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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen
Autoren: Heike Schroll
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sobald sich für ihn eine Gelegenheit dazu bietet.«
»Ha, da werde ich wohl noch ein paar Jahre warten können«, war Botho Ahlsens von einem baldigen Wiedersehen mit dem Jugendfreund seines Bruders wenig überzeugt, klang dann aber mit einem Mal betrübt. »Der Eduard ist ja kein schlechter Kerl ... Vielleicht besuche ich ihn irgendwann, wenn das geht.«
Judith Brunner wusste nicht so recht, was sie vor Abschluss der Ermittlungen zu dem Fall schon sagen durfte. »Ein paar Details müssen wir natürlich noch klären, doch ich denke, es wird bald zu einem Prozess gegen die Singers kommen. Zumindest Hella Singer wird, wenn überhaupt, nicht lange im Gefängnis bleiben müssen ... Trotzdem finde ich, kann das Schicksal manchmal sehr ungerecht sein.« Mit diesen Worten deutete sie vage an, dass sie auch für Eduard Singer auf ein mildes Urteil hoffte.
Einen Moment schwiegen beide, dann wechselte Botho Ahlsens überraschend das Thema und sagte in aufgeräumter Stimmung: »Nun, das Beste wird sein, Sie machen mal eine kleine Pause von der Arbeit. Lenken Sie sich etwas ab. Ich möchte Sie gern zu einem kleinen Gartenfest einladen, nur in Familie, ganz ungezwungen, gleich heute Abend. Es gibt einen guten Grund zum Feiern, glauben Sie mir! Sie müssen unbedingt kommen. Ich bitte Sie herzlichst!«
»Oh! Vielen Dank! Ich komme gern«, sagte Judith Brunner sofort zu, sich selbst etwas über ihren raschen Entschluss wundernd. Doch sie ahnte den Grund für das Fest und war sehr gerührt. Auch freute sie der Gedanke hinter der Einladung: Sie fühlte sich immer noch als die Neue im Dorf und wurde nun in den engsten Familienkreis der Ahlsens einbezogen.
Die folgenden Telefonate mit der Staatsanwaltschaft, mit dem Ärztlichen Direktor vom Gardelegener Kreiskrankenhaus, Dr. Frederich, und mit der Bezirksbehörde der Polizei in Magdeburg dauerten dann dennoch etwas länger, sodass Judith mit Verspätung zum Gartenfest kam.

Sie hatte vor Lauras Haus geparkt, sich rasch ein wenig frisch gemacht und umgezogen. Dann war sie das kurze Stück Weg zum Gutshaus spaziert.
Eingangs der alten Allee hielt sie am Tor inne, lehnte sich an den steinernen Pfosten und staunte, so überrascht war sie von der Szenerie, die sich ihr bot: Vor dem Wintergarten, auf der mit Gänseblümchen übersäten Wiese, war aus mehreren Gartentischen eine kleine Tafel gebildet worden. Klappstühle und Holzbänke boten Sitzplätze und ein leuchtend gelbes Tischtuch sowie passende, in Gelbtönen gestreifte Sitzkissen verbanden alles zu einem fast schon sommerlich anmutenden Ensemble.
Leon und Walter knüpften gerade eine bunte Wimpelkette zwischen zwei verwitterten Nymphenstatuen fest, indem sie jeder Dame ein Ende des Bandes in die Hand gaben.
Fritzi beäugte erwartungsfroh die bunten Papierlampions, die in einer für ihn unerreichbaren Höhe in den Ästen einer jungen Kastanie hingen.
Seine Schwester Dany versuchte, mit der kleinen Ella Federball zu spielen, was mit einem Krabbelkind nicht leicht war. Sie brachte aber offenbar die nötige Geduld dafür auf. Ella warf Federbälle mit quietschender Wonne vor sich in die Luft und Dany beförderte sie mit dem Schläger weit in den Abendhimmel.
An der Festtafel reichte Astrid gerade Elvira Bauer, die das Spiel der Mädchen gelassen verfolgte, ein Glas.
Laura zündete bereits die bunten Windlichter an.
Leon schnappte sich Fritzi und hob ihn zu einem der Lampions hoch. Mit einem langen Kienspan durfte der Knirps die Kerze darin entzünden.
Botho Ahlsens, der an der linken Stirnseite der Gartentafel saß, prostete Walter, der sich entspannt auf einem Stuhl an der anderen Stirnseite niedergelassen hatte, laut lachend zu. Beide Männer schienen glücklich zu sein.
Dann wurde Judith entdeckt.
Botho Ahlsens stand auf, winkte ihr zu und kam ihr mit offenen Armen entgegen. »Frau Brunner, herzlich willkommen. Schön, dass Sie es einrichten konnten. Bitte, setzen Sie sich. Was darf ich Ihnen anbieten? Astrid hat eine prickelnde Früchtebowle angesetzt, wir haben aber auch Bier, oder doch lieber Rotwein …?«
Alles an diesem Ort war gut und fühlte sich auch so an.

    ~ ~ ~
     
    Wilhelmina war allein im Haus, ein Zustand, den sie mit den Jahren sogar genoss. Sie erinnerte sich, wohlversorgt und mit geschlossenen Augen in ihren Lieblingssessel geschmiegt, an das Tun ihrer Mitbewohner in den letzten Tagen. Ein wenig vernachlässigt hatte sie sich schon gefühlt. Nun schnurrte sie aber leise vor sich hin, voll darauf vertrauend, dass das
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