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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur
Autoren: Daniel Holbe
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verschworen gehabt und ihm seine Stelle madiggemacht. Der Skandal um vergiftete Lebensmittel habe ihm die Möglichkeit gegeben, das Ansehen Reitmeyers über den Tod hinaus zu beschädigen. Die Million Euro sollte ihm ein neues Leben im europäischen Ausland ermöglichen. Über den Verbleib des Geldes verweigerte er jede Aussage.
    Sabine hielt kurz inne und dachte nach. Herzberg hatte in seinen Reimen von Milch gesprochen, entweder, um den Fokus auf den Tannenhof zu richten, oder, um von dem Ingwer abzulenken. Der Zeitdruck, unter dem er stand, erklärte, warum seine Strategie so unbeholfen und überladen zugleich wirkte. Der Schachzug allerdings, mit einem duplizierten Nummernschild zu arbeiten, das direkt auf einen entfernten Verwandten von Elsass verwies, war ein äußerst schlauer gewesen. Obgleich es ein Fakt war, der den Kommissaren in der Eile der Ereignisse überhaupt nicht aufgefallen war. Wer weiß, schloss Sabine, als sie weitertippte, vielleicht wäre dann einiges anders gelaufen.
    Gunnar Volz befand sich ebenfalls in Untersuchungshaft. Claudia Reitmeyer hatte sich von seiner Präsenz auf dem Weidenhof bedroht gefühlt und drängte darauf, dass er woanders wohnen solle. Obwohl es bis dato keine ausreichenden Verdachtsmomente für eine Verhaftung gegeben hatte, wurde er gegenüber den Beamten, die ihn zur Befragung geleiten sollten, handgreiflich. Er brach Mirco Weitzel die Nase, was der eitlen Persönlichkeit des jungen Mannes einen ordentlichen Dämpfer bescherte. Parallel dazu bereitete die Staatsanwaltschaft eine Anklage wegen verschiedener Betrugsdelikte vor, an denen er als Mittäter und Mitwisser beteiligt war. Die Unterlagen Dr. Brünings erwiesen sich dabei als äußerst hilfreich. Es störte dabei niemanden, dass sie ursprünglich von Elsass zusammengetragen worden waren, um sich selbst aus den Fängen der Hydra zu kämpfen.
    Sabine überlegte, ob sie Frederik Reitmeyer ebenfalls einen Absatz widmen sollte, doch ihr fiel nichts dazu ein. Zugegeben, es war ein seltsames Gefühl, im hochtechnisierten einundzwanzigsten Jahrhundert eine Person auf keinem Kommunikationsweg erreichen zu können. Natürlich erlaubt dieselbe globale Technisierung, dass man, wenn man es darauf anlegt, unter dem Radar zu praktisch jedem beliebigen Ort reisen konnte, und zwar binnen weniger Stunden. Doch Frederik Reitmeyer hatte Borneo nie verlassen. Gestern, in einer kurz währenden Verbindung, deren Qualität erstaunlich gut gewesen war, hatte die Kommissarin ihn über die Ereignisse der vergangenen Tage informiert. Der Tod seines Vaters schien ihm zwar nahezugehen, doch eine rechtzeitige Abreise, um der Beerdigung beizuwohnen, war unmöglich. Und auch nicht in seinem Interesse. Die Verhaftung Herzbergs sowie den Verlust des Geldes nahm er unerwartet gleichgültig zur Kenntnis.
    Er spielte einfach keine Rolle,
dachte Sabine grimmig und vermerkte diesen Sachverhalt in zwei kurzen Sätzen, schon allein deshalb, damit Schulte es noch einmal nachlesen konnte.
    »Na, immer noch zugange?«
    Sie fuhr zusammen.
Angersbach.
    »Was machen Sie denn noch hier?«, erkundigte sie sich stirnrunzelnd. Die Arbeitsteilung war folgendermaßen abgesprochen:
Er
die handschriftlichen Notizen,
sie
den Bericht. Am Ende würde er ihn gegenlesen. »Ich bin noch nicht ganz fertig«, ergänzte sie daher, doch Angersbach schien sich nicht dafür zu interessieren.
    »Machen Sie mal lieber Feierabend, wir arbeiten seit über einer Woche nonstop«, forderte er, und Sabine lehnte sich erwartungsvoll in ihrem Bürostuhl zurück.
    »Haben Sie etwas Bestimmtes im Sinn, oder warum sorgen Sie sich plötzlich um mich?«, schmunzelte sie.
    »Na ja«, druckste Angersbach, »Sie haben seit der Sache mit Janine etwas gut bei mir. Wir könnten den Bericht doch auch irgendwo beim Essen durchgehen, oder?«
    »Wo sollte ich mit
Ihnen
denn hingehen?«, frotzelte die Kommissarin. »Rippchen, Kraut und Ebbelwoi stehen ja wohl nicht zur Debatte.«
    Angersbach gab sich unbeeindruckt, als er erwiderte: »Mir wurde gesagt, es gäbe eine Menge vegetarischer Restaurants in Frankfurt. Und Apfelwein gibt es dort sicherlich auch.«
    »Na dann«, seufzte Sabine und klickte rasch auf »Drucken«. Der alte Hewlett Packard setzte sich knackend in Bewegung, um die aktuelle Version des Berichts auszuspucken. »Und Sie haben sicherlich schon eine Auswahl getroffen, wie?«
    »Na klar«, grinste Angersbach augenzwinkernd. »Und lassen Sie den Papierkram um Himmels willen bis morgen
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