, daß sie nicht erwarten dürfe, bei den Terranern werde ihr alles vertraut sein, und wenigstens sei es eine neue Erfahrung.
Aber das Hintergrundgeräusch, das die Maschinen erzeugten, hörte nicht auf, an ihren Nerven zu zerren. Bethany wies ihr einen Schreibtisch an. „Das ist Lornes Platz. Auch wenn sie da ist, benutzt sie ihn nicht oft; sie arbeitet meistens oben in Montrays Büro. Als ich erfuhr, daß du zu uns kommen würdest, ließ ich den Schreibtisch für dich einrichten. Es würde dir nicht gefallen, unter Montray zu arbeiten, er ist ein…” Jaelle verstand den Ausdruck nicht, der ihn mit einem ihr unbekannten Tier verglich, wohl aber den herabsetzenden Ton. Ihr fiel ein, was sie über ihn in der Medizinischen Abteilung gehört hatte… Montray war der Mann, dem niemand zutraute, er werde Darkovaner mit normaler Höflichkeit behandeln. Wie, fragte sich Jaelle, war er nur auf diesen hohen Posten gelangt, wenn seine charakterlichen Mängel so extrem waren, daß die Angehörigen seines eigenen Stabes nichts dabei fanden, Bemerkungen darüber auszutauschen? Sie nahm sich vor, Peter zu fragen, denn sie wußte nicht, wie sie die Frage für Bethanys Ohren formulieren sollte, ohne dabei alle möglichen Beleidigungen gegen Terraner im allgemeinen anklingen zu lassen.
Bethany erklärte ihr im Tempo eines Schnellfeuergewehrs, wie der Stimmschreiber, das Kehlkopfmikrophon und die Löschtaste zu benutzen
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