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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen
Autoren: Heike Schroll
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Bestellung hin zuverlässig ein paar belegte Brötchen besorgt –, bereitete sie gründlich die Verhöre nach, machte sich Notizen zu den verbliebenen Arbeiten und rief dann Dr. Renz an, um ihn über den baldigen Abschluss der Ermittlungen zu informieren. »Tja, wer hätte das geglaubt?«, sagte sie zu ihm. »Nun haben wir schneller als gedacht den Fall lösen können!«
»Hatten Sie je daran gezweifelt?«, fragte Renz nach.
»Oh doch! Der Singer hat lange geschickt agiert, bis ihn sein Glück verließ: Um sich zu rächen, hatte er sich seit Jahren vorgenommen, die beiden Vergewaltiger zu töten. Bei seiner Entschlusskraft hatten die Verbrecher kaum eine Chance, ihrem Schicksal zu entgehen. Dann aber tauchte der Schläger Wuttke auf und Singer wurde klar, dass er nicht sämtliche Bandenmitglieder umbringen konnte. Also musste er selbst verschwinden. Und wie perfekt er einen Identitätswechsel organisieren kann, sehen wir an Jenny Holl alias Hella Singer. Mit Wuttke wurde ihm sogar was Passendes frei Haus geliefert. Doch dann ging sein gerade erst entwickelter Plan, den vergifteten Wuttke gegen einen natürlich Verstorbenen auszutauschen, schief. Und wieder hat er aus der Not eine Tugend gemacht, indem er unsere ganze Aufmerksamkeit auf Holl lenkte. Ich bin mir ziemlich sicher, er wäre damit durchgekommen, wenn Walter Dreyer nicht zufällig das Versteck im Wald ausfindig gemacht hätte.«
»Na, verehrte Frau Kollegin, da stellen Sie Ihr Licht aber wieder einmal unter den Scheffel. Ich denke, Sie hätten ihn trotzdem erwischt, denn so etwas wie den perfekten Mord gibt es nicht!«
»Sicherlich haben Sie damit recht, aber wenn es den Singers erst einmal gelungen wäre unterzutauchen, hätten wir kaum noch damit rechnen können, sie jemals wieder zu Gesicht zu bekommen, denn sie sind nach meinem Eindruck intelligent und zielstrebig – eine Kombination, mit der man fast alles erreichen kann«, war Judith Brunner überzeugt.
Dr. Renz ließ sich nicht beeindrucken. Für ihn zählten Ergebnisse und zu denen beglückwünschte er die Leiterin der Ermittlergruppe nochmals ausdrücklich.
Als Judith Brunner auflegte, begann sie sich nüchtern zu fragen, ob sie in diesem Fall die Lorbeeren in der Tat verdient hatte. Aber was sollten diese Überlegungen jetzt noch bringen? Dr. Renz irrte in seinen Einschätzungen recht selten, und Walter hatte ihr nicht zum ersten Mal entscheidend geholfen. Sie hatte mit ihm nicht nur einen in jeder Hinsicht begehrenswerten Mann an ihrer Seite, sondern auch, wie sie immer wieder feststellen konnte, einen zuverlässigen Polizisten, der ganz bestimmt einen ausgezeichneten Ermittler abgeben würde.
Genug sinniert! Die Arbeit war noch nicht beendet. Sie griff erneut zum Telefon und hoffte, Botho Ahlsens zu erreichen. Schon nach dem dritten Klingeln war er dran. Sie berichtete ihm vom Stand der Dinge und von den Gründen, die Eduard Singer bewogen hatten, ihn als den Finder der Hände auszuwählen.
»Mein Gott! Ging das nicht alles etwas einfacher?« Ahlsens wiederholte damit fast wörtlich eine Bemerkung, die Dr. Renz kurz zuvor am Telefon gemacht hatte. Dann wunderte er sich erneut: »Warum habe ich ihn während meines Spazierganges zum Ferchel bloß nicht bemerkt? Er muss doch kurz vor mir dort gewesen sein!«
»Stimmt. Singer berichtete, er sei mit dem Fahrrad unterwegs gewesen und hätte aus der Ferne beobachtet, wie Sie den Gutspark zu Fuß verließen und den Wanderweg zum Ferchel einschlugen. Ursprünglich hatte er nämlich vor, die Hände auf Ihrem Hof zu platzieren. Als er dann das Ziel Ihrer Wanderung erkannte, ist er mit dem Rad einfach unten die Parallelstraße lang gefahren, hat sein Fahrrad hinter die Büsche geschmissen, ist durch den Wald gerannt und hat dann die Hände auf dem Baumstamm abgelegt. Er sah Sie kommen und musste sich rasch verstecken. Bei dem Krach, den der ankommende Trecker dann machte, hat er sich wieder durch den Wald zur Straße hin verzogen, da konnten Sie ihn nicht sehen, geschweige denn hören. Er nahm sein Fahrrad und fuhr über die Feldwege einfach wieder in sein provisorisches Zuhause.«
»Ich wusste doch, dass mich jemand beobachtet hat!«, stellte Ahlsens mit Genugtuung fest und es klang, als freue er sich.
»Herr Ahlsens«, begann Judith Brunner vorsichtig, »Eduard Singer bat mich außerdem, Ihnen etwas auszurichten.«
»Tatsächlich? Was denn?«
»Nun, er bedauert, dass er Sie in die Geschichte reingezogen hat. Er möchte sich bei Ihnen entschuldigen,
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