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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
Autoren: N. Singh
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Nur mit Mühe konnte sich Raphael beherrschen. Dass Lijuan diese Möglichkeit auch nur in Betracht zog, war ein sehr schlechtes Zeichen. »Hätten wir ihm ein Jahr Zeit gelassen, hätte er Tausende auf dem Gewissen gehabt, und jedes Mal wäre er maßloser geworden. Das macht einen Blutengel aus, die Unfähigkeit aufzuhören, unkontrollierter Hunger nach Blut und Macht.«
    »Den letzten habe ich getötet, erinnerst du dich noch? Den, den die Menschen den Vater der Vampire nennen.« In Erinnerung daran musste sie lachen. »Er war hochintelligent und ist mir jahrelang entschlüpft, hat sogar über ein Gebiet geherrscht.«
    »Ja, und das war damals vollkommen ausgeblutet«, erinnerte Raphael sie. »Er hatte seine Instinkte überhaupt nicht im Griff– war nur noch auf seine Gelüste fixiert. Nennst du das etwa Macht?«
    Lijuan warf ihm einen unergründlichen Blick zu, in ihren Augen las er Dinge, die er nicht kannte und auch niemals kennenlernen wollte. »Du bist klug, Raphael. Sei ganz unbesorgt, ich werde mich nicht verwandeln. Du weißt genau, dass mich das nicht reizen kann.«
    Er entschuldigte sich nicht bei ihr. »Unwissenheit lässt sich nur mit Dummheit entschuldigen.«
    Wieder kicherte Lijuan. »Jetzt bist du den anderen gegenüber aber gemein.«
    Er dachte über ihre Worte nach. Wenn die anderen tatsächlich nichts von Lijuans Experimenten ahnten, dann würden sie früher oder später eine sehr unangenehme Überraschung erleben. »Ich glaube, sie sind zu einer Einigung gekommen.«
    Die anderen hatten Urams Territorium einvernehmlich untereinander aufgeteilt, die Grenzen ihrer eigenen Gebiete verschoben und somit ihre Besitzgier befriedigt. Raphael ließ sie gewähren. Schließlich war sein Machtbereich nicht nur der flächenmäßig größte, sondern, viel entscheidender noch, einer der produktivsten und lukrativsten überhaupt. Um Land zu feilschen, das Uram bereits in Grund und Boden gewirtschaftet hatte, wäre dumm gewesen. Und Dummheit mochte er nicht.
    Nein, ihn zog das Kämpferische mehr an.
    Als die Versammlung vorbei war, lächelte Michaela ihm wieder zu, trödelte noch mit Elias herum. »Ist doch zu schade, nicht wahr, Raphael«, sagte sie, als nur noch sie drei in dem Raum anwesend waren, »dass deine Jägerin gestorben ist?«
    Wortlos betrachtete er sie.
    Ihr Lächeln wurde tiefer. »Na ja, schließlich hatte sie ja auch ausgedient.« Mit einer Handbewegung, als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen, tat sie Elenas Leben ab. »Ich war ziemlich enttäuscht, dass ich sie nicht mehr jagen konnte, aber so ist es auch gut– jetzt, da ich Teile von Urams Land noch mitregieren muss, werde ich sehr beschäftigt sein.«
    Elias sah Raphael an. »Du hast die Jägerin gemocht?«
    Michaela antwortete an seiner Stelle. »Oh, er hat eifersüchtig über sie gewacht. Hat mir sogar verboten, ihr etwas anzutun.« Mit einem durchtriebenen Lächeln sagte sie: »Aber jetzt, da sie tot ist, musst du mir den Hof machen. Vielleicht sage ich Ja.«
    Überrascht zog Raphael die Augenbrauen hoch. »Du bist nicht der einzige weibliche Engel.«
    »Nein, aber der schönste.« Und während sie aus dem Zimmer schwebte, warf sie ihm noch ein Lächeln zu, das gespickt war mit tausend Scherben.
    Elias starrte ihr hinterher. »Ich bin froh, dass dieser Kelch an mir vorübergegangen ist.«
    »Du überraschst mich«, sagte Raphael. »Ich dachte, ich wäre der Einzige.«
    »Als Michaela mich entdeckte, war ich schon seit einem Jahrhundert mit Hannah zusammen.« Achselzuckend fuhr er fort: »Wie die Menschen zu sagen pflegen, bin ich nicht ihr Typ.«
    »Jeder ist ihr Typ oder auch keiner.« Die einzige Person, die Michaela am Herzen lag, war sie selbst. »Meinst du, sie hat jemals versucht, Lijuan zu verführen?«
    Elias erstickte fast vor Lachen. »Pass bloß auf, mein Freund. Ich bekomme sonst noch einen Herzinfarkt.«
    Doch Raphael blieb ernst. »Was versuchst du mir eigentlich zu sagen, Eli?«
    Das Lachen des anderen verebbte. »Lijuan. Sie lässt Tote wiederauferstehen.«
    »Bislang können wir noch nicht sagen, ob die Folgen gut oder schlecht sind.« Wenngleich Raphael sehr wohl eine eigene Meinung dazu hatte. »Sie ist die Älteste von uns, und wir haben keine Möglichkeit, sie mit anderen zu vergleichen.«
    »Wohl wahr. Aber, Raphael« , mit einem tiefen Seufzer hielt Elias inne, »du hast lange genug gelebt, um zu wissen, dass die Kräfte, die wir entwickeln, Spiegel unserer Seele sind. Dass es bei Lijuan ausgerechnet die
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