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Gildenhaus Thendara

Gildenhaus Thendara

Titel: Gildenhaus Thendara
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Moewig-SF-Taschenbuch erschienen (Anm. d. Hrsg.).

Erster Teil
Sich widersprechende Eide

1. Kapitel

    Magdalen Lorne
    Es fiel leichter Schnee, aber nach Osten zu sah die Blutige Sonne Darkovers - von den Terranern Cottman IV genannt - wie ein großes, blutdurchschossenes Auge durch eine Wolkenlücke.
Fröstelnd ging Magdalen Lorne die Straße zum Terranischen HQ hinunter. Sie trug darkovanische Kleidung, deshalb zeigte sie den Raumsoldaten am Tor ihren Ausweis. Einer von ihnen kannte sie jedoch vom Sehen.
„Ist schon gut, Miss Lorne. Aber Sie müssen zu dem neuen Gebäude hinübergehen”
„Dann sind die Räume für den Nachrichtendienst endlich fertig?” Der Uniformierte nickte.
„So ist es. Die neue Leiterin ist vor ein paar Tagen von Alpha Centauri gekommen - haben Sie sie schon kennengelernt?”
Für Magda waren das echte Neuigkeiten. Darkover war ein geschlossener Planet der Klasse B, und das bedeutete, daß Terraner zumindest offiziell - auf bestimmte vertraglich festgelegte Zonen und Handelsstädte beschränkt waren. Einen Nachrichtendienst gab es eigentlich gar nicht, abgesehen von einem kleinen Büro in der Abteilung Archiv und Kommunikation, das vom Personal des Koordinators verwaltet wurde.
Es ist auch Zeit, daß hier endlich eine Dienststelle eröffnet wird. Eine Abteilung für Fremd-Anthropologie könnte ebenso wenig schaden. Dann überlegte Magda, was es für ihren eigenen ziemlich irregulären Status bedeuten mochte. Sie war auf Darkover geboren, in Caer Donn. Dort hatten die Terraner ihren ersten Raumhafen errichtet, bevor sie das neue Imperiumshauptquartier hier nach Thendara verlegten. Magda war unter Darkovanern aufgewachsen. Damals galt die Vorschrift noch nicht, daß Raumhafengebäude mit erdnormalem Licht beleuchtet werden mußten - eine Vorschrift, die die rote Sonne Darkovers und das grimmig kalte Klima igno
    rierte. Es war eine vernünftige Politik im Hinblick auf Personal, das auf normalen Imperiumsplaneten selten länger als ein Jahr Dienst tat und sich nicht zu akklimatisieren brauchte. Aber die Bedingungen auf Darkover waren, um das mindeste zu sagen, für einen Imperiumsplaneten nicht normal.
Magdas Eltern waren Linguisten gewesen und hatten einen Großteil ihres Lebens in Caer Donn verbracht. Ihre Tochter war eher Darkovanerin als Terranerin, eine der nur drei oder vier Personen, die die Sprache wie Eingeborene beherrschten und imstande waren, in Verkleidung Sitten und Gebräuche zu erforschen. Magda hatte Darkover nur einmal verlassen, als sie drei Jahre zur Ausbildung an der Akademie des Nachrichtendienstes auf Alpha verbrachte. Es ergab sich von selbst, daß sie danach eine Stellung in der Abteilung Kommunikation annahm. Aber was für ihre Vorgesetzten nichts als eine passende Verkleidung gewesen war, in der sie auf dem Planeten ihrer Geburt als Undercover-Agentin arbeiten konnte, wurde für Magda zu ihrem eigentlichen Ich.
Und diesem darkovanischen Ich Margali muß ich jetzt treu bleiben, nicht der Terranerin Magda. Ich bin auch nicht einfach Margali, sondern Margali n’ha Ysabet, Entsagende von den Comhi-Letzii, die von den Terranern die Freien Amazonen genannt werden. Das ist es, was ich jetzt bin und was ich hinfort sein muß, men dia pre’zhiuro… Erschauernd flüsterte Magda die ersten Worte des Eides der Entsagenden vor sich hin. Es würde nicht leicht sein. Aber sie würde tun, was sie geschworen hatte. Für einen Terraner war ein unter Gewaltandrohung erzwungener Eid nicht bindend. Mich als Darkovanerin bindet der Eid nun einmal. Schon der Gedanke daran, ihn zu brechen, wäre unehrenhaft.
Magda riß ihre Gedanken von diesem Endlosband in ihrem Gehirn los. Neue Räume für den Nachrichtendienst, hatte der Mann gesagt, und eine neue Leiterin. Wahrscheinlich, dachte Magda mit resigniertem Schulterzucken, eine Frau, die über ihre Aufgabe beträchtlich weniger wußte als sie selbst. Magda und ihr ehemaliger Mann Peter Haldane waren beide hier geboren, waren zweisprachig aufgewachsen, kannten und akzeptierten die darkovanischen Sitten als ihre eigenen. Doch das war nicht die Art, wie das Imperium an eine Sache heranging.
Das Büro des Nachrichtendienstes war hoch über dem Raumhafen in einem Wolkenkratzer untergebracht worden, der noch vor
Neuigkeit glänzte. In dem erdnormalen Licht, zu hell für Magdas Augen, sah sie eine Frau stehen, eine Frau, die sie kannte oder doch einmal sehr gut gekannt hatte.
Cholayna Ares war größer als Magda und braunhäutig. Sie hatte
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