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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
Autoren: N. Singh
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Schlangengift der Jüngste, und gemeinsam dienten die drei Vampire und vier Engel ihm schon seit vielen Jahrhunderten treu– was nicht bedeutete, dass sie keine Persönlichkeiten hatten. Nein, jeder Einzelne von ihnen hatte sich schon das eine oder andere Mal mit ihm angelegt, sich seinen Entscheidungen auf Leben und Tod widersetzt.
    Mehr als einmal hatte Charisemnon ihn schon vor Dmitri gewarnt. »Dieser Vampir hält sich für etwas Besseres«, hatte der Erzengel gesagt. »Wenn du nicht aufpasst, beansprucht er den Turm eines Tages für sich selbst.«
    Und dennoch hatte Dmitri in den letzten drei Monaten, in denen er im heilenden Koma gelegen hatte, alle Herausforderer abgewehrt. Im ersten Monat war er so weggetreten gewesen, dass er sich in einem Stadium jenseits von Anshara befunden hatte. Hätte Dmitri, oder einer der sechs anderen, das Ende seines unsterblichen Lebens gewollt, hätten sie sich bloß mit einem der anderen Erzengel auf einen Handel einlassen und seinen Genesungsort verraten müssen. Stattdessen hatten sie ihn beschützt, mehr sogar, sie hatten sein Herz beschützt.
    Mit offenem Mund starrten ihm die spielenden Kinder im New Jersey Park hinterher, als er über sie hinwegflog. Ihre ehrfurchtsvollen Blicke verwandelten sich in Freudengeschrei, als er neben den Spielgeräten im Gras landete. Raphael beobachtete, wie die Mütter und auch ein paar Väter versuchten, die Begeisterung ihrer Kinder zu dämpfen, aus Angst, einen Erzengel zu verärgern. Furcht stand in ihren Augen geschrieben, und das würde sich auch nie ändern. Um zu herrschen, durfte er keine Schwäche zeigen.
    Kleine Hände betasteten seine Flügel. Vor ihm stand ein winziges Kind mit schwarzen Löckchen und einer Haut, die von der Sonne und Wärme ferner Länder kündete. Als er sich hinunterbeugte, um es auf den Arm zu nehmen, vernahm er den hysterischen Schrei einer Frau. Aber das Kind sah ihn mit unschuldigen Augen an und sagte: »Engel.«
    »Ja.« Die menschliche Wärme des kleinen Jungen tröstete ihn. »Wo ist denn deine Mutter?«
    Der Junge zeigte auf eine entsetzt aussehende junge Frau. Raphael ging auf sie zu und übergab ihr das Kind. »Ihr Sohn hat Mut. Er wird einmal ein starker Mann werden.«
    Jetzt glühte die Frau vor Stolz, und alle Angst war vergessen.
    Während Raphael durch die Kinderschar wanderte, trauten sich noch einige andere, seine Flügel zu streicheln. Und als ihre kleinen Hände danach voller Engelsstaub waren, lachten sie voll unschuldiger Freude. Sara zog die Brauen hoch, als er auf sie zukam. »Unterwegs auf Angebertour, Erzengel?« Mit den Händen umklammerte sie den Griff des Kinderwagens, in dem ein kleines Mädchen selig schlief, das noch nichts wusste von Bestien und Blut.
    »Uram hat sich nie unter Menschen begeben«, sagte er statt einer Antwort.
    Sie schob ihren Wagen einen schmalen Weg entlang, der mit den ersten zarten Schneeflocken überzuckert war– der Winter hatte Einzug gehalten. Niemand hielt sie auf, nur vier unerschrockene Kinder folgten ihnen in gebührendem Abstand– bis ihre Eltern sie zurückriefen. Im Kinderwagen hob Saras Kind die Fäuste in die Höhe, um Traumkämpfe auszutragen. Wie passend, dachte er. Immerhin trug Zoe Elena den Namen einer Kriegerin.
    »Hat Dmitri gelogen?«, fragte sie nach ein paar Minuten des Schweigens. »Ist Ellie tot?«
    »Nein«, sagte er, »Elena ist am Leben.«
    Unter dem dunklen Honigton ihrer weichen Haut traten die Fingerknöchel weiß hervor, als sie den Griff des Kinderwagens fester packte. »Die Verwandlung zum Vampir dauert nicht so lange. Nach der ersten Phase sind die meisten Vampire auf den Beinen und funktionieren– zumindest laufen sie umher–, das dauert allerhöchstens ein paar Monate.«
    Raphael wählte seine Worte mit Bedacht. »Die meisten Vampire haben aber auch kein gebrochenes Rückgrat.«
    Mit einer fahrigen Bewegung nicke Sara zustimmend. »Ja, Sie haben ja recht. Ich… ich vermisse sie eben so, verdammt noch mal!«
    Von den aufgebrachten Worten ihrer Mutter wurde die kleine Zoe wach, und erbost legte sie die Stirn in Falten.
    »Schlaf, Kleines«, murmelte Raphael begütigend, »schlaf ein.«
    Das Kind schloss lächelnd die Augen, die Wimpern lagen in Halbmonden auf den runden Bäckchen.
    »Wie haben Sie das gemacht?«, fragte Sara und warf ihm einen misstrauischen Blick zu.
    Kopfschüttelnd sagte Raphael: »Ich habe gar nichts gemacht. Kinder haben schon immer Gefallen an meiner Stimme gefunden.« Einst, zu Beginn seines
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