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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur
Autoren: Daniel Holbe
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Möbs seine Wortwahl.
    »Und er hat geschossen?«
    »Das zumindest hat er ohne großen Widerstand zugegeben. Eine Beteiligung an der anderen Tat streitet er vehement ab.«
    »Aber er war anwesend?«, hakte Sabine nach.
    »Sie wissen doch, wie das läuft, mitgegangen, mitgefangen …«, seufzte Möbs. »Er hat zweifelsohne mitbekommen, was sich abgespielt hat, und später dann kalte Füße gekriegt. Mit einem Mord will er nichts zu tun haben, das hat er immer wieder beteuert. Also ist auch schon sein Anwalt aufgekreuzt. Der Kleine kommt nämlich aus gutem Hause, da weiß man offenbar, wie der Hase läuft.«
    »Ich höre da ein
Aber
in Ihrer Stimme?«
    »Nun ja, die Familie des Jungen ist hier bei uns ziemlich angesehen. Klar, dass sie seine Weste rein halten wollen«, mutmaßte Möbs und räusperte sich. »Der Bengel lieferte daraufhin bereitwillig zwei Namen, beides Typen, die bereits vorbestraft sind. Er wird gegen sie aussagen und kommt selbst ungeschoren aus der Sache. So weit der Deal.«
    Sabine überlegte kurz. Der Handel wirkte übereilt, denn in dem Fahrzeug würden sich unter Garantie Fingerabdrücke finden, die zu denselben beiden Personen führten. Andererseits konnte die Spurensicherung Tage damit verbringen, aus einem Auto Spuren zu extrahieren, und weder Haare noch Hautpartikel oder Fingerabdrücke ließen sich im Nachhinein in ein enges Zeitfenster ordnen. Womöglich war der Bengel ihre einzige Chance, den Fall aufzulösen, bevor es zu weiteren Überfällen kam. Aber es schmeckte ihr nicht. »Da steckt doch noch mehr dahinter, oder?«, erkundigte sie sich missmutig.
    »Es gab noch weitere Hauseinbrüche, die in das Schema passen könnten«, rechtfertigte sich Möbs. »Allerdings kam bislang niemand zu Schaden. Irgendwo in dieser Stadt könnte es also einen recht ansehnlichen Berg Diebesgut geben.«
    »Quatsch, das haben die doch längst flüssiggemacht.«
    »Ihr Job, das herauszufinden«, gab Möbs zurück. Er diktierte der Kommissarin zwei Namen und die zugehörige Anschrift, eine Adresse im Nordosten der Stadt.
    »Im Rosengarten«, wiederholte Sabine gedankenverloren. Sie war in Bad Vilbel aufgewachsen und kannte sich aus. Was nach einem beschaulichen Blumenviertel klang, war in Wahrheit der Standort einiger heruntergekommener Hochhäuser, in denen sich größtenteils Sozialwohnungen befanden.
    Und um die Ecke eine Moschee.
    »Sagten Sie nicht, dass dieser Junge aus gutem Hause stammt?«
    »
Er
schon,
die
wohl eher nicht«, entgegnete Möbs scharf.
    »Haben diverse Zeugen nicht zu Protokoll gegeben, dass es sich um südländische Typen gehandelt haben soll?«
    »Nicht ausschließlich«, verneinte Sabines Boss. »Die Aussagen widersprechen sich, sobald sie ins Detail gehen.«
    »Stimmt«, erinnerte sie sich. Es war nicht weiter verwunderlich. Man brauchte nur lange genug bei den richtigen Personen nachzuhaken, und bereitwillig wurde die nächstbeste Minderheit angeprangert. Die Nähe des Rosengartens zur Moschee in der Büdinger Straße war offensichtlich nur Zufall.
    »Sie fahren aber nicht allein dorthin!« Möbs’ mahnende Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass dies nicht nur ein gutgemeinter Ratschlag war. »Diese Typen haben ein ellenlanges Register und nichts zu verlieren.«
    »Darf ich mich in unserem Personalpool also nach Belieben bedienen?«, stichelte Sabine.
    »Nein. Sie treffen die Kollegen der Kripo Friedberg vor Ort. Wenn Sie jetzt losfahren, dürften Sie zeitgleich eintreffen.«
    Damit war das Gespräch seitens Möbs beendet, und er hängte grußlos ein.
     
    Die feuchtkalte Witterung schien mit eisiger Hand auf die Abgase zu drücken und diese am Aufsteigen zu hindern. Die Luft schmeckte förmlich nach Kohlenmonoxid und Feinstaubpartikeln, wenngleich das wohl größtenteils Einbildung war.
    Sabine atmete schwer, als sie ihren Wagen verließ, dessen Innenraum sich auf dem kurzen Weg kaum aufgeheizt hatte. Mit Engelszungen und Stoßgebeten hatte sie die alte Karre zum Starten überredet und sich anschließend gegen den Strom aus Berufspendlern durch die Stadt gekämpft. Das Ende des in die Jahre gekommenen, metallicgrünen Ford nahte mit eiligen Schritten.
Zehn Tage Minimum.
So lange musste er noch durchhalten, bis ihr neuer Wagen geliefert wurde, ein Renault, Sabines erster Neuwagen. In das Modell hatte sie sich schon im letzten Herbst verliebt, sie seufzte kurz und betätigte die Zentralverriegelung. Jetzt war kein Platz für Schwärmereien. Sabine suchte mit zusammengekniffenen
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